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Rezension zu
und in dem Moment holt meine Liebe zum Gegenschlag aus

Was würde ich tun?

Von: Klaus Daniel aus Hamm
12.04.2017

Doris Anselms Geschichten entstehen aus ganz unterschiedlichen Erzählperspektiven. Mann oder Frau, Weltgeschehen, eine Reportage, aus dem Blickwinkel des Erlebens oder des Beobachtens - Frau Anselm lässt sich nicht festlegen. Sie bietet eine Mixtur der Geschichten, Erlebnissen und Gefühlen. Die Geschichten spielen sich auf unterschiedlichen Ebenen ab. Welche Wirklichkeit gilt? Und doch ist es wie im wirklichen Leben. Manchmal denken wir: Das kann doch nur ein Traum sein. Doris Anselm verwendet ungewöhnliche Bilder, manchmal stehe ich als der Lesende am Ende der Geschichte mit mehr Fragen als Antworten da. Manche Geschichte endet abrupt, ich frage mich, wie es weitergeht, bin nicht satt und fühle mich doch bereichert. Dieses kommt mir bekannt vor, nein, jenes geht so nicht. Manche Geschichte musste ich nochmals lesen. In vielen Geschichten sind es die kleinen Dinge, die eine große Wirkmächtigkeit besitzen. Und dies oft ganz indirekt. So etwa die metallene Schmuckfeder, die die Schülerin frei und den Mann einen besseren Lehrer sein lassen wird. In anderen Geschichten sind es die kleinen Dinge, die Verläufe deutlich werden lassen. Wie zum Beispiel der Kuchen, der nach und nach verschwindet - der Tee, der, es scheint viel zu schnell zu passieren, den Kaffee ersetzt. Anselm ist eine Meisterin der synonymen Verwendung von Situationen und Abläufen. Es ist der Reiz der Kurzgeschichte, dass ganze Welten en miniature auf wenigen Seiten aufgebaut werden oder einstürzen können - so weit geht Doris Anselm meist nicht. Sie lässt Leerstellen zum Weiterdenken und sie nützt den ganzen Raum einer Geschichte, um sie so weit wie nötig auszurollen, vielleicht, um zu sagen, was sie sagen muss. Oft sind es Momentaufnahmen in Lebensverläufen, die Anselm schildert. Sicher gibt es ein davor und ein danach. Doch so, wie Anselm ihre Geschichten schildert, wird das Danach jedoch nie wieder so sein wie das Davor. Dabei entwickelt sie wunderschöne/schlimme/überdenkenswerte Sätze und Szenen, die im Zusammenhang mit ihrer Geschichte oft den Atem stocken lassen - um dann zu denken, ja, das kommt mir richtig vor, oder: So habe ich das schon mal erlebt, aber nie bedacht. Auf manchen Gedanken zur Geschichte kam ich erst beim Lesen der nächsten. Doris Anselm stellt keine normativen Fragen. Sie moralisiert nicht. Sie beschreibt Szenen und deren Auswirkungen oder Szenen als Auswirkungen des Vorhergegangenen. Doch liegt es in der Natur der Sache, dass ich urteile. Als Leser denke ich meinen Teil. Nimmt die Autorin das billigend in Kauf, oder möchte sie mich dazu bringen? Deutlich macht Frau Anselm in ihren Geschichten, dass Erlebnisse aus unterschiedlichen Perspektiven ebenso unterschiedliche Auswirkungen auf die Beteiligten haben. Was sich für mich als ungewöhnliches übergriffiges Erlebnis eines Mädchens liest, wird eine ewige Narbe auf der Haut und in der Seele eines Jungen und dem Mädchen eine Maske vor dem Gesicht hinterlassen haben. Ich stellte mir während der Lektüre des Buches oft vor, dass Frau Anselm sich beim Schreiben gefragt hatte, "was wäre wenn". Um ihre Geschichten zu erzählen brauchte Frau Anselm Beobachtungsvermögen, Einfühlung, Vorstellungskraft und eine wunderbar ausdruckreiche Sprache. Mich hat Anselms Buch "und in dem Moment holt meine Liebe zum Gegenschlag aus" berührt, nachdenklich gemacht. Was ist im Leben Kulisse und was geht dahinter wirklich vor? Wie oft passieren mir solche Szenen wie: "Es war keine bewusste Entscheidung ( ... ), es passierte nur nichts anderes."

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