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Rezension zu
Vorwärts küssen, rückwärts lieben

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Von Fröschen und Märchenprinzen

Von: Katharina P.
20.09.2017

Manche Buchtitel provozieren es nahezu, dass man ihnen verstärkt Aufmerksamkeit zukommen lässt. Sybille Heins Roman gehört da definitiv dazu. Es klingt ein bisschen wie die typische Chick-Lit, aber das ist der Roman ist bei Weitem nicht, was zum Großteil mit dem Schreib- bzw. Erzählstil und dem Aufbau zu tun hat. Das Tempo der Geschichte entspricht eher dem einer TV-Serie statt dem eines Spielfilms. Soll heißen: es geht eher gemütlich voran, da sich Hein genügend Zeit nimmt, ihre Figuren einzuführen und Zusammenhänge zu erklären. Man rauscht also nicht unbedingt von einem Höhepunkt zum nächsten, dafür hat man aber auch eher das Gefühl, die Charaktere auf einer persönlichen Ebene kennenzulernen. Zuweilen kam es mir sogar so vor, als würde ich einen Blick in den Haushalt von Bekannten oder Freunden werfen und ihnen bei ihrem täglichen Treiben zuschauen. Man erfährt einfach unglaublich viel zu ihnen: ihre Macken, ihre Lebensweisen, ihre Vergangenheit (besonders, wie sich Pias und Eddis Freundschaft entwickelt hat), ihre Jobs, ihre Vorlieben und Abneigungen sowie Hoffnungen, Wünsche, Ängste, Stärken und Schwächen. Es ist, als würde man mit jedem einzelnen von ihnen auf ein Date (oder mehrere) gehen und Stück für Stück sämtliche Informationen aus ihnen herauskitzeln. Natürlich war ich nicht über alle Facetten ihrer Persönlichkeiten begeistert, aber bei wem ist man das schon? Pia zum Beispiel lässt sich sehr schnell von Äußerlichkeiten blenden, was auch zum zentralen Thema im Roman wird. Besonders Eddi kritisiert sie in dem Punkt sehr häufig und auch Pia wird immer deutlicher bewusst, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Mal abgesehen davon mochte ich ihre muntere, manchmal aber auch kratzbürstige, chaotische Art ganz gerne und ihr selbstbewusstes Auftreten hat mir schon imponiert. Auch Eddi hat sich sofort in mein Herz gespielt, zum einen aufgrund seines Ehrgeizes und seiner nüchternen Sicht auf die Dinge, zum anderen, weil er sich nicht ziert, Pia knallhart seine Meinung ins Gesicht zu sagen. Letzteres klingt erstmal ziemlich gemein, aber seine guten Absichten (d.h. Pias Wohlergehen und Glück) werden immer sehr deutlich, sodass man zwar erstmal heftig schlucken muss, aber ihm nicht böse sein kann. Ein weiterer zentraler Charakter ist natürlich Pias neuestes Liebesob- bzw. -subjekt August. Ich muss zugeben, dass ich ihn anfangs schon irgendwie charmant fand. Besonders die Art und Weise, wie er Pia um ein Date gebeten hat, war originell und süß, weshalb er schon einige Pluspunkte sammeln konnte. Auch im Verlaufe der Beziehung tat ich mich schwer, ihm gegenüber eine Abneigung zu entwickeln. Dafür habe ich die dann aber umso heftiger empfunden. Zusätzlich zu den genannten Drei gibt es noch eine Fülle von Nebenfiguren, die eine mehr oder weniger handlungsrelevante Rolle spielen. Der ein oder andere erschien mir zwar überflüssig, aber es ist mir lieber, dass zu viele Personen auftauchen als zu wenige, denn so läuft die Geschichte nicht so schnell Gefahr, zu eintönig und eindimensional zu werden. Der zuvor angesprochene ausschweifende Erzählstil hat jedoch auch seine Tücken, denn manche Passagen haben sich sehr gestreckt. Ich habe ziemlich lange auf den Knackpunkt der Story gewartet, der dann in einem Gewand daher kam, das ich nicht erwartet hätte: ein nicht ganz reales Flashback-Traum-Szenario mit einer pummeligen Fee (man möge mir nachsehen, dass ich hier eine giftgrüne Absinth-Fee vor Augen hatte, aber das Ganze war einfach so surreal als befände sich Pia im Alkoholrausch) - ein ziemlicher Bruch mit der sehr nah an der Realität orientierten Handlung zuvor. Abgesehen von der Fee fand ich den Part aber ziemlich gelungen, denn ab da hat die Geschichte an Tempo zugelegt. Außerdem war es Pias ganz eigene Version einer Therapie. Manche Aspekte fand ich zwar etwas kryptisch formuliert, aber im Großen und Ganzen war die Botschaft klar - und sie ist auch angekommen. Bei allem, was danach passiert, kann man natürlich über die Wahrscheinlichkeit der Ereignisse diskutieren, man kann es aber auch lassen. Ich habe mich für letztere Option entschieden, wodurch ich mich mit dem Verlauf bis zum Ende sehr gut anfreunden konnte. Zuletzt seien noch die beigefügten Zeichnungen und Listen von Eddi (eine seiner Macken) lobend erwähnt, da sie dem Roman einen noch liebenswerteren Touch verleihen. Fazit Die Stärke des Romans sind definitiv seine authentischen Charaktere, die mit viel liebe zum Detail beschrieben werden, deren innige Beziehung zueinander sowie die kritische Reflexion über die scheinbare Oberflächlichkeit der Protagonistin Pia bei der Auswahl ihrer Partner. Getrübt wird mein positiver Eindruck lediglich von einigen langatmigen Passagen im ersten Teil, die meiner Lesemotivation abträglich waren.

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