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Rezensionen zu
Tag des Triumphs

Christian v. Ditfurth

Karl-Raben-Reihe (2)

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Der Untertitel des Romanes mag zwar vermitteln, dass man einen einfachen Kriminalroman liest. Doch, es dauert nicht lange, dann sieht man, dass „Der zweite Fall von Raben“ weit mehr ist, nämlich ein Roman über den Alltag und die frühe Zeit der Herrschaft der Nazis. Der Anfang ist noch klassischer Kriminalroman: Die Leiche einer Frau wird gefunden, was bei den beteiligten Polizisten und der später informierten Bevölkerung für einige Aufregung sorgt. Denn die Frau ist selbst noch als Tote eine Schönheit. Der Aufruf der Polizei, sich mit Informationen über die zunächst Unbekannt zu melden, hat deshalb weitaus mehr Resonanz, als gewöhnlich bei solchen Fällen. Bald stellt sicher heraus, dass die Tote familiäre Verbindungen in einflussreiche militärische Kreise hat, was man aber wegen ihrer Profession tunlichst geheim halten möchte. Als Edel-Prostituierte könnte sie noch im Tod ein schiefes Licht auf hochrangige Vertreter Nazideutschlands werfen lassen. Als sich die zunächst einzige Spur als nicht zutreffend erweist, sind Kriminalrat Ernst Gennat und seine Leute ratlos. Es wäre ein Fall für Karl Raben, der sich als Ermittler mit unkonventionellen Methoden einen Namen machte. Doch Raben ist gerade jetzt nicht auffindbar, er wurde von Reinhard Heydrich persönlich beauftragt, einen der letzten populären Nazigegner auszuschalten, der bislang dem langen Arm von Heydrichs Mord-Organisation entgangen ist. Als Raben endlich zu den Ermittlungen hinzugezogen werden kann, stellt sich im Fall der ermordeten Frau schnell heraus, dass sie mit einer ganzen Reihe von prominenten Nazis zu tun hatte. Ihr Geld verdiente sie als Edel-Prostituierte und sie zeigte bei ihren Kontakten auch reges Interesse an den Tätigkeiten ihrer Kunden. War sie auch Spionin? Aber für wenn? Raben, der schon genug damit zu tun hat, seine gegen die Herrschenden gerichteten Aktivitäten zu verschleiern, muss aufpassen, dass er keine schlafenden Hunde weckt. Mit jedem neuen Verhör mit einem der Herren aus der Kundenliste wächst die Gefahr, dass der Kommissar an den falschen gerät. Im Deutschland in den 1930er-Jahren leben die eingefleischten Nazis und, in immer kleiner werdenden Zahl, die unerschütterlichen Gegner Seite an Seite. Alle haben Angst. Die einen, weil das Regime nach einem hingestreuten Gerücht oder einer anonymen Denunziation, oft und gerne seine eigenen Kinder frisst; die anderen, weil die Wände Ohren haben und jedes falsche Wort das letzte in Freiheit sein könnte. Was können die tun, die nicht wie die Lemminge den Nazis folgen? Aus den Dialogen, die Christian v. Ditfurth seinen Protagonisten wirklich großartig auf dem Leib geschrieben hat, liest man eine Mischung aus Fatalismus, Sarkasmus und die Angst vor einer düsteren Zukunft. Dem gegenüber die eingeschworenen Nazis, die vor völkischem Fanatismus und dem Nachplappern von Parolen nur so triefen. Auch wenn ich schon genügend dieser vor Dummheit und Hass triefenden Tiraden gehört, gelesen und gesehen habe: wenn Christian v. Ditfurth davon immer wieder etwas in den Roman einfließen lässt, wenn er beschreibt, wie die Gangster in ihren braunen und schwarzen Uniformen sich aufführen und Gewalt in jeder erdenklichen Form ausüben, dann kämpfe ich doch mit aufkommender Übelkeit. Der Roman stützt sich in großen Teilen auf solche Dialoge, womit man sich wie hineingezogen fühlt in das Jahr 1935. Man versteht, wie jene Menschen, die in Opposition zum Regime standen, jeden ihrer Schritte und jedes ihrer Worte mit Bedacht wählen mussten. Wie es war, nicht zu wissen, ob das Gegenüber eine falsche Regung oder eine falsche Formulierung gleich an die Gestapo melden würde. Wenn wir heute unsere Meinung kundtun können, ohne fürchten müssen, mitten in der Nacht abgeholt zu werden, werden wir wohl niemals zur Gänze nachvollziehen können, wie es ist, in einer Diktatur, in einem Polizeistaat zu leben. Christian v. Ditfurth schafft es aber, wenigstens einen kleinen Eindruck davon zu vermitteln. Auf Seite 306 lässt er einen der Verdächtigen, in Bezug auf die nach Hitlers Machtübernahme stattfindenden „Wahlen“ und Abstimmungen, bei denen die Nazis immer überwältigend siegten, sagen: … Seit dem Tag der Abstimmung habe ich jede Hoffnung ins Volk verloren. Welch ein Fest für die Nazis. Menschen, die Luft zum Atmen hatten, erwürgen sich selbst. … Dieser Satz ist eine treffende Zusammenfassung der Zustände damals wie leider heute wieder . Denn schon wieder werden diejenigen, die die Demokratie aushöhlen und Freiheiten abschaffen wollen, freiwillig gewählt. Die gefährlichste aller Rollen spielt Karl Raben selbst. Für die Gestapo und deren Chef Heydrich ist er der zwar noch nicht 100%ig vertrauenswürdige, aber sehr wertvolle Mitarbeiter. Seine Stellung nützt er aber aus, um Gegnern des Regimes zu helfen. Die Frage ist bei alledem wohl nur, wann sein Doppelspiel auffliegt. Neben Gennat und Heydrich trifft man im Laufe der Ereignisse auf viele weitere bekannte Größen Nazideutschlands. Admiral Canaris, der Chef des militärischen Abwehrdienstes, Heinrich Müller, der spätere Gestapo-Chef, Arthur Nebe und einige mehr. Deren Auftritte und Handlungen wirken wie hineingegossen in die Handlung des Romanes, es passt einfach alles zusammen – Fiktion und Tatsachen fügen sich zu einem stimmigen Ganzen. Nimmt man dazu noch die stetig ansteigende Dramatik der Ereignisse, dann liest man einen in Summe beeindruckenden Kriminalroman/Historischen Roman, der nicht nur viel Spannung liefert. Er liefert auch klare Einblicke in die Vorgänge während der Nazidiktatur, die Strukturen und Abläufe des von den Nazis übernommenen Staates und beschreibt die menschenverachtende Ideologie, die dessen Repräsentanten und Handlanger vereint. Wie schon der erste Roman der Karl Raben-Reihe ist auch „Tag des Triumphs“ eine durchgehende Anklage gegen die Gewalt, den Rassismus und die Unmenschlichkeit der Nazis und aller ihrer Nachfolger. PS: einen kleinen Abstrich möchte ich dann doch noch machen: Karl Raben erscheint manchmal so etwas wie ein unzerstörbarer Superheld zu sein, dem nichts und niemand etwas anhaben kann (zumindest nicht dauerhaft). Das wirkt dann für meinen Geschmack etwas zu übertrieben …

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