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Rezension zu
Mittagsstunde

Plattes Land vom Winde verweht

Von: Thursdaynext
16.05.2019

Ich wohne in einem kleinem Dorf auf dem Land, es ist nicht flach und karg wie in Dörte Hansens Brinkebüll, das waldigwiesige hügelige Gegenteil, und auch das Idiom unterscheidet sich gewaltig. Bei uns am Schwarzwald/Heckengäurand sprechen sie Schwäbisch, dessen Auswirkungen auf die Mundmuskulatur eher an Wiederkäuer erinnert, das norddeutsche Platt erscheint da schon sehr fremdartig. Als Südländerin muss ich, wenn die Autorin ihre Figuren Platt schnacken lässt, extrem aufpassen um mir das Gehörte zusammenzureimen, aber meist funktioniert es. Dankenswerterweise spricht die großartige Hannelore Hoger meist auf Hochdeutsch. Was sie da erzählt ist eine wunderbare Geschichte, der man lange und mit Hochgenuß lauschen kann. Verschmitzt, ernsthaft, realistisch, todtraurig, lebensprall zieht hier das Dorfleben von früher bis heute an einem vorbei. In der Hauptrolle Ingwer Feddersen, knapp 50, ein echter Dorfjunge, der sich einst aufgemacht hatte, um Professor zu werden und nun sein Sabbatical nimmt, um seine Großeltern „Vadder“ Sönke und „Mudder“ Ella zu pflegen. Sie haben ihn großgezogen, nachdem sich ihre Tochter, seine ledige junge Mutter, als ungeeignet erwiesen hatte. Es ist weniger eine Schuld die er abträgt, mehr eine freiwillige Selbstverpflichtung, die seiner weiteren Orientierung der Lebensrichtung dienen soll. Durch seine Augen erleben die Hörer das Dorf von annodunnemals bis heute. Ingwer schleppt so einiges mit sich, ganz befreit vom Dorf hat er sich nie, es ist in ihm, ebenso wie die fürchterlichen Schlager-Ohrwürmer, die ihn, passend zu jeder Lebenssituation, begleiten und auch nicht durch seinen geliebten Neil Young zu ersetzen waren. Zäsuren wie die Flurbereinigung, unerwartete Tode, alltägliches Leben nach den Jahreszeiten, das ewige Rackern, der Wind und das Klima, fast lullt es einen ein wenig ein, macht duldsam und so genügsam wie die Bauern auf der Geest, bis zum nächsten Ereignis, das Dörte Hansen den Bewohnern und Ingwer auftischt. Ihre leicht skurrilen, dabei authentisch anmutenden Charakterskizzen sind so bildhaft, dass die Menschen scharf und klar hervortreten, lebhaft präsent sind. Intelligent, auf den Punkt, feinsinnig humor- und respektvoll wird da geschildert, wie sich das Dorfleben abspielt und sicher nicht nur in Brinkebüll, wo die Mittagsstunde noch sakrosankt ist … So verwundert es nicht, dass diese ruhige und doch ausschweifende Erzählung eine Nominierung für den Deutschen Hörbuchpreis erhielt. Ginge es nach mir dann hätte ihn Mittagsstunde. Ohne meine Mitbuchstoffsüchtige und Kumpanin „Das lesende Satzzeichen“ wäre mir dieses dörflich, literarische Kleinod fast entgangen. Daher herzlichen Dank für deine ausnehmend verlockende und bezaubernde Besprechung des gedruckten Exemplares und eine tiefe Verneigung vor Dörte Hansens Kunstfertigkeit. Es ist mein erster Roman von ihr, ich habe viel geschmunzelt, ergriffen gelauscht, laut gelacht, war tief berührt und habe diese 9 CDs unglaublich genossen. Freue mich schon auf ihren Erstling und weitere Bücher, die hoffentlich folgen.

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