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Rezension zu
Gestorben wird immer

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Gestorben wird immer

Von: Inas Bücherkiste
24.12.2016

Agnes Weisgut ist 91 Jahre alt und eine starke, aber auch harte und gefühlskalte Frau. So erleben sie zumindest ihre Söhne, die als selbstständige Steinmetze in Hamburg in ihrer Nähe leben, und ihre Enkelkinder Birte, Peter und Bosse. Aber auch hier gilt die Redewendung: Nichts ist so, wie es scheint. Alexandra Fröhlich schildert in ihrem Roman Gestorben wird immer das Schicksal einer Frau, die unendliches Leid erlitten, aber auch Schuld auf sich geladen hat. Wer kann das aushalten? Wenn man nach einem Beispiel für eine Familienmatriarchin sucht, ist Agnes erste Wahl. Sie führt ein straffes Regiment, weiß über alle Bescheid und greift durch, sobald sie sieht, dass die Dinge aus dem Ruder laufen. Wer bei ihr Warmherzigkeit und Güte sucht, sucht vergeblich. Wenn sie mit ihren "Lieben" spricht, dann ein Machtwort. Im Gegenzug wird sie von ihren Kindern und Enkeln respektiert, vielleicht auch geachtet, aber nicht unbedingt geliebt. Sie wissen, dass die Großmutter aus Königsberg stammt, ihr Mann Wilhelm als Soldat in Russland vermisst wurde und die junge Mutter mit ihren vier Kindern aus Ostpreußen im Februar 1945 Richtung Westen geflohen ist. Den Steinmetzbetrieb ihres Mannes musste sie zurücklassen und in Hamburg, wohin es sie zufällig verschlagen hatte, neu anfangen. Das hat sie mit sehr gutem Erfolg geschafft, was nicht zuletzt ihrer Intelligenz und Beharrlichkeit zu verdanken ist. Doch es gibt eine ganze Menge, was die meisten in Agnes' Familie nicht wissen: warum ihre Tochter Martha von einem Tag auf den anderen ein bisschen verrückt wurde und vor 30 Jahren unangekündigt ihre Familie verließ oder wohin ihr Mann Wilhelm, ein kriegsbegeisterter Nazi, so plötzlich verschwunden ist. Was allen gemeinsam ist, ist ein für sie unerklärliches Gefühl von Unvollkommenheit, mit dem jeder anders umgeht: Marthas extrem ehrgeizige Tochter Birte ist kaum bindungsfähig und koppelt jede Emotion zwanghaft mit Fress-Brech-Attacken, während ihr Zwillingsbruder Peter dick und träge ist und sich in seinem aus Birtes Sicht glanzlosem Leben mit seiner unscheinbaren Frau und den zwei Kindern eingerichtet hat. Bosse, ein weiterer von Agnes' Enkeln, steht Birte näher als deren eigener Bruder, obwohl er kaum gegensätzlicher als sie sein könnte: Er entspricht eher dem Typ "liebenswerter Chaot" und studiert Fächer, die kaum Aussicht auf eine spätere regelmäßige Berufstätigkeit bieten. Aber er ist offen und empathisch und blickt hinter die oft unterkühlt wirkende Fassade seiner Cousine. Die Kenntnis um die Familiengeschichte ist der Schlüssel zu Verständnis und Vergebung Agnes Weisgut will in ihrem hohen Alter endlich reinen Tisch machen. Deshalb fordert sie Birte auf, die ganze Familie zu einem Treffen nach Hamburg zu holen. Das ist gar nicht so einfach: Zwei von Agnes' Söhnen sind derart zerstritten, dass sie seit Jahren kein Wort mehr miteinander gewechselt haben. Auch Martha, die seit Jahren verschwundene und als verrückt geltende Tochter, soll kommen und sich anhören, was die Mutter ihnen zu sagen hat. Martha lebt nach einer Odyssee durch verschiedene europäische Länder nun im litauischen Nida, 1.000 Kilometer von Hamburg entfernt. Widerwillig sagt Birte ihrer Großmutter zu, alle zum Kommen zu bewegen und bittet Bosse, sie zu unterstützen. Was beide nicht ahnen: Es wird nicht nur über das Leben ihrer Großmutter, sondern auch über ein lange gehütetes Geheimnis, in dem es um den Tod von Bosses Schwester Astrid geht, gesprochen werden. Gestorben wird immer erzählt die Geschichte einer Frau, die 1935 im Alter von 18 Jahren einen Mann heiratet, den sie nicht liebt, weil ihre Eltern es für das Beste halten. Erst später erfährt sie den wahren Grund: Ihre Großmutter war eine Jüdin, und die Ehe mit dem strammen Nationalsozialisten Wilhelm Weisgut versprach einen Schutz für die ganze Familie. Agnes arrangiert sich und versucht auch dann, als ihr Mann in den Kreig zieht und sie mit ihren Kindern und der verhassten Schwiegermutter zurückbleibt, den Steinmetzbetrieb aufrecht zu erhalten. Sie hat ein Gespür für heraufziehende Gefahren und handelt stets so, wie sie es für sich und ihre Kinder für richtig hält. Alexandra Fröhlich beschreibt in ihrem Buch eine Frau, die alle Höhen und Tiefen erlebt, sich aber nie unterkriegen lässt. Ein Roman, den ich unbedingt empfehlen kann.

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