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Rezension zu
Die verlorene Frau

70 Jahre Spannung

Von: Brigitte B.
20.07.2020

Nach ihrem erfolgreichen ersten Buch (Das Haus der Verlassenen) hat Emily Gunnis einen neuen Roman veröffentlicht, nämlich „Die verlorenen Frau“ (Originaltitel: The lost Child). Hauptpersonen sind wieder Frauen einer Familie aus mehreren Generationen. Einen kritischen Blick wirft die Autorin dabei auf die unmenschlichen Behandlungsmethoden in der Psychiatrie noch in den 50-er Jahren und den Umgang mit den oft rechtlos gehaltenen Frauen. Die Handlung erstreckt sich über den Zeitraum von 1945 bis 1952 sowie 2014. Beide Zeitebenen werden verknüpft durch eine Nacht im November 1960, mit der das Buch beginnt. 1945 kehrt Jacob Waterhouse traumatisiert aus dem Krieg zurück. Er leidet unter Alpträumen, kann nur vollkommen betrunken schlafen und wird gewalttätig gegen seine Frau Harriet. Jacobs Zustand verschlechtert sich so, dass er in die Psychiatrie eingewiesen wird, wo er bis 1952 verbleibt. Harriet verlebt fünf schöne Jahre mit der kleinen Tochter Rebecca. Jacob fällt nach seiner Entlassung in seine alten Gewohnheiten zurück und misshandelt im Alkoholrausch fast täglich seine Frau. In einer stürmischen Novembernacht des Jahres 1960 hört die 13-jährige Rebecca ein Klopfen an der Tür. Der abendliche Streit der Eltern eskaliert und beide kommen brutal zu Tode. 2014 ist Rebecca eine erfolgreiche Kinderärztin. Sie hat zwei Töchter. Die ältere Tochter, Jessie, stammt aus der Beziehung zu Rebeccas Jugendfreund Harvey. Da Rebecca unter einer postpartalen Psychose litt und sich nicht angemessen um ihr Kind kümmern konnte, ist Jessie bei ihrem Vater aufgewachsen und hat ein distanziertes Verhältnis zur leiblichen Mutter. Das Verhältnis zur jüngeren Tochter Iris ist unkompliziert. Jessie bringt eine Tochter zur Welt. Da sie auch eine Psychose entwickelt, verlässt sie heimlich mit dem Kind die Klinik, obwohl das Baby wegen einer Infektion dringend lebensrettende Antibiotika benötigt. Bei der dramatischen Suche nach Jessie und dem Baby erkennt Iris die Zusammenhänge, nachdem ihre Mutter ihr die Wahrheit über den Tod der Eltern erzählt hat. Emily Gunnis hat einen flüssigen Schreibstil, so dass sich das Buch angenehm lesen lässt. Die Erzählung springt zwischen den Zeitebenen hin und her. Das mag zunächst verwirrend sein, aber den Kapiteln sind im Titel Datum und handelnde Hauptperson vorangestellt. Das erleichtert es, die Übersicht zu behalten und erhöht die Spannung, da die Handlung nicht linear voranschreitet. Überwiegend schreibt Gunnis in der 3. Person. Passagen aus Harriets Tagebuch stehen natürlich in der 1. Person. Zwischendurch gibt es mehrere Kapitel ganz ohne Titel, in denen aus der Sicht einer zunächst völlig mysteriösen Frau erzählt wird, auch in der 1. Person. Das erhöht die Spannung ebenfalls ungemein. Nach etwa 50% des Buches beginnt man die Zusammenhänge zu erahnen, nach 75% sieht man eigentlich klar. Da die Dramatik aber weiter steigt, bleibt die Spannung bis zum Schluss problemlos erhalten und die verschiedenen Erzähllinien fügen sich zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammen. Mir hat auch dieser Roman von Emily Gunnis außerordentlich gut gefallen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen und musste am Schluss die halbe Nacht durchlesen, um zum Ende zu gelangen. Alle Personen sind klar gezeichnet und schlüssig charakterisiert. Ich hatte trotz der Zeitsprünge und wechselnden Personen nie Probleme, dem Fortgang der Handlung zu folgen. Auch eine Personenliste oder einen Stammbaum brauchte ich nicht, um den Überblick zu behalten. Was andere Leser verwirrend finden mögen, hat bei mir nur zur Spannungserhöhung beigetragen. Am Schluss war mir endlich auch klar, wie sich die unterschiedliche Titelwahl im englischen Original (Das verlorene Kind) und der deutschen Übersetzung (Die verlorene Frau) erklären lassen. Und ganz ehrlich – der deutsche Titel trifft es eher. Ich möchte dieses spannende Buch allen Liebhabern und vor allem Liebhaberinnen von dramatischen Familiengeschichten dringend empfehlen.

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