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Rezension zu
Gespräche mit Freunden

Das Gefühl einer ganzen Generation

Von: Bücherfluss
05.08.2019

Wie alles im Leben beginnt es mit einer einzigen harmlosen Begegnung. Die zwei Studentinnen Frances und Bobby, beide waren lange Zeit ein Paar, treffen am Ende einer ihrer Spoken-Word- Veranstaltungen auf das Ehepaar Melissa und Nick. Melissa, bekannte Fotografin und Teilzeit-Schriftstellerin, entschließt sich ein Essay über Frances und Bobby zu schreiben, Bobby ist fasziniert von Melissa, Frances verliebt sich nach und nach in Nick, einen berühmten Schauspieler. Aus der anfänglichen Freundschaft entwickelt sich sukzessive eine Ménage-à-quatre - und der Beginn der ganz großen Katastrophe. Es erinnert beinahe ein bisschen an ein Theaterstück von Yasmina Reza - die Personenzahl ist überschaubar, die Location spielt eine eher nebensächliche Rolle, die Interaktion zwischen den Charakteren schaukelt sich immer weiter hoch, die Tragödie konstant im Blick. Es ist ein Debüt, das man so nicht unbedingt erwartet hätte, Sally Rooney gelingt der Paukenschlag des Jahres. Mit "Gespräche mit Freunden" beschreibt sie das Lebens Gefühl einer ganzen Generation und lässt die zu Wort kommen, die ab und an doch gerne belächelt werden: die Millennials. Unentschlossenheit, Unsicherheit, Wankelmütig - es gibt viele Adjektive, die dieser Generation zugeordnet werden und nun bietet Rooney genau jenen die Möglichkeit, sich in ihrem Roman in voller Gänze zu präsentieren. Nachrichtenaustausch bis spät in die Nacht, Abnabeln von den Eltern, die erste ganz große Liebe, berufliche Unsicherheit. Frances und Bobby stellen stellvertretend die Fragen einer ganzen Altersklasse, ihr holpriger, an manchen Stellen etwas unsicherer, Weg zu den Antworten ist Kernthema und roter Faden der Erzählung. Dabei bewegt sich vor allem Frances durchweg in einem Spannungsfeld aus Selbstzweifeln und kühnem Optimismus, ist unsicher in ihren Handlungen, eher die Beobachterin, als aktiv handelnd. Dem gegenüber hat Bobby ihre festen Prinzipien, ist immer im Mittelpunkt des Geschehens, ihren Standpunkt vehement vertretend. Es sind diese Kontraste, kombiniert mit der Liebe, die die beiden Frauen miteinander verbindet, die den Roman aus der Menge herausstechen lassen. Und nicht nur das - Rooneys Schreibstil ist anders. Sie ist laut, wild, provokativ und unberechenbar. Ihren Protagonisten legt sie die ganz großen gesellschaftlichen Themen in den Mund: Feminismus, Politik, Sex, Liebe und Freundschaft. Rooney lässt kein Thema aus, schreibt scharfsinnig und präzise über Ängste, Hoffnungen und Verluste. Dabei entwickelt ihre Geschichte nach und nach einen Sog, der sich gegen Ende immer mehr zuspitzt und den Leser in einem literarischen Strudel gefangen hält. Momente zum Luftholen gibt es wenige - weder für die Protagonisten, noch für den Leser. Psychologisch präzise legt sie das Gefühlsleben ihrer Figuren offen, lässt sie leiden und verzweifeln, schreibt mit messerscharfen Blick und legt den Augenschein auf genau die Charaktereigenschaften, die sonst gerne im Dunklen gehalten werden. "Gespräche mit Freunden" ist ein Roman, der den Leser unterhält - auf intelligente, durchdachte und literarische Art. Es ist ein Roman, der den Leser in die eigene Jugend zurückversetzt und es dabei schafft, für kurze Zeit ein ganz bestimmtes Gefühl zu kreieren: Das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten, ohne die permanente Angst vor dem freien Fall.

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