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Rezension zu
Im Zeichen der Mohnblume - Die Schamanin

brutal, blutig, unheldenhaft, unmoralisch - und doch voller Freundschaft, Hoffnung und dem Willen das Richtige zu tun.

Von: Kleinerbüchernerd
06.03.2020

Rin ist eine sehr starke Protagonistin, die ganz klare Ziele vor Augen hat und diese teilweise ziemlich stur verfolgt. Nicht immer geht sie mit diesen auch öffentlich hausieren, sondern benutzt auch mal ihre Mitmenschen ganz bewusst um beispielsweise die Aufnahme in die Eliteakademie zu schaffen oder zu einer sehr mächtigen Kriegerin und Schamanin ausgebildet zu werden. Sehr früh im Buch führt sie auch eine vielleicht verstörende Aktion mit sehr weitreichenden Folgen durch um ein für alle Mal zu verhindern ihren Mitstudenten an der Akademie als Frau unterlegen oder benachteiligt zu sein. Ich musste da erstmal Schlucken, aber es zeigte ihren eisernen Willen und ihre Verbohrtheit um jeden Preis das sich gesetzte Ziel zu erreichen. Auch später im Laufe der Geschichte wird Rin einige sehr unmoralische und fragwürdige Entscheidungen treffen, die sich letztendlich auch auf diese eine Tatsache und Charaktereigenschaft zurückverfolgen lässt. Für mich wirkt sie dadurch kongruent und gerade deswegen sympathisch, weil sie einfach nicht perfekt ist. Sie beeinflusst durch falsche Entscheidungen die Geschichte im negativen Sinne und es scheint, als hat sie durch ihre Eigenschaften die Handlung in eine Richtung entwickelt, die man so vorher vielleicht gar nicht vorhergesehen hat. Rin hat aber keine Wahl gelassen. Damit bleibt es spannend und unvorhersehbar. Die Abwechslung zwischen historischen Hintergründen, welche die Welt erklärt und Schritt für Schritt aufgebaut haben, sowie dem Fortschreiten der Geschichte war in meinen Augen genau perfekt dosiert. Anfangs, in der Eliteakademie, wurde die Historie besonders der vergangenen Kriege und der Götter im Rahmen von Schulstunden, Erklärungen der Professoren oder Rins Recherchen aufgegriffen. Generell waren die geschichtlichen Sequenzen immer sehr gut in die Handlung verflochten und gut verpackt. Rebecca F. Kuang hat zwar einen durchaus Seitenreichen Roman geschrieben, jedoch gibt es eigentlich keine "trockenen Durststrecken". Die Entwicklung des Krieges war für mich immer wieder überraschend und schockierend. Ich hatte das Gefühl ich wär mittendrin dabei, so greifbar hat Kuang alles beschrieben. Durch den Klappentext war der rote Faden dieses ersten Teils der Reihe zwar bekannt, aber es ist noch sehr viel mehr drumrum passiert. Die Zeit an der Schule war mit einigen klassischen Klischees gefüllt, welche auch bereits bspw. in Harry Potter genutzt wurden. Der eine Schüler, dem alles zufällt und dadurch eher ein Aussenseiter ist und sich gut mit der Protagonistin versteht, welche durch ihre Herkunft ebenfalls ausgegrenzt wird. Der andere Schüler, der sich durch seine elitäre Herkunft alles herausnehmen kann und von Tag eins der "Feind" ist und immer wieder mit der Protagonistin anlegt. Trotzdem war es nicht langweilig und ich habe ständig darauf gewartet, was jetzt den "Fantasy" Teil des Buches ausmacht. Mir hat gerade so gut gefallen, dass es eine eher unterschwellige "Magie" ist und der Rest der Handlung und des Settings dadurch nicht weit hergeholt wirkt. Trotz allem ist sie nicht zu verachten. :) Es gibt einige Charaktere, die mir neben Rin ans Herz gewachsen sind. Dazu gehören besonders der schrullige Lehrer Jiang, der in seiner merkwürdigen Art Rin immer wieder dazu antreibt über sich hinauszuwachsen. Kitay, ihr schlauer bester Freund und Verbündeter aus