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Rezension zu
Alles richtig gemacht

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Ostseestürme und Großstadtwinde

Von: Michael Kuhl
26.10.2019

Die Drogerie Piepenburg ist nicht nur Goldgrube, sondern Institution. Betrieben von Großvater Piepenburg und Papa Piepenburg, soll Thomas Piepenburg, einziger Spross der Familie, die Drogerie selbstverständlich übernehmen. Die Drogerie Piepenburg samt Haus und Familie ist ein Überbleibsel hanseatischer Bürgerlichkeit. Die Herderstraße zwischen Hauptbahnhof und Altstadt – weit weg von Lütten Klein und Groß Klein und Lichtenhagen. Als Herr Seiters en passant im Bonner Heli sitzt und die BILD vom vollen Boote titelt, sitzen Thomas und sein Freund Daniel irgendwo in der Fischbank und trinken Hafenbrühe. Hafenbrühe, die jetzt Lübzer heißt. Szenenwechsel: Kriminalgericht Moabit! Dr. Piepenburg verhandelt und gewinnt. Als seine Kollegin ihm beim Mittagstisch in der Kirchstraße eröffnet, er möge sich dem Dicken Iwan annehmen, beginnt eine Woche von rosig-heiß bis feucht-fröhlich und zurück. Feucht-fröhlich in Lübars. Auf Entschlackungskur für Semikriminelle. Was solls, Dr. Piepenburg! Frau weg, Kinder weg. Dafür mit Wein in fragwürdiger Gesellschaft, die – ganz klar – alles richtig macht. 30 Jahre nach dem Mauerfall haben Ost-Romane Hochkonjunktur. Und das zu Recht. Denn was Thomas Piepenburg zu berichten hat, ist ehrliches Leben der 2½.-Generation Ost. Geboren in den Restbeständen behaglicher Bürgerlichkeit. Aufgewachsen und sozialisiert im linksliberalen Studentenmilieu der Hansestadt Rostock. Und später der großen Stadt Berlin. Thomas Piepenburg lebt das Leben einer Generation mit Brüchen, die er recht schadlos übersteht. Gregor Sander schreibt auf 239 Seiten von der Jugend in der untergehenden DDR. Vom alten Ostberlin, dass immer hipper und hipper wurde: „Da haben sie letztes Jahr Town Houses in den Garten gestellt. So Schlumpf-Einfamilienhäuser mit jeweils einem tischtennisplattengroßen Garten. Warum wollen eigentlich die Leute in Berlin Mitte wie am Stadtrand von Hannover wohnen?“ (S. 199). Gregor Sander stellt große Fragen im Kleinen. Packt in ‚Alles richtig gemacht‘ nicht zu viel und nicht zu wenig. Klug erzählt der Autor von zwei Freunden, die im Grund ihr Leben zusammen verbringen. Der eine hier – der andere dort. Und dazwischen Frauen, Kinder, die U-Bahn über der Schönhauser und das neue alte Botschaftshaus in der Esplanade. ‚Alles richtig gemacht’ ist ein Roman, der nicht nur im Herbst Spaß macht. Sanders Sprache besitzt genügend Humor, um den ganzen Osten über den Winter zu bringen. Geschichten ohne Wehmut. Und wenn doch, dann so subtil, dass selbst Wehmutsliebhaber sie suchen, um zu lachen. ‚Alles richtig gemacht‘ ist kein Scherz. ‚Alles richtig gemacht‘ ist ein Roman über Jugendkultur in den 80ern. Über den langweiliges Mitte-Mitte und den Prenzlauer Berg, bevor er Ödland wurde. Über den Wedding und die Insel Moabit. Über (Ost-)Berlin, über gaaaaanz viel Familie und gaaaaanz viel Menschelei. Über ein schönes Leben in warmherziger Selbstironie, dass dieser Roman unter Weihnachtbäumen liegen sollte und wird!

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