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Rezension zu
So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche

so viel Kunstbetrachtung

Von: Uljana Brunzema aus Bonn
07.11.2019

Karl Ove Knausgard: „So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche“ Karl Ove Knausgard, der vielseitige und tiefgründige norwegische Bestseller Schriftsteller, hat gerade in Düsseldorf eine große Munch Ausstellung kuratiert. 140 teils in Deutschland noch nie gezeigte Werke werden hier präsentiert. Knausgard hat sie in vier Themenbereiche gegliedert: Licht und Landschaft. Der Wald, Chaos und Kraft, Die Anderen. Sehr eindrücklich werden hier die Werke Munchs neu präsentiert und kommentiert. Es gibt einen Ausstellungskatalog,- aber es gibt vor allem ein ganzes sehr persönliches umfassendes Buch dazu von Karl Ove Knausgard. Der Titel „So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche“ lässt schon den sehr persönlichen Zugang des Autors zu den Gemälden erahnen. Als junger Mann schon haben ihn die Gemälde fasziniert und seitdem ist er immer auf den Spuren Edvard Munchs gewandelt, hat die Entwicklung verfolgt, die verschiedenen Schaffensperioden, die Lebensorte des Malers aufgesucht, mit Künstlern und Kunstkritikern gesprochen, 2017 die große Munch Ausstellung in Oslo kuratiert und am Ende ein echtes Munch Original ersteigert. Und immer wieder werden Parallelen gezogen zu zeitgleich entstandenen literarischen oder philosophischen Werken wie die existentiellen Romane Dostojewskis oder die Novellen und Erzählungen von Knut Hamsun, an erster Stelle „Hunger“, das die ganze Sehnsucht einer Epoche hinausschreit. Knausgard zieht Vergleiche zu Van Gogh und expressionistischen Malern, versucht aber genau vor diesem Hintergrund das Besondere und Außergewöhnliche an Munchs Malerei herauszustellen. „So viel Sehnsucht auf so kleiner Fläche“ ist keine Biographie des Malers, es ist keine kunsthistorisch-wissenschaftliche Studie, - es ist eine äußerst subjektive besondere und exklusive Annäherung an einen Künstler. Sicher nicht objektiv, aber schillernd, vielschichtig, und eine große Bereicherung zu der Düsseldorfer Ausstelllung oder auch unabhängig davon als eigenständiges Werk. Faszinierend ist, wie Knausgard sich in seinem Buch von völlig unterschiedlichen Seiten dem Werk Munchs nähert. Er beschreibt wichtige Details aus dessen Biographie, die tragische Familiengeschichte Munchs, die durch viele persönliche Verluste geprägt ist. Er beschreibt dessen Künstlerkontakte. Er fügt wunderbare persönliche Kunst- und Bildbetrachtungen über konkrete Werke wie „Das rote Haus“, „Melancholie“ oder „Sommernachtstraum“ mit ein. Besonders spannend ist die Lektüre, wenn Knausgard unglaublich vorsichtig seziert, seine eigene Wahrnehmung in Frage stellt und die Hermeneutik so zum Thema wird. Bei der Bildbetrachtung des „Sommernachtstraums“ fragt er sich selbstkritisch , ob er nicht Dinge in das Werk hineinliest, die er von Munch weiß, oder auch einfach eigene Befindlichkeiten und Emotionen in dem Werk gespiegelt findet, sehr subjektiv. Sehr anrührend und persönlich ist auch der Besuch Knausgards mit einem Kamerateam in Asgardstrand, dem Wohn- und Schaffensort Munchs. Man meint dabei zu sein, wenn Knausgard detektivisch die genauen Orte, Blickwinkel und Strandpositionen findet, die in Munchs Gemälden erscheinen. Auch wenn der Autor ausgesprochenerweise nichts von reiner Biographie Arbeit hält, sind diese Szenen doch sehr anschaulich und lassen Munchs Bilder einfach noch plastischer und näher vor dem Auge des Betrachters erscheinen. Die „Präsenz“ der Bilder ist es, die Knausgard letztlich so fasziniert, und die Ausdrucksstärke, die sich durch dieses Medium der Bilder außerhalb der Worte und Begriffe ergibt. Ausgeschmückt wird dieses schöne Kunstbetrachtungswerk durch etliche farbige Munch Reproduktionen im Buch. Eine sehr empfehlenswerte Lektüre für Kunstliebhaber, Literaturfreunde und Norwegen-interessierte Leser.

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