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Rezension zu
Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep

Über die Macht des Lesens und der Fantasie

Von: Franziska_J
05.05.2020

„Worte auf Papier sind stumm und durchlässig. In der richtigen Stimmung versinke ich in den Räumen zwischen den Buchstaben, die sich dann über meinem Kopf schließen.“ Liest man den Klappentext von H.G. Parrys Erstlingswerk Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep (13.04.2020 bei Heyne), so erinnert der Plot zunächst stark an Cornelia Funkes Tintenwelt-Trilogie: Es gibt einen Beschwörer, der Figuren und Gegenstände aus Büchern herauslesen kann, und es gibt natürlich auch einen klassischen Bösewicht, der mittels Beschwörung versucht, eine neue Weltordnung aufzubauen. Es beginnt ein Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Realität und Fantasie. Doch die zunächst so klar erscheinende Parallele zu Funkes Roman tut dem Buch eigentlich Unrecht. Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep ist doch um einiges komplexer und vielschichtiger als Funkes Kinder- und Jugendbuch. Es ist eine Erzählung über die Macht der Bücher, des Lesens und der Interpretation. Es ist eine Liebeserklärung an die Literatur und die Fantasie, aber zugleich eine Erzählung über zutiefst menschliche Gefühle: über Liebe, Vertrauen, Angst und Mut. „Alles dreht sich um Interpretation, Verstehen, Visualisieren, Verbinden. Im Grunde nichts anderes als Lesen.“ Der Beschwörer ist hier kein Buchrestaurator sondern der liebenswert-chaotische, aber hochintelligenter Literaturprofessor Charley mit einer Vorliebe für Charles Dickens. Da war es im Grunde nur eine Frage der Zeit, bis der unvorsichtige Professor versehentlich einen Bösewicht wie Uriah Heep aus Dickens Meisterwerk David Copperfield herausliest. Das glaubt zumindest sein Bruder Rob Sutherland, der von seinem Bruder schon so einiges gewöhnt ist. Doch dieses Mal ist etwas anders: Denn der herausgelesene Uriah droht den beiden Brüdern und erzählt ihnen etwas von einer neuen Welt, die aufgebaut werden soll. Beunruhigt stellen Rob und Charley einige Nachforschungen an und entdecken dabei eine eigens für literarische Figuren geschaffene Straße, die neben der Realität im Verborgenen existiert. Hier begegnen sie unter anderem Dorian Grey, mehreren Interpretationen von Mr. Darcy aus Stolz und Vorurteil, Huckleberry Finn und Heathcliff aus Sturmhöhe. Schon bald wird klar: Es muss noch einen weiteren Beschwörer geben, der allerdings nichts Gutes im Sinn hat. Gemeinsam mit den Bewohnern der Straße begeben sich die Brüder in einen gefährlichen Kampf, der die Welt, wie wir sie kennen, für immer verändern könnte… Diese Erzählung ist voller Witz und Verstand. Die herausgelesenen Figuren werden nämlich nicht nur herausgelesen, sondern sie verändern sich je nach Interpretation ihrer Leser. So ist z.B. der moralisch verwerfliche Dorian Grey aus Oscar Wildes Roman Das Bildnis des Dorian Grey im 21.Jahrhundert ein Internetkrimineller, der die Straße mit Hilfe von Internetbetrug mit Geld versorgt. Auch die realen, nicht aus Büchern hervorgelesenen Figuren sind psychologisch ausgefeilt und überzeugen durch ein komplexes Gefühlsleben. So befindet sich Rob zum Beispiel in einem ständigen inneren Konflikt, da er einerseits die Probleme seines Bruders satt hat und seine Frau nicht ständig wegen seines Bruders belügen will, andererseits fühlt er sich aber seinem Bruder auch verpflichtet und liebt ihn. Die unglaubliche Flucht des Uriah Heep – Eine grandiose Erzählung über die Macht der Fantasie und die Liebe zur Literatur. Für alle Bücherfans ein Muss.

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