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Rezension zu
Fireman

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Für mich leider nur Durchschnitt

Von: Gudrun Hoffmann-Schoenborn aus München
08.10.2017

Vielversprechend startet „Fireman“ mit dem ersten Opfer der Seuche in Harpers Peripherie: Vor ihren und den Augen ganzer Schulklassen taumelt ein Mann auf den Schulhof. Er raucht: Leider keine Zigarette, sondern tatsächlich aus jeder Pore. Als er zusammenbricht und Flammen aus seinem Körper züngeln, beginnt Harpers Welt endgültig aus den Fugen zu brechen. Es ist der Beginn einer Apokalypse, die keine Zombies, sondern goldene Feuerengel kennt und daher einen Hauch Innovation verspricht. Die ersten paar Dutzend Seiten gestalten sich als spannend, zumindest lesenswert. Wir erfahren, wie Harper sich in einem Krankenhaus um Dragonscale-Erkrankte kümmert. Deren Abschottung von der Gesellschaft wird im Laufe der Seiten immer deutlicher. Denn, logisch, wer ist auch sonderlich erpicht darauf, dass sein Nachbar plötzlich nicht nur sich selbst, sondern gleich die ganze Wohnung und letztlich das gesamte Wohnhaus in Brand steckt? Die Infizierten sind nicht nur eine Gefahr für sich und die direkten Angehörigen wie Bekannte, sondern für ganze Häuserblocks. Bald stehen ganze Städte oder gar Länder in Brand, Italien ist beispielsweise längst von einer Rauchwolke verschluckt worden. Die Prämisse ist unglaublich interessant – und krankt doch schnell am Erzählvermögen Hills. Den habe ich in seinen letzten Publikationen als sehr atmosphärisch malenden Schriftsteller kennengelernt. Umso enttäuschter bin ich ob des Textes, den er hier abliefert. Ein Schauer der leisen bis sehr akuten Bedrohung möchte sich bei mir nicht einschleichen. Zu lapidar berichtet Harper von der Gefahr, zu emotionslos wird es dargelegt. Harper wirkt wie eine Schlafwandlerin, die das alles nur schemenhaft erlebt ohne wirklich dabei zu sein. Nicht etwa aufgrund eines Traumas, sondern aufgrund der erzählerischen Undichte. Viele Dinge und Verfahren für oder vielmehr gegen Dragonscale wirken für mich zudem irrational. Ich als Laie würde Infizierte, die jederzeit in Flammen aufgehen können, vielleicht nicht mit nur geringer Aufsicht in Krankenhäusern zusammenpferchen. Da bedarf es mehr Vorkehrungen – und seien es nur Löschdecken, Feuerlöscher oder mindestens das Entfernen allzu brennbarer Materialien. Und das sind nur die offensichtlichsten Aspekte. Generell ist mir die Dichte an Fahrlässigkeiten viel zu hoch. Fast schwerer noch als die mangelhafte Atmosphäre wiegt für mich die Leere der Protagonistin. Harper reflektiert kaum. Sie denkt kaum. Sie versteht kaum. Sie erscheint mir tumb wie ein Stück Toastbrot – mit immerhin einer Scheibe Salami als Belag. Selbst als ihr Mann ihr wiederholt metaphorisch mit einem Morgenstern das Herz eindrischt, tangiert sie das nur sehr kurz – und äußerst dumpf. Als wären ihre Gefühle in meterdicke Schichten Watte gepackt. Ich rede nicht davon, aus ihr ein emotionales Wrack oder gar eine „Heulsuse“ zu machen. Aber diese stupide Stumpfheit raubt mir immer wieder den Nerv, von dem ich noch eine Seite zuvor geglaubt hatte, es wäre mein letzter gewesen. Von dieser Protagonistin aus ist es nur ein kleiner Schritt zu einem Plot, der sehr viele Längen kennt. Gerade der Mittelteil hätte um mindestens 300 Seiten gekürzt werden können. Nichtsdestotrotz findet man in einigen Kapiteln interessante Nebenstränge, manchmal sogar sehr schöne philosophische Ansätze. Man lernt vielschichtige Figuren kennen. Gut. Manche derer zeigen dezente Anwandlungen geistiger Abwesenheit, doch der Großteil der Personen sind nette Teilaspekte dieses doch eher gemäßigten Ganzen. „Fireman“ ist ein Roman, der von den meisten Kritikern gelobt wird, in mir jedoch keine Freundin findet. Zu stumpf ist mir die Protagonistin, zu porös die Atmosphäre, zu zäh der Plot. Dennoch liefert der Roman einige spannende Anklänge und „Dragonscale“ an sich ist eine Krankheit, die ich als äußerst gelungen bezeichnen würde – aus kreativer Autorensicht selbstverständlich. „Durchschnitt“ möchte ich diesen Roman nennen. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

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