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Rezension zu
Und wenn die Welt verbrennt

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Zum Schluss enttäuschend

Von: Sonne
14.11.2017

Er ordnet die Kreide vor sich neu und schiebt einige Farben ein Stück nach vorne. Sind das meine Farben? Die Aufregung sammelt sich in meinem Magen, und ich wünsche mir ein Stück Plopp-Folie, um mich beim Zerdrücken der Blasen zu beruhigen. Dann schaut er auf, und er sieht nicht mein Gesicht an, sondern mich. Das Gefühl ist sofort da: Wie ein Gummiband um meine Brust, das sich spannt, je länger er den Blick hält. Ich schaue zurück, solange ich kann, dann blicke ich weg. "Das war schon richtig", sagt er. "Schau einfach zu mir." Also sehe ich wieder zu den blauen Augen. -- INHALT: Auf der Flucht vor den Schrecken ihrer Vergangenheit ist Alisa in München gelandet, aber wirklich eingelebt hat sie sich nicht - was vor allem daran liegt, dass sie anderen Menschen nach Möglichkeit aus dem Weg geht. Bis sie auf Felix trifft, der mit Kreide Bilder auf dem Asphalt entstehen lässt. Schnell finden sie eine Verbindung zueinander, denn sie beide haben das Gefühl, endlich einmal wirklich gesehen zu werden. Doch es dauert nicht lange und Alisa wird von ihren vergangenen Handlungen und ihren Schuldgefühlen eingeholt. In dem Versuch, Felix vor der Wahrheit zu bewahren, macht sie alles nur noch schlimmer... MEINE MEINUNG: Auch wenn mich Ulla Scheler mit ihrem Debüt Anfang des Jahres (bzw. hauptsächlich mit dessen Ende) nicht vollends überzeugen konnte, ist mir ihr beeindruckend wortgewandter Schreibstil in Erinnerung geblieben. "Und wenn die Welt verbrennt" beeindruckt mit einer ebenso lebendigen Sprache, die inbesondere in den Szenen, die sich um Kunst drehen, wunderbar zur Geltung kommt. Die beiden Protagonisten erzählen abwechselnd aus der Ich-Perspektive von ihren Erlebnissen, wobei Felix' Kapitel im Präteritum und Alisas im Präsens verfasst sind, was sich mir leider nicht ganz erschlossen hat. Sie spricht auch immer wieder eine Person, "Kleiner Käfer", mit Du an, was was zwar im Prinzip Sinn ergibt, aber meistens wie ein überflüssiges Stilmittel wirkt. Wie so oft in Büchern wie diesem hat einer der Hauptcharaktere ein schwerwiegendes Geheimnis - in diesem Falle ist das Alisa. Aus Angst davor, dass ihre Vergangenheit ans Licht kommen könnte, hält sie sich so gut es geht von anderen Menschen fern und stößt diese im Extremfall auch von sich. Sie lernt im Laufe der Handlung, langsam wieder mehr Vertrauen zu fassen, aber ihre ewige Geheimniskrämerei, die sich noch bis kurz zu Schluss zieht, ging mir irgendwann auf die Nerven. Felix ist das genaue Gegenteil von Alisa: Er hat keine Schwierigkeiten, sich an andere Menschen zu binden, und so ist er größtenteils die treibende Kraft hinter der Beziehung. Allerdings ist er sehr schnell eingeschnappt und eifersüchtig, und er trifft besonders auf den letzten 100 Seiten so einige Entscheidungen, die nicht nachzuvollziehen sind. Seine beste Freundin Olli und "Kleiner Käfer" sind die wohl interessantesten Figuren, gehen aber in der Dramatik der Protagonisten einfach zu oft unter. Sieht man von den Schwächen der Figuren ab, werden die Sorgen beider Protagonisten durchaus gut beleuchtet - insbesondere Felix' Angst, einfach nicht gut genug im Zeichnen zu sein und niemals gegen seinen erfolgreichen Bruder anzukommen, weswegen er sich immer wieder in Zweifel flüchtet. Ebenso dreht sich vieles um häusliche Gewalt und Verlust, Themen, die größtenteils sensibel angesprochen werden. Stück für Stück wird Alisas Vergangenheit offenbart, wodurch sich eine gewisse Spannung hält - aber da man sich irgendwann das Puzzle selbst zusammen setzen kann, hätten die Details auch früher offenbart werden können. Vor allem aber hatte ich meine Schwierigkeiten damit, Alisas frühere Taten und Erlebnisse einfach so hinzunehmen, ohne mir über das moralische Dilemma Gedanken zu machen - was Felix ganz eindeutig nicht tut. Das Ende wirkt sehr gehetzt, ohne rechten Abschluss, was sich erklärt, wenn man in der Danksagung liest, welche Schwierigkeiten die Autorin mit dem Buch hatte. Am Schluss fehlt die erforderliche Auseinandersetzung mit einer Straftat, die eigentlich die gesamte Handlung prägt; stattdessen wird das Problem einfach übergangen - und das ist weder wirklich realistisch noch sinnvoll. FAZIT: Ulla Scheler hat einen wunderbaren Schreibstil, der mich immer wieder beeindruckt - aber ihren Geschichten fehlte es für mich bisher jedes Mal an einem guten Ende, das offensichtliche Probleme nicht einfach als gegeben hinstellt. "Und wenn die Welt verbrennt" spricht wichtige Themen an, setzt diese aber nicht konsequent genug um. 3 Punkte.

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