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Rezension zu
Himbeeren mit Sahne im Ritz

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Himbeeren mit Sahne im Ritz

Von: eva
18.05.2017

Lust auf Nachtisch? Auf kleine, kurze Erzählungen mit Witz und Ironie? Hatte ich auch. Himbeeren mit Sahne im Ritz, ein Kurzgeschichtenband von Zelda Fitzgerald, klang erst einmal ziemlich gut. Himbeeren mit Sahne im Ritz bearbeitetFitzgerald? Ui, muss ich lesen. Und nein, nicht ihn. Sie! Zelda. Das It-Girl der Zwanziger Jahre war nicht nur Balletttänzerin und Malerin, sie konnte auch schreiben und soll auch bei vielen Texten ihres Mannes - vorsichtig formuliert - "involviert" gewesen sein. Und zwar nicht nur als Muse, sondern als kreativer Kopf. Tatsächlich hat Scott einfach Teile ihrer Tagebücher zu "Inspirationszwecken" genutzt. Vermarktet wurden die Geschichten dann unter seinem Namen, das kam besser beim Publikum an. Nachdem Zelda nicht mehr als Koautorin genannt wurde, brachte zum Beispiel die Veröffentlichung von Das Mädchen und der Millionär nicht mehr schlappe 500, sondern sage und schreibe 4000 Dollar ein. Man kann sich vorstellen, wie deprimierend diese Erfahrung für Zelda gewesen sein muss. Ihr erstes Buch, Save Me the Waltz, konzipiert als Enthüllungsroman, wurde von ihrem Ehemann um über 100 Seiten gekürzt. Details aus dem Privatleben des Paares wurden von Scott gestrichen, zu dem Zeitpunkt hatte Zelda schon angedroht, ihren Ehemann zu verlassen und auch finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Scott notierte 1933 in sein Notizbuch: "Angriff auf allen Ebenen: Theaterstück (unterdrücken), Roman (verzögern), Bilder (unterdrücken), Charakter (angreifen), Kind (entfremden), Tagesablauf (durcheinanderbringen, um Schwierigkeiten zu machen). Kein Maschinenschreiben. Wahrscheinliches Resultat: neuer Nervenzusammenbruch." Scott Donaldson: Fool for Love. F. Scott Fitzgerald, New York 1983, S. 86 Zelda war immer wieder in unterschiedlichen Psychiatrien, auch wenn die Ärzte es ablehnten, ihrem Mann einen Freifahrtschein auszustellen, der es ihm erlaubt hätte, sie jederzeit einweisen zu lassen. Scott konnte sich nicht durchringen, in die Scheidung einzuwilligen. 1940 konnte Zelda aus der Klinik entlassen werden, weil ihr behandelnder Arzt eine Patientin vergewaltigt hatte. Ihr Mann war zu dem Zeitpunkt schon verstorben. Zelda selbst starb 1948 bei einem Brand in einer anderen Nervenklinik. "Im Stillen erwartete sie Großes vom Leben, und zweifellos war das einer der Gründe, warum das Leben ihr Großes gewährte." (aus der Erzählung Unsere Leinwandkönigin) In dem Kurzgeschichtenband, übersetzt von Eva Bonné, findet sich unter den elf Kurzgeschichten auch eine bisher unveröffentlichte Erzählung. Alle Erzählungen drehen sich um selbstbewusste Frauen, die ihr Glück und ihre Selbstverwirklichung in der Kunst suchen. Showgirls, angehende Schauspielerinnen und Tänzerinnen - sie alle suchen keinen Mann für's Leben, sondern verbreiten den Glamour von Champagner, Perlen und großen Träumen. Es geht um Selbstinszenierung und rauschende Partys, aber es finden sich auch viele assoziative Passagen oder Aphorismen. "Für viele Menschen ist die Liebe so trügerisch wie die Marmelade in "Alice im Wunderland" - gestern Marmelade, morgen Marmelade, nur heute gibt es keine." (aus der Erzählung Miss Ella) Zelda Fitzgerald hat einen Blick für kleine Details und atmosphärische Beschreibungen, auch wenn ihre Charaktere oft wie Figuren auf einer Bühne wirken. Relativ eindimensional und ohne ausgeprägte hervorstechende Eigenschaften. Abgesehen von ihrem Dasein als Flappergirls im Jazz Age (was auch immer das heißen mag) und ihren großen Träumen, haben sie wenig gemeinsam - und doch sind ihre Geschichten ähnlich. Sie war sehr kaleidoskopisch. Manchmal saß sie nur da, trank Unmengen und verfiel gegen Ende des Abends in einen britischen Akzent; bei anderen Gelegenheiten rührte sie keinen Alkohol an, aß einen Teller Spargel mit Sauce hollandaise nach dem anderen und schwor, ins Kloster zu gehen. (aus der Erzählung Die erste Revuetänzerin) Und das wurde mit der Zeit leider recht langweilig. Die Geschichten ähneln sich, die Probleme ähneln sich - da kann auch die feine Ironie der Erzählerstimme nicht mehr helfen. Der charmante Plauderton, in dem die Erzählungen gehalten sind und der mich zunächst für den Band eingenommen hat, reicht einfach nicht aus um die Belanglosigkeit der Erzählungen zu tragen. Die Geschichten verschwimmen ineinander und irgendwann spielt es keine Rolle mehr, ob Daisy oder Gracie oder Gay gerade Champagner mit ihren Freunden trinken oder von ihrem Durchbruch als Leinwandsternchen träumen. Sie sind sich ja doch alle zu ähnlich, als dass ich im Nachhinein noch wüsste, wer wie an seinem Dasein vor sich hin leidet und auf den großen Moment wartet. Die Kurzgeschichten sind nett, wenn man nicht alle auf einmal lesen möchte. Aber anders als bei Alice Monroe oder Julie Orringer fehlt das gewisse Etwas, dass die Geschichten zu einem besonderen Leseerlebnis machen. Schade. Ich gehe jetzt Himbeeren essen. Ohne Sahne. Auf dem Balkon.

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