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Rezension zu
Eiskalte Hölle

Bitte mehr von der Commissaria

Von: Buch SUCHT Blog
29.12.2019

Der Start in den neuen Job hätte nicht schlechter verlaufen können. Bereits am ersten Arbeitstag tritt Ispettore Marini, der Neue im Team von Commissario Battaglia in jedes Fettnäpfchen, das er findet kann. Zuerst verwechselt er seine neue Vorgesetzte Teresia Battaglia mit einem Kollegen, da ihm nicht klar ist, dass sich hinter „Commissario Battaglia“ eine Frau verbirgt, dann hat er die komplett falsche Kleidung für einen Tatort in den norditalienischen Alpen Ende November an und mit der aggressiven Art seiner neuen Chefin, die ihn regelmäßig spüren lässt, dass sie ihn für inkompetent hält, kommt er überhaupt nicht klar. Und auch der erste Fall hat es in sich: in der Nähe des Bergdorfes Travenì wird die nackte Leiche des Ingenieurs Roberto Valent gefunden, dem die Augen mit bloßen Händen herausgerissen wurden. Dass die Bewohner des Dorfes allen Menschen, die von außerhalb kommen, misstrauen, macht die Ermittlungen auch nicht leichter. Teresa Battaglia, die Chefin des Ermittlerteams, hat mich von Anfang an komplett überzeugt. Mit Mitte 60 ist sie deutlich älter als sonst übliche Ermittler. Sie ist aggressiv, hart zu sich und zu ihren Mitarbeitern und den sprichwörtlichen weichen Kern sucht man fast immer vergebens. Nur, wenn sie mit Kindern spricht, zeigt sie, dass sie ein Herz hat. Sie ist Diabetikerin, wurde als junge Frau Opfer häuslicher Gewalt und leidet an einer nicht näher benannten Krankheit (Demenz?), die sie immer mehr einschränkt. Sie nimmt weder auf sich noch auf ihre Mitmenschen Rücksicht, erwartet aber auch, dass man keine Rücksicht auf sie nimmt. Massimo Marini, der Neue im Team, ist die zweite Hauptperson des Romans. Über seine Gründe, sich in die Provinz versetzen zu lassen, ist nicht viel bekannt. Er kämpft um die Anerkennung der Commissaria, versteht anfangs nicht, warum sie ihn so schlecht behandelt und fühlt sich durch die Missachtung seiner Chefin herausgefordert, so dass er ihr unbedingt zeigen will, was in ihm steckt. Die restlichen Mitglieder des Ermittlerteams bleiben leider etwas farblos, lediglich der Chefpathologe Antonio Parri, mit dem Battaglia eine jahrelange berufliche Freundschaft verbindet, hat ein wenig mehr Profil. Da erhoffe ich mir in den hoffentlich folgenden Romanen um die Ermittlerin mehr Tiefgang, gerade, was die Nebendarsteller angeht. Das gleiche gilt leider für einen Großteil der Dorfbewohner, die ebenfalls sehr blass bleiben. Hier stechen nur der Dorfarzt und der Chef der örtlichen Gendarmerie heraus, der aus einer Mischung von falsch verstandener Loyalität zu den Dorfbewohnern und Inkompetenz die Ermittlungen eher behindert als unterstützt. Eine weitere Ausnahme bilden die vier Kinder Mathias, Lucia, Diego und Oliver, die eine entscheidende Rolle in der Geschichte um den brutalen Mörder spielen. Herausragend aber ist der Täter, der psychologisch einer der spannendsten Mörder ist, die ich seit langem in einem Thriller oder Krimi getroffen habe. Er verkörpert viele scheinbar widersprüchliche Facetten, die sich in der Auflösung des Falles zu einem stimmigen Ganzen zusammenfinden. Überhaupt liegt die Stärke dieses Debütromans in der Psychologie, die den Handlungsweisen der einzelnen Akteure zugrunde liegt und in der Schilderung der archaischen Welt des Bergdorfes mit seinen für Fremde schwierig zu verstehenden Mythen und Ritualen. So ist der jungen italienischen Autorin ein verheissungsvoller Auftakt einer Thrillerreihe gelungen, der allerdings noch Luft nach oben hat. Hier hoffe ich auf eine Steigerung in den möglichen Fortsetzungen. Ein zweiter Teil der Reihe ist kürzlich in Italien erschienen. Etwas schade finde ich, dass der Verlag mit „Eiskalte Hölle“ einen absolut nichtssagenden Titel gewählt hat. Hier hätte ich mir etwas mehr Mut gewünscht, zumal der Originaltitel „Fiori sopra l’inferno“ (Blumen über der Hölle) wesentlich poetischer klingt.

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