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Rezension zu
Das Zimmer

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Hamsterrad Büro: Das Zimmer

Von: Katja | Zwischen den Seiten
27.03.2017

Der Schwede Jonas Karlsson, Jahrgang 1971, zählt in seinem Geburtsland zu den bekanntesten und angesehensten Schauspielern, und gewann bereits zweimal den schwedischen Filmpreis. In seinem schriftstellerischen Dasein hat er bereits Kurzgeschichtensammlungen, Romane und ein Theaterstück veröffentlicht, doch erst sein Roman „Das Zimmer“ brachte ihm auch internationale Bekanntheit ein. Büroalltag – Arbeitswahn, Kaffeeklatsch, Zeitpläne In der modernen Arbeitswelt entwickelt sich das typische Bild eines Büroangestellten schnell zu dem der entseelten Arbeitsdrohne, ein wandelnder Terminkalender, der roboterartig seine Tätigkeit verrichtet. Effizienz vor Individualität, und alles, alles für den Job. In der Behörde – die von Karlsson nie wirklich näher definiert wird – geht alles seinen gewohnten, ja, fast schon gemütlichen Gang. Kaffeepausen, mehr oder weniger organisiertes Chaos, der typische Tratsch zwischen Kollegen betten sich in das Rahmenkonstrukt aus standardisierten Arbeitsabläufen. Büroalltag. Der Chef hat das Sagen, gibt Anweisungen, die Angestellten erfüllen die an sie gestellten Aufträge. Eine eher eintönige Kulisse für einen Roman, doch die Konformität wird je unterbrochen, als mit Björn ein neuer Mitarbeiter in der Tür steht. Er ist die Effizienz in Person, spornt sich mit einem ausgefeilten Zeitplan, in dem sogar der Gang zur Toilette eingetaktet ist, zu Höchstleistungen an, und treibt seine neuen Kollegen mit seinem pedantischen Ordnungsfimmel in den Wahnsinn. Björn ist kein Rädchen im großen Getriebe der Bürowelt. Er hat Ziele, Aufstiegswünsche, möchte hinter die Kulissen schauen, um letztendlich selbst eines Tages im Chefsessel zu sitzen. Als der Beste von allen. (K)Ein Rädchen im Getriebe der Arbeitswelt Als Ich-Erzähler fungierend lässt Björn weder seine Kollegen noch seinen Chef im besten Licht erscheinen. Doch schon bald wird dem Leser klar, dass man sich auf die Sichtweise des einsamen Helden keineswegs verlassen kann. Als unzuverlässiger Erzähler zeichnet sich Björn auf möglichst positive Weise, doch zwischen den Zeilen ist schnell klar, warum der seine alte Firma verlassen musste. Genau hier setzt Karlsson an und schafft ein wahres, kleines Kunstwerk. Wahn und Wirklichkeit beginnen aufeinander zu treffen, als Björn ein Zimmer entdeckt – klein, ohne Fenster, jedoch ordentlich und strukturiert – welches keiner seiner Kollegen sehen kann. Dort, wo sich für Björn eine Tür befindet, sehen alle anderen nur eine Wand. Perfide Psychospielchen, um den unerwünschten Workaholic loszuwerden, oder ist Björn in all seinem – sogar nächtlichen – Arbeitseifer endgültig dem Wahnsinn verfallen? Perfektionismus und Wahn in der modernen Arbeitswelt: Ein Zimmer, wo keines ist Geschickt mit dieser Ungewissheit spielend überlässt Karlsson es dem Leser, sich ein eigenes Urteil zu bilden, schürt Zweifel und Verwirrung. Ist Björn als Außenseiter und Eindringling in das bisher ganz wunderbar funktionierende Hamsterrad Büro so sehr bei seinen Kollegen verhasst? Wem soll man am Ende glauben? „Das Zimmer“ erweist sich als kunstvoll strukturierter Roman, der trotz seines eher einfach gehaltenen, aber fast schon philosophischen Schreibstils einen wahren Sog auf den Leser ausübt, ähnlich wie das mysteriöse Zimmer auf Björn. Hineingezogen in ein groteskes und fesselndes Konstrukt, in dem die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit verschwimmen, entfaltet sich ein dramaturgisches Meisterwerk inmitten der alltäglichen Arbeitswelt. Alltagsflucht? Psychoterror? Wahnvorstellungen? Mobbing? Das sollte der Leser für sich entscheiden.

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