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Rezension zu
Der Verrat

Familiendrama um Schuld, Neid und Liebe

Von: Laberladen Blog
31.01.2019

Darum geht's: Nach vielen Jahren im Gefängnis ist Ariane, genannt Nane, endlich auf Bewährung frei. Ihre Schwester Birgit hilft ihr mit Wohnung und Job, doch ihre andere Schwester Pia möchte am liebsten überhaupt keinen Kontakt mehr zu Nane haben. Obwohl sie ihre Strafe verbüßt hat, hat Nane sich selbst noch nicht vergeben. Sie braucht endgültig Klarheit über die Einzelheiten der Mordtat, die sie begangen hat und dabei können ihr nur ihre Schwester Pia und deren Mann Thomas helfen. Und wenn Pia und Thomas sich weigern, die Vergangenheit wieder aufzurollen, dann muss Nane sie eben dazu zwingen. So fand ich's: "Der Verrat" blickt durch zwei Zeitebenen auf die drei Schwestern Arnholdt und die Winzerfamilie von Manthey, die mit einander verstrickt sind und auch so manche Geheimnisse miteinander teilen. Relativ schnell werden ziemlich viele Personen aus mehreren Generationen vorgestellt. Ich hatte anfangs ein paar Orientierungsprobleme, da die meisten von ihnen eher oberflächlich skizziert wurden und ich dazu neigte, sie zu verwechseln oder nicht mehr genau zu wissen, wer das nun wieder war. Nachdem ich mir einen Stammbaum gezeichnet hatte, war dieses Problem allerdings behoben. Informationen fließen erst nach und nach und ich musste mich langsam zurechtfinden. Auch wichtige Fakten, z. B. wen Nane denn nun umgebracht hat, bekommt man erst langsam und häppchenweise geliefert. Die beiden Handlungsstränge von 1997/98 und 2018 mit den gleichen Personen waren für mich gleichermaßen interessant. Ich fand es spannend, das Leben im Heute zu sehen, wie sich frühere Sympathien oder Verletzungen auf das aktuelle Leben ausgewirkt haben, (noch) ohne zu wissen, was in der Vergangenheit passiert ist. Gleichzeitig wird diese Vergangenheit vor uns aufgerollt. Manches passt nicht zusammen, anderes von Anfang an nur zu gut. Manche Figuren sind emotional, impulsiv und in gewisser Weise getrieben, werden zum Stalker oder Intriganten und manche Enttäuschungen und Lebensbrüche führen zu einem Verhalten, das man zwar nicht immer gutheißt, aber doch die Motivation dahinter versteht. Gerade wenn es um Familie geht, gibt es oft Konkurrenz und einen subtilen Kampf um den eigenen Platz im Gefüge und das wird hier sehr greifbar erzählt. Niemand von den Beteiligten trifft immer die richtigen Entscheidungen. Der vermeintlich leichte Weg entpuppt sich als Sackgasse. Man lebt mit Schuld und Verletzungen. Eigentlich war keine der Figuren rundherum sympathisch und liebenswert, alle hatten ihre Schwächen und verhielten sich in meinen Augen regelmäßig falsch, egoistisch oder durchgeknallt. Doch das machte die Erzählung umso lebensnäher, die Figuren umso menschlicher, für meinen Geschmack allerdings manchmal einen Tick zu übertrieben. Sie sind kein Idealbild eines Menschen, sondern reagieren manchmal souverän, dann aber wieder kindisch und unvernünftig. Da sie es alle nicht wirklich schaffen, sich von den Verwicklungen und persönlichen Verletzungen zu distanzieren, bleiben sie teilweise unberechenbar und halten bis zum Schluss ein paar Überraschungen bereit. Das Ende war für meinen Geschmack zu moralisch und wollte zu sehr einen runden, perfekten Abschluss. In diesem Fall wäre es mir tatsächlich lieber gewesen, wenn es nicht für alles eine wie auch immer geartete "Lösung" gegeben hätte. Da ich überhaupt kein Freund von offenen Enden bin, erstaunt mich selbst, dass ich mit diesem Eindruck das Buch zugeklappt habe. Der Schreibstil von Ellen Sandberg (hinter der sich die Krimiautorin Inge Löhnig verbirgt) ist routiniert und souverän und macht es einem leicht, an der Handlung dranzubleiben und auch die etwas langatmigeren Passagen flott wegzulesen. Auch wenn es keine nervenzerfetzenden Actionszenen gibt, sondern die Spannung sich eher aus den zwischenmenschlichen Verflechtungen ergibt, haben mich gerade die intensiven, übersprudelnden Emotionen, die sich teilweise hinter analytischer Kälte verstecken, bei der Stange gehalten. Ein lesenswertes Familiendrama, das mich trotz kleiner Mängel insgesamt gut unterhalten hat und in die teilweise tragische Familienggeschichte hat eintauchen lassen. "Der Verrat" ist zwar nicht direkt ein Krimi, denn es gibt keinen Ermittler, tendiert aber doch in diese Richtung und war damit genau mein Lesegeschmack.

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