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Rezension zu
Das Erbe der Tuchvilla

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ein tolles Bild einer tollen Zeit!

Von: Fiorella Caravagh
27.04.2017

Mir hat die Reihe rund um die Familie Melzer in der Tuchvilla schon von Anfang an sehr gut gefallen. Wir erleben den Aufstieg der jungen Marie Melzer vom Küchenmädchen zur Frau des Hauses, wie sie im zweiten Teil die Tuchvilla mit ihrem Geschäftssinn vor dem Ruin bewahrte und Paul zurück in die Tuchvilla kam. Der dritte Teil ist sehr geprägt von der Nachkriegszeit und den golden Zwanziger! Das hat mir wirklich sehr gut gefallen. Zum einen kämpfen viele immer noch mit den Auswirkungen des Krieges, die Inflation wie die Besetzung im Ruhrgebiet, schwere Trauma, auf der anderen Seite nutzen andere die neu aufblühende Wirtschaft, um sich ein neues Leben aufzubauen. Beim Lesen spürte ich deutlich, wie die Zeiten im Umbruch standen. Die Mode veränderte sich, die Frisuren der Damen wurden immer kürzer, die Kleider schlanker, ja die Frauen brachen aus, wurden mutig, rauchten, lebten allein, gewannen neuen Lebenswandel, wurden offener, freiheitsliebender und ließen sich nicht mehr so leicht etwas von einem Mann vorschreiben - und genau das wird zum Kernpunkt des Geschehens. Seit einiger Zeit kriselt es zwischen Marie und Paul. Marie führt ein eigenes Atelier und vertritt die Ansichten einer modernen Frau. Paul jedoch hält zu seiner altmodischen Mutter, die mit ihren Gedanken noch zu Zeiten des Kaisers lebt. Zudem lässt sie die fiese Intrigantin Serafina von Dobern ins Haus und damit beginnt erst aller Ärger. Ich fand es sehr gut geschrieben, wie die Gouvernante sich gerissen Stück für Stück in die Familie eingeschlichen und Alicia Melzer um den Finger gewickelt hat. Es ist schon wahr, dass Frauen eine Schlange sofort erkennen, aber die Männer da doch bisweilen ziemlich blind und begriffsstutzig sind. Mein Lieblingscharakter war Kitty. Sie ist ein blühender Wirbelwind, quatscht ohne Punkt und Komma, versprüht wo sie nur hin kommt, ihren Charme, ist witzig, lacht schallend, trinkt perlenden Sekt und genießt ganz zwanglos die zwanziger Jahre. Sie sind perfekt auf Kitty zugeschnitten. Sie fühlt sich frei, lebt von ihrer Kunst, bändelt man hier an, mal da an und lässt ihrer Tochter Henny und ihrer Nichte Dodo und ihrem Neffen Leo freien Lauf. Sie sind Kinder und dürfen das auch sein, dürfen beim Essen sprechen, ihre Hobbies ausleben, laut lachen, wild spielen, sich einsauen und Kinder sein - was in der steifen Tuchvilla nicht mehr möglich ist. Überhaupt nehmen sie Kinder einen sehr zentralen Teil ein. Ich konnte sie sehr gut verstehen und die verschiedenen Erziehungsstile der Jahrhunderte prallten auch hier wieder aufeinander. Wie immer bekamen wir aber nicht nur einen Einblick in das Leben der feinen Gesellschaft, sondern auch vom Gesinde, der Köchin Fanny Brunnenmeier und ihrem Team, die gerissene Maria Jordan, die ehrgeizige schlaue Gertie oder auch Auguste, die mir nun doch auch ganz sympathisch wurde. Die Spannung war zwar nicht aufgeladen, wie beispielsweise bei einer Dystopie und ich wusste auch, wie es ausgehen wird, dennoch konnte mich die Autorin immer wieder überraschen. Mir wurde nie langweilig, im Gegenteil ich bekam ein detailreiches Bild aus der Zeit und habe die Lesestunden wirklich sehr genossen! Der Schreibstil ist flexibel, passt sich seinen Charakteren an, mal melancholisch und langsam, mal rasant und übersprudelnd. Fazit: Das Erbe der Tuchvilla konnte mich auf ganzer Länger überzeugen! Ein tolles Portrait der Golden Zwanziger, Geschichte in Kopfbildern! 5 Sterne

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