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Rezension zu
Junktown

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Mit Vollgas in den Abgrund

Von: Wissenstagebuch
26.07.2017

Kommen wir gleich zur Sache: Junktown ist ein verkommenes Drecksloch. In einer dystopischen Zukunft ist der Drogenkonsum oberste Bürgerpflicht und wird von der Einheitspartei genauestens überwacht. Die Bevölkerung setzt sich aus verschiedenen Zuchtreihen mit unterschiedlicher Genqualität zusammen; die Straßen sind leer, denn alle liegen sediert zu Hause rum. Als dann eine Brutmutter, eine riesige Gebärmaschine mit mehreren hundert Föten, umgebracht wird, nimmt sich der Ermittler Solomon Cain des Falles an. Seit sich seine Frau aus Liebe zur Partei den Goldenen Schuss gesetzt hat, kämpft er mit seinen Dämonen – und als seine Ermittlungen voranschreiten bald auch mit dem Staatsapparat. Die ersten Seiten las ich mit großer Skepsis. Zu abgefahren war mir die Schilderung der Vergewaltigung einer Gebärmaschine – die haushohe Maschine wurde nämlich genau wie eine menschliche Frau beschrieben. Intelligente Maschinen besitzen in Junktown Bürgerrechte, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Außerdem argwöhnte ich, dass sich der obszöne Ton von Cains Kollegen durch den ganzen Roman ziehen würde – dem war zum Glück nicht so, obszöne Sprache wurde gewählt als Stilmittel eingesetzt – raues Polizistenleben eben. Die Figur des verbitterten und zynischen Ermittlers Solomon Cain ist ein wandelndes Klischee und ungeheuer gut ausgearbeitet zugleich. In dem dystopischen Umfeld ergeben sich ganz neue Spielarten und abgedroschene Verhörszenarien bekommen aufgrund des Drogenkonsums und der allumfassenden staatlichen Überwachung ganz neue Wendungen. Die Stadt selbst ist hier eine Protagonistin, der man mit Faszination und Abscheu zugleich zusieht. Die vielen Anspielungen auf totalitäre Systeme sind zum Schreien komisch und wer einmal in den deutschen Behördendschungel eingetaucht ist, wird sich im von Bürokratie besessenen Junktown gleich zu Hause fühlen. Hier gibt es köstliche Seitenhiebe auf den öffentlichen Dienst. Der Roman ist sehr durchgestylt; am Ende laufen alle Fäden konsequent zusammen, einige der beschriebenen Passagen laufen beim Lesen zugleich als Film vorm inneren Auge ab. Die Dialoge sind klar und präzise, spielen mit Klischees und führen unter dem Motto „Alle Macht den Drogen“ Altbekanntes ad absurdum. Nach kurzer anfänglicher Fassungslosigkeit („Das kann der Autor doch nicht ernst meinen“) hab ich Junktown in vollen Zügen genossen und kann es jedem, der vor dem einen oder anderen derben Wort nicht zurückschreckt, empfehlen.

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