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Rezension zu
Artemis

Altbekannter Plot in neuem Setting

Von: Gwees Bücherwelt
26.04.2018

Vom Mars zum Mond. Mit seinem Debütroman und Bestseller „Der Marsianer“ hat Andy Weir große Wellen geschlagen und schließlich auch mein Herz erobern können. Es ist also kaum verwunderlich, dass meine Erwartungen an seinen neuesten Roman „Artemis“ hoch waren. Mark Watneys Geschichte strotzt vor Originalität. Statt einen Kampfs ums Überleben zu beobachten, taucht der Leser diesmal in ein gefährliches Macht- und Intrigenspiel in einer auf dem Mond errichteten Stadt ein. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass der Roman es mir nicht schwergemacht hätte. Die Geschichte beginnt wirklich langsam und der Leser verbringt erst einmal viel Zeit mit der Protagonistin Jazz, um ihren Alltag und ihre Eigenheiten kennenzulernen. Im Grunde nimmt der Klappentext bereits die Hälfte der Handlung vorweg. Dennoch passiert wirklich viel. Das ändert allerdings nichts daran, dass der Plot leider an vielen Stellen vorhersehbar und im Grunde nichts Neues ist. Das einzig neue Element ist der Mond als Setting. Dadurch hat es der Autor schwer, den Leser bei der Stange zu halten, schafft es aber durch die intensive Involvierung des Settings als maßgebliches Element der Geschichte. Dieses wirkt sehr realistisch, ist liebevoll ausgearbeitet worden und die vielen technischen Details unterstützen die authentische Wirkung. Ich persönlich fand die vielen technischen Aspekte auch gut eingebracht, so dass auch eine Laie gut mitkommt und sich nicht durch seitenweise chemische Erläuterungen und derlei kämpfen muss. Wie gesagt, die Handlung an und für sich ist als Rahmen nichts Neues und die Schwäche des Romans liegt leider auch darin, dass sie sehr konstruiert wirkt, wenn auch trotzdem interessant und spannend. Aber beim Lesen hat man immer dieses Gefühl, dass alles sich perfekt ineinanderfügt und das kann gutgehen und begeistern, aber hier stört es eher. Das Weltall als Schauplatz hat im Grunde auch die größten Anteile der Spannung erzeugt. Anfängliche Probleme hatte ich vor allem mit der Protagonistin Jazz. Ich will nicht unbedingt sagen, dass sie Mark Watney in weiblich ist, aber sie ist genauso eine Sprücheklopferin, sehr intelligent und sie ist einfach extrem burschikos geraten. Da bleibt der Vergleich nicht aus. Leider ist sie auch überhaupt nicht mein Fall. Ein typischer Fall von Genie, die ihr Potenzial vergeudet. Sie ist unnahbar und an manchen Stellen konnte ich ihre Entscheidungen nur schwer nachvollziehen. Trotzdem wird sie über die Zeit hinweg sympathischer und war durchaus erträglich. Sie wird nur leider sehr radikal dargestellt, gerade wenn man sie in Kontrast zu ihrem Vater setzt. Beide sind gebürtige Saudi-Arabier und während Jazz‘ Vater das auch auslebt und gläubiger Moslem ist, ist Jazz nicht nur kriminell, sondern trinkt auch und holt sich ständig Männer ins Bett. Das wird zudem immer wieder betont. Generell findet sich hier eine sehr stereotype Zeichnung der Charaktere. Die Beziehung zwischen den Charakteren ist allerdings gelungen ausgearbeitet, auch wenn der Autor (oder vielleicht auch nur die Protagonistin) an manchen Stellen übertreibt. Trotzdem konnte ich einige Charaktere, vor allem den Wissenschaftler Svoboda, ins Herz schließen. Watney gelingt es aber trotz aller der Stereotype, von der typischen Charakterisierung schwuler Charaktere abzuweichen, was ich wiederum sehr positiv und vor allem erfrischend fand. Sehr beeindruckend ist die Intelligenz der Protagonisten, die aber auch nicht aufgesetzt wirkt – außer vielleicht bei Jazz, was bei ihr allerdings auch daran liegt, dass sie so herausragend begabt ist und es nicht nutzt. Weirs Schreibstil hat mir auch hier wieder gut gefallen. Gerade auch seine humorvolle Art zu schreiben wirkt sehr anziehend. Die Konstruktion der Handlung scheint leider deutlich durch, aber stellt nur einen geringen Abbruch zum Unterhaltungsfaktor dar. Die Erklärungen zu diversen Informationen, wie z.B. zum Schweißen auf dem Mond, sind zwar manchmal etwas tief in die Materie gehend, aber dennoch verständlich. Man hat als Leser das Gefühl, etwas dazuzulernen. Jazz Bashara ist als Ich-Erzählerin – wie man bei ihrem Charakter bereits vermuten kann – nicht nur nicht auf den Kopf, sondern auch nicht auf den Mund gefallen. Es kommt also durchaus auch mal zu Flüchen und derlei. Für mich ist dieser Roman wie eine Medaille mit zwei Seiten. Einerseits habe ich es genossen, andererseits hat es mich aber an einigen Stellen genervt oder nicht wirklich mitreißen können, was gerade auch am etwas zähen Mittelteil lag. Man muss mit Jazz umgehen können und die wenig innovative Handlung tolerieren, dann ist der Roman durchaus unterhaltend und man kann viel Spaß damit haben. Gerade die Nebencharaktere sind an vielen Stellen eine schöne Bereicherung für die Geschichte und Weltall-Freunde dürften trotz allem begeistert sein. Denn auf Artemis wird es Dank Jazz ziemlich brenzlig. Fazit: „Artemis“ ist ein Roman, den man lesen kann, aber nicht zwingend muss. Die Geschichte ist rund, die Charaktere passen ins Bild und der Spannungsfaden steigt vor allem am Ende rasant an. Mark Watney-Fans sollten allerdings ihre Erwartungen runterschrauben, denn mit Weirs Debütroman kann das Buch nicht mithalten. Es ist aber nicht nur eine vergnügliche Unterhaltung, sondern wieder gespickt mit wissenschaftlichen Informationen. Inhalt: 3/5 Charaktere: 4/5 Lesespaß: 3/5 Schreibstil: 4/5

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