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Rezension zu
München

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Wie immer spannend und gut

Von: Michael Lehmann-Pape
27.11.2017

Sei es in „Vaterland“ oder „Konklave“ oder in den vielen anderen Bestsellern, die Robert Harris bereits verfasst hat, auch in diesem Werk vermischt er geschichtliche Fakten, sein starkes Gespräch für die Darstellung einer konkreten Atmosphäre der Zeit und seine darin eingelagerte fiktive Geschichte zu einem überzeugenden und flüssig zu lesenden Ganzen. War in „Vaterland“ die Geschichte des dritten Reiches nach vorne gedacht, in die Gegenwart hinein, bilden in „München“ die Ereignisse des Jahres 1938 mit dem Einmarsch Hitlers in Tschechien die historische Blaupause des Romans. Dass einerseits Hitler selbst 1945 bitter einsah „schon 1938 mussten wir losschlagen….September 1938, das war der günstige Augenblick“ und andererseits just in diesem September Chamberlain ebenso bitter akzeptieren musste, dass England einfach nicht bereit für einen Kriegsgang war, das sind die Ausgangsvoraussetzungen dieses „Kampfes hinter den Kulissen“. Beileibe also, folgt man Harris, war es weder persönliche Schwäche noch ideologisch unangebrachter Pazifismus, der Chamberlain im Nachgang das Bild eines „sich duckenden“ Premierministers in der Öffentlichkeit (zu Unrecht) verschafften, sondern diplomatische Klugheit und das Nutzen aller Möglichkeiten, um Zeit zu gewinnen. „Von Hartmann merkte sich: zwei Polizisten am Tor, vier SS-Männer hier und mindestens drei weitere, die er in der Wachstube sehen konnte“. Warum sich jener Paul von Hartmann, Übersetzer im auswärtigen Amt der Reichsregierung, diese Wachkonstellation einprägt, das wird sich in Bälde nach dieser Szene zeigen. Denn nicht erst in den Kriegsjahren, auch zuvor bereits gab es so etwas wie „den Widerstand“. Männer, die die Entwicklung mit Sorge betrachteten und durchaus bereit waren, gegen Hitler einzuschreiten. Eine in die historische Situation eingebettete Thriller-Handlung, die der Lektüre in bester Wiese Schwung verschafft. Vor allem, als jener Paul von Hartmann auf Seiten der Engländer auf einen Sekretär stößt, den er aus Jugendjahren noch kennt, Hugh Legat. Ruhig und mit sicherem Blick führt Robert Harris sein Personal dabei langsam in die Geschichte ein, ermöglicht dem Leser durch seine teils wie beiläufig hingeworfenen Beobachtungen (die Zähne Chamberlains, dessen Eitelkeit, das herrische Gemüt Hitlers, aber auch dessen „Geruch“, das Keifen von Ribbentrop, Aufmärsche, SS Schergen und vieles mehr) ein umgehendes Eintauchen in die aufgeladene Atmosphäre jener Tage und bietet ebenso Spannung in den Versuchen, den Krieg zum damaligen Zeitpunkt unbedingt verhindern zu wollen (bzw. ihn unbedingt führen zu wollen auf Seiten der deutschen Mächtigen). „Da saß in der dunklen Ecke noch eine zweite Person, zu der ich sprechen musste. Der Herr Hitler“. So sagt es Chamberlain nach einer getrau im Buch wiedergegebenen Rundfunkrede an die Nation und so empfindet es auch der Leser, die damaligen Ereignisse nun aus „innerer Sicht“ her Revue passieren lassen zu können als „Kunst der Diplomatie“. Die auch als „Verrat“ empfunden werden konnte. Je nachdem, aus welcher nationalen Sicht man auf das Geschehen damals schaute. Dicht wird die Atmosphäre auf jeden Fall, wenn sich die Delegationen in München gegenübersitzen und um den kleinsten Vorteil je ringen. Neben solch „knisternden“ Szenen und seinem überzeugenden Plot stehen allerdings hier und da (in erträglichem Maße) auch Abschnitte mit Längen im Buch, Was aber dem im Gesamten sehr anregenden Lektüre-Eindruck keinen nachhaltigen Abbruch zufügt.

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