Rezension zu
Luftpiraten

Das Hörbuch „Luftpiraten“ von Markus Orths – fulminant gewettert und vielstimmig vorgelesen von Axel Prahl – erzählt eine schöne und spannende Geschichte über ein Findelkind. Wer denkt da nicht auch sofort an das berühmteste Findelkind Jim Knopf? Und ebenso wie bei Jim Knopf wird der Leser und der Zuhörer nicht enttäuscht. Gleich nach den ersten Minuten wird der Zuhörer in eine fantastische Welt hineingezogen. Eine Welt voller streitlustiger Bewohner mit grauer Haut (wie eine Gewitterwolke) und einer Augenklappe über dem rechten Auge: den Luftpiraten. Und weil die Luftpiraten so häufig streiten, herrscht dort oben auch immer dicke Luft. Doch Streiten will gelernt sein. Und wo könnte man so etwas besser unterrichten als in der Schule? Die Erstklässler haben daher neben Donnern, Wutkunde und langweiligen theoretischen Grundlagen der Piraten-Physik auch Streiten auf den Stundenplan. Dabei lernen sie, dass es grundsätzlich nie einen Grund gibt, miteinander zu streiten. Die Gründe für den Streit sind immer aus der Luft gegriffen. Der beste Luftpiratenlehrer ist Adiaba. Und der staunt nicht schlecht, als er plötzlich ein Luftpaket erhält, in dem das wolkenweiße Findelkind Zwolle liegt. Doch das erstaunliche an dem Findelkind ist neben seiner weißen Haut, dass er - sehr untypisch für einen Luftpiraten – friedfertig und freundlich ist. Keine Wutausbrüche, kein Gemaule und nicht übellaunig. Und diese gute Laune ist ansteckend. Das merkt auch Adiaba und schließt den kleinen Kerl rasch ins Herz. Besonders begeistert hat mich, dass der Autor, den Zuhörern – also insbesondere den Kindern - neben einer fantastisch ausgedachten Welt auch persönliche Werte wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft, Mut, Zusammenhalt, Respekt, Toleranz und das Anderssein aufgezeigt. Dabei ist es ihm wunderbar gelungen, diese Themen kindgerecht zu verpacken. Die Geschichte zeigt vor allem, dass das Anderssein überhaupt nicht schlimm ist. Zudem wird den Kindern gezeigt, dass es nie einen Grund gibt zum Streiten. Diese ganzen Wertvorstellungen werden eingesponnen in ein spannendes Abenteuer, umrahmt von lustigen Charakteren. Das Hörbuch ist gespickt mit tollen kreativen Ideen. Seien es die magischen Wesen, die wundersamen Orte oder die vielen originellen Wortneuschöpfungen – der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt. Gleich nach den ersten vorgelesenen Sätzen wusste ich, dass ich einen wahren Kinderbuchschatz für mich entdeckt hatte. Unglaublich wie viel Liebe, Fantasie und Arbeit in diesem Buch steckt. Wovon ich ebenfalls ganz fasziniert bin, sind die Charaktere. Die Luftpiraten mögen sehr grantig und übellaunig sein, aber als Zuhörer hat man sie irgendwie doch ins Herz geschlossen. Ich habe mich köstlich über ihre Auseinandersetzungen amüsiert und musste bei so einigen Dialogen schmunzeln. Neben lauter amüsanten und liebenswerten Charakteren kommen wie in der jeder Geschichte natürlich weniger netten Gestalten vor. Bei ein paar brutalen und etwas ernsteren Passagen habe ich kurz überlegt, ob die Geschichte für Achtjährige geeignet ist. Allerdings darf man nicht verachten, dass auch Märchen ihre grausamen Stellen haben und trotzdem in jedem Kinderzimmer landen. Und wie der Titel „Luftpiraten“ auch schon vermuten darf, geht es bei diesen Gesellen eben manchmal etwas ruppiger zu. Ich persönlich finde, dass die Handlung durchaus zumutbar für Achtjährige ist. Für den Zuhörer ist es eine wahre Freude der Stimme von Axel Prahl zu lauschen, der jedem Charakter eine eigene Stimme gibt und es meisterhaft vorträgt. 5 Stunden und 47 Minuten, die wie der Wind verfliegen und viel zu schnell vorüber sind. Doch kaum ist der letzte Satz vernommen, wird man das Hörbuch von vorne beginnen, denn von diesem Hörbuch bekommt man nicht genug. Über eine Fortsetzung würde ich mich auf jeden Fall riesig freuen!