der Eliteschule. Interessant fand ich vor allem die Entwicklungen von Nezha, welcher in der Schule Rins Rivale ist aber später eine etwas andere Rolle einnehmen wird. Altan war für mich der faszinierendste Charakter. In der Schule trat er als der perfekte Musterschüler der oberen Jahrgänge auf, den alle bewunderten. Im Krieg treffen Rin und Altan wieder aufeinander. Ihr Verhältnis und die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander ist in feinster Weise so wie ich es mir erdacht hätte und hat mich immer wieder überrascht. Und nein, dieses Buch wird nicht von einer Liebesgeschichte bestimmt, ganz im Gegenteil. Nach der Schulzeit bestimmt der ausgebrochene Krieg den zweiten Teil des Buches, beziehungsweise die Belagerung einer Stadt. Da der Fokus nicht auf den kriegerischen beziehungsweise kämpferischen Handlungen liegt, sondern eher auf den politischen Machenschaften und Manipulationen untereinander, hatte ich nicht dass Gefühl ein richtiges "Kriegsbuch" zu lesen. Bei diesem Buch handelt es sich ohne Frage um eine Fantasy Reihe für Erwachsene. Die Autorin beschönigt absolut gar nichts und beschreibt teilweise sehr ausführlich die Kriegsverbrechen wie exzessive Folter und Vergewaltigungen. Noch mehr wär mir tatsächlich irgendwann zu viel gewesen, doch war es genau passend und irgendwie angemessen um gewisse Szenen zu beschreiben. Sie nehmen nicht viel Raum im Buch ein, sind für sich alleinstehend allerdings sehr intensiv, blutig und brutal. Nicht zu vernachlässigen ist auch das stetig wiederkehrende Thema der Drogennutzung und des Drogenmissbrauchs. Anfangs als Trigger zur Bewusstseinserweiterung um mit den Göttern zu kommunizieren; allerdings ist es oft nur ein schmaler Grad um in die Abhängigkeit zu rutschen. Für diese Themen empfindliche Leser sollten es sich vielleicht überlegen, ob sie zu diesem Buch greifen möchten. Spannend fand ich den Umgang mit den Religionen und welche Rolle die Götter eingenommen haben. Die Beschreibung der unterschiedlichen Religionen der sich bekriegenden Völker und auch das Thematisieren von Atheismus oder religionsagnostischem Glauben findet seinen Weg in das Buch. Diese verschiedenen Sichtweisen und wie sich Rin damit auseinandersetzt fand ich sehr modern und bereichernd. Die Autorin Rebecca F. Kuang kommt ursprünglich aus Guangzhou in China, wanderte aber vor 20 Jahren in die USA aus. Sie hat internationale Geschichte studiert und sich hier auf chinesische Militärstrategien, kollektive Traumata und Kriegsdenkmäler konzentriert. Dies, sowie ihr zusätzliches Studium der Sinologie fließen thematisch stark in die Geschichte ein und man merkt, dass sie sich auskennt und hier ihre Leidenschaft liegt. Das Cover des deutschen Buches finde ich sehr gelungen und vor allem super passend zur Geschichte - allerdings im Vergleich zum englischen Originalcover etwas unglücklich. Assoziiere ich mit dem deutschen Cover eher eine romantische Geschichte, vielleicht sogar Romantasy, fängt das englische, eher reduziertere, Cover die Brutalität und den Krieg doch viel treffender ein. Für mich war Im Zeichen der Mohnblume - Die Schamanen ein genialer Reihenauftakt: brutal, blutig, unheldenhaft, unmoralisch - und doch voller Freundschaft, Hoffnung und dem Willen das Richtige zu tun. Insgesamt hat mir gefühlt irgendetwas gefehlt, ohne dass ich es wirklich benennen könnte. Ich glaube, dass Kuang mit der Fortsetzung noch eine gute Schippe drauflegt. Ich kann es kaum erwarten demnächst weiterzulesen - wenn auch auf Englisch, da die Übersetzung noch etwas auf sich warten lässt...

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