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Rezension zu
Todesfrist

Packender Nervenkitzel mit einem kultigen Ermittlerduo

Von: Büchermonster
18.06.2015

Sie sind Teil der Kindheit eines wohl jeden von uns und haben eine lange Tradition als Gute-Nacht-Lektüre und Vorlesegeschichten, doch bei strengerer Betrachtung gehören sie eigentlich kaum in die Hände Minderjähriger: Märchen und Kinderbücher, die mit scheinbar harmlosen Reimen und bunten Bildern daherkommen, dabei aber vor Gewalt und Brutalität eigentlich nur so strotzen. Zu solchen Werken gehören auch die Geschichten des „Struwwelpeters“ aus der Feder des Arztes und Psychiaters Heinrich Hoffmann, in denen ungezogene Kinder für ihr Fehlverhalten bestraft werden: Daumenlutschern werden die Daumen abgeschnitten, unwillige Esser verhungern elendig und kleine Feuerteufel verbrennen qualvoll. Eigentlich der perfekte Stoff für einen Erwachsenenthriller, dachte sich wohl auch der österreichische Schriftsteller Andreas Gruber, und nahm diese Geschichten zum Aufhänger seines Romans „Todesfrist“, in denen ein Serienkiller frei nach dem alten Kinderbuch Frauen auf grausame Weise ermordet. Indirekt zu den Opfern dieses Mörders zählt auch die weibliche Hauptfigur des Buches, denn Sabine Nemez, ihre Zeichens Ermittlerin beim Münchner Kriminaldauerdienst, hat ihre Mutter an den Psychopathen verloren und will den Täter nun zur Strecke bringen – auch, um ihren Vater zu entlasten, der als verärgerter Ex-Mann der Toten schnell als Hauptverdächtiger gilt. Dabei stellen sich ihr aber zahlreiche Hindernisse in den Weg, denn zum einen soll sie als unmittelbar Betroffene nicht an den Ermittlungen teilhaben, zum anderen scheint ihr auch ein aufgeblasener Kollege den Fall entreissen zu wollen, womit wir beim zweiten Protagonisten dieses Thrillers wären: Maarten S. Sneijder, BKA-Profiler mit niederländischen Wurzeln, der auf die Nennung seiner Initiale deutlich mehr Wert legt als auf eine einvernehmliche Zusammenarbeit. Für Sabine und ihre Nachforschungen ist dieser Mann ein wahrer Albtraum, für die Leser aber ein Geschenk des Himmels, denn so unsympathisch Maarten S. Sneijder auch wirken mag: Für die Geschichte ist dieser Profilneurotiker ein absoluter Gewinn. Wo trifft man schon mal auf einen Ermittler, der völlig ungeniert zur Steigerung des eigenen Denkvermögens Marihuana raucht, schamlos und mit schöner Regelmäßigkeit eine große Buchhandelskette beklaut und mit seiner unfreundlichen und arroganten Art jeden vor den Kopf stößt? Möglicherweise hat Andreas Gruber bei dieser Figur vielleicht ein wenig dick aufgetragen, weil Maarten S. Sneijder aber eben nicht nur Arschloch ist, sondern seinen Ruf als Profiler-Genie auch durchaus zurecht genießt, macht das Zusammenspiel der beiden Ermittlerfiguren (falls man das bei den ganzen Reibereien überhaupt so nennen kann) beim Lesen wirklich Spaß. Auch bei der Story fährt Gruber schwere Geschütze auf und sorgt mit mehreren ineinander verschachtelten Handlungssträngen für ein raffiniertes Verwirrspiel, das aber jederzeit logisch und glaubwürdig bleibt. Zwar könnte es anfangs für ein wenig Konfusion sorgen, dass zwei Nebenfiguren sehr ähnlich angelegt sind, mit ein wenig Konzentration behält man hier aber dennoch den Durchblick. Die verhältnismäßig frühe Enthüllung des Täters fällt ebenfalls nicht im geringsten negativ ins Gewicht, denn die Geschichte bleibt auch weiterhin temporeich und hat immer noch einige Überraschungen auf Lager. Und auch wenn der Mörder in „Todesfrist“ nicht gerade zimperlich mit seinen Opfern umgeht, so ergeht sich Gruber nicht in ewig langen Gewaltdarstellungen, sondern überlässt die unappetitlichen Details meist der Fantasie seiner Leser. Insgesamt liefert der Autor hier also einen wirklich packenden und jederzeit spannenden Thriller ab, der durchgehend für Nervenkitzel sorgen kann. Manch einer mag sich vielleicht an der sicherlich etwas überzeichneten männlichen Ermittlerfigur stören, für mich hat der kiffende, stehlende, respektlose, selbstverliebte, letzten Endes aber doch gar nicht so unsympathische Maarten S. Sneijder jedoch bereits jetzt schon Kultstatus – mögen noch viele weitere Fälle für ihn und Sabine Nemez folgen.

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