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Rezension zu
Miss you

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Interessante Erzählperspektive, inhaltlich leider zu klischeehaft

Von: Eva
09.11.2016

In einigen Werken wechselt die Erzählperspektive zuweilen, etwa um einen besseren Einblick in das Leben verschiedener Personen zu gewähren. Ein besonderes Beispiel hierfür ist mir kürzlich in Form eines Liebesromans in die Hände gefallen. Ja, richtig gelesen: L-I-E-B-E-S-R-O-M-A-N. Das ist der Teil in der Belletristikabteilung, der mich in der Regel nicht anspricht, wäre da eben nicht diese interessante Erzählperspektive gewesen. In „Miss You“ von Kate Eberlen wechseln sich zwei Ich-Erzähler, Tess (eigentlich Teresa) und Gus (eigentlich Angus), ab. Bis dahin dachte ich, dass diese Erzählform, die gerade sehr en vogue zu sein scheint, ausschließlich etwas für Krimis und Thriller à la Dan Brown ist. Ganz daneben lag ich mit meiner Annahme übrigens nicht. „Miss You“ ist tatsächlich eine Art „Krimi“. Am Anfang steht jedoch kein Mord, sondern eine ähnlich „fatale“ Begegnung. Tess ist mit ihrer Freundin Doll auf Interrailreise in Italien. Gus ist mit seinen Eltern in Florenz. Nur wenige Augenblicke verläuft ihre Geschichte parallel. (Nein, kein Mörder in der Dusche.) Sie stehen in der Schlange einer Eisdiele in Florenz. Da steht Gus und da ist Tess, die ein paar bescheidende Worte miteinander wechseln. Doch wie das manchmal im Leben so ist, tauschen die beiden keine Telefonnummern aus und verlieren sich wieder aus den Augen. Das Ganze einen „Urlaubsflirt“ zu nennen, wäre wohl schon zu hoch gegriffen. Gewicht erhält die Beziehung zwischen beiden, die eigentlich (noch) keine ist, durch zufällig eingewobenen Begegnungen. Denn Tess und Gus leben beide in England. Ohne es zu wissen, ziehen sie auch nach dem Urlaub Bahnen, die offenbar zusammenlaufen sollen. Doch irgendwie verpassen sie sich immer. Und irgendwie fehlt beiden immer etwas zum Glücklichsein (daher der doppeldeutige Titel – „miss“ für „verpassen“, aber auch „vermissen“ und „fehlen“). Selbst wer keine Liebesromane mag, kann anhand von „Miss You“ studieren, wie man ein Buch clever und spannend aufbauen kann. In Manierismus, also in übertriebene Künstelei, sollte man dabei dennoch nicht verfallen, was Kate Eberlen durchaus gelingt. Inhaltlich hat mich das Buch jedoch wenig überzeugt. Trotz der spannenden und modernen Erzähltechnik kann Kate Eberlen nicht über ihren klassischen Entwicklungsroman hinwegtäuschen. Das Buch spannt den zeitlichen Erzählrahmen von 1997 bis 2013. Typische Eckdaten und Phänomene dieser Epoche mussten also auch ins Buch: von 9/11, über Tinder, bis hin zu jeder Menge Selfies wird’s dann irgendwie klischeehaft. Nett ausgedrückt, sagt man wohl „Zeitdokument“ oder „Zeitgeist“ dazu. Ich empfand die oberflächlichen Politbezüge eher als störend. Das Leben in Zeiten von Social-Media betrübt mich eher, vor allem wenn die Gadgets so bestimmend werden, wie in diesem Buch zum Ende hin. Medizin nimmt interessanterweise einen großen Stellenwert in „Miss You“ ein: Beide Charaktere haben eine nahestehende Person verloren. Doch jemand, der sich ein bisschen informiert hätte, wüsste, dass eine Mammografie (Tess‘ Mutter ist an Brustkrebs gestorben) nicht einfach so bedenkenlos als Vorsorgemaßnahme propagiert werden sollte. Schließlich kann das wiederholte Scannen der Brust selbst Brustkrebs verursachen. Aber wer hätte auch großartigen Tiefgang bei einem Liebesroman erwartet?

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