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Rezension zu
Der dunkle Bote

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

„Es geht ihm nicht gut, dem müden, wunden Wien“,

Von: Bellis-Perennis aus Wien
12.10.2019

Alex Beer entführt uns in die junge Republik Österreich. Die Menschen hungern und frieren, die Spanische Grippe hat Millionen Todesopfer gekostet und die Kriminalität steigt unaufhörlich. Kaum ist eine Platte (=Bande) dingfest gemacht, so wachsen zwei neue nach. In diesem Umfeld müssen sich August Emmerich und sein Assistent Ferdinand Winter zu allem Überfluss um ein ordentliches Büro mit einem Kollegen-Duo matchen: Wer mehr Fälle aufklärt, bekommt das Büro. Zusätzlich belastet August das Verschwinden von Luise und ihren Kindern. Axel Koch, ihr lange tot geglaubter und plötzlich wieder aufgetauchter Ehemann hat Frau und Kinder entführt, und Emmerich Rache geschworen. Dann geschehen mehrere Morde, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben und die Ermittler sind ein wenig abgelenkt. Ist die junge, in Sachen Frauenrechte, engagierte Journalistin Alma Lehner in die Todesfälle verwickelt? Die Spur führt ins nichts, als eine weitere übel zugerichtete Leiche gefunden wird. Veit Kolja, eine Figur aus dem ersten Teil („Der zweite Reiter“), den August Emmerich für immer hinter sich gelassen geglaubt hat, erscheint wieder auf der Bildfläche. Diesmal will er helfen und verrät, wo Axel Koch seine Familie versteckt hat und, was der Unterweltler vorhat, doch nicht ohne Emmerich vor der Brutalität seines Widersachers zu warnen. Meine Meinung: „Es geht ihm nicht gut, dem müden, wunden Wien“, stellt August Emmerich fest und meint damit auch sich selbst. Er ist ebenfalls müde und verwundet. Er vermisst Luise und die Kinder, die er als „seine Familie“ bezeichnet. Die Autorin legt gekonnt mehrere Spuren, die Emmerich weiterbringen, aber auch in die Sackgasse führen. Sehr gut gefällt mir, dass den Frauen im Polizeipräsidium eine große Rolle eingeräumt wird. Ohne die „Hühnerarmee“ geht so gut wie gar nichts. Bei der ersten Nennung des Begriffs musste ich schlucken - wie abwertend. Doch die Damen arbeiten effizient, im Untergrund und das im Schutze des unterschätzt Werdens. Das Netzwerk inklusive Flurfunk (in Österreich „Buschtrommeln“ genannt) ist engmaschig. Auch die Rolle von Alma Lehner ist gut angelegt. Ein bisschen ähnelt sie August Emmerich. Sie hat Ecken und Kanten, lässt sich nicht einschüchtern und will das Leid vor allem von Frauen lindern. Ihre Arbeit erledigt sie recht unkonventionell. Ob sich da in einem neuen Band etwas mit Emmerich anbahnen könnte? In August Emmerichs Privatleben spitzt sich Lage immer mehr zu. Der Showdown ist berührend wie beklemmend. Ich habe mich in das Wien von 1920 zurückversetzt gefühlt. Den erwähnten Münstedt Kino Palast habe ich selbst noch besucht. Das Kino wurde 1984 endgültig geschlossen. Einige der Tschocherl (kleine Branntweinstuben), in denen man an illegalen Glücksspielen teilnehmen konnte, haben recht lange überlebt. Fazit: Ein atmosphärischer Krimi, der die Zustände der jungen Republik Österreich im Jahre 1920 perfekt wiedergibt. Ich gebe hier 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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