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Rezension zu
WEST

Vielschichtig und berührend - Ein kleines Buch mit einer großen Geschichte

Von: Virginie Storm
26.08.2019

»Julie, ich muss fort«, hatte er so laut und deutlich gesagt, wie seine Stimme es zuließ. »Es wäre schön, wenn du dich eine Weile um Bess kümmern könntest.« Julie starrte ihn wortlos an, drehte das Huhn auf den Rücken und rupfte weiter, als wäre es das Vernünftigste, so zu tun, als hätte ihr großer, rothaariger Bruder gar nichts gesagt. Bellman erklärte, er wolle in einem Jahr wieder zurück sein. »In einem Jahr?« Julies Stimme klang gepresst und hoch, als hätte sie etwas verschluckt und müsste nun gegen das Ersticken ankämpfen. Bellman blickte auf seine Stiefel. »Nun ja, vielleicht ein bisschen länger. Höchstens zwei Jahre.« Alle halten ihn für verrückt. Er solle etwas Sinnvolles tun, sagen sie. In die Kirche gehen oder sich eine neue Frau suchen. Doch der einfache, gutherzige Maultierzüchter Cy Bellman begibt sich auf eine ungewissen Reise von über 2000 Meilen. Und das nur aufgrund eines Zeitungsartikels. Seine zehnjährigen Tochter Bess dagegen bleibt bei seiner pragmatischen Schwester Julie zurück. Auf seiner Reise engagiert Bellmann einen eingeborenen Amerikaner, der ihn in die Wildnis begleiten soll. Die Perspektive dieses Shawnees fügt der Erzählung eine weitere Facette hinzu. Im Tausch für glitzernde Dinge, Tabak und Rum hat er damals sein Land verlassen und ist nach Westen gezogen. Während ihr Vater unterwegs ist, wird die Situation für seine Tochter Bess immer bedrohlicher. Vom Guardian und der Sunday Times als bestes Buch des Jahres bezeichnet, gehen auf Amazon die Meinungen auseinander. Vordergründig ist “West” eine Geschichte über Träume, Sehnsucht und Heimat. Doch Davies reiche Symbolsprache schafft eine große Tiefe. Man kann es lesen wie eine Abenteuergeschichte und mag enttäuscht sein. Denn das Geheimnis der Geschichte verbirgt sich für mich auf der symbolischen Ebene. Es ist ein modernes Märchen, das die inneren Anteile eines Menschen in einzelnen Protagonisten visualisiert. Geschickt baut Davies mit Rück- und Vorblenden sowie einem zweiten Erzählstrang die Spannung immer weiter auf. Ich konnte mit Bellmann fühlen, wenn er seinem Traum nachläuft und ebenso berührt war ich von seiner Tochter Bess. An zwei Stellen kamen mir die Tränen. Eine vermeintlich einfache und doch erstaunlich vielschichtige Geschichte, die die Seele berührt und einen so schnell nicht mehr loslässt. Leseempfehlung!

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