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Rezension zu
Tiefe Wasser zwischen uns

Unbedingt Lesen!

Von: Tanja
31.03.2022

Noch besser als vermutet: Ein Roman kann noch so perfekt sein, wenn er nicht zur eigenen aktuellen Situation passt, wird das Lesen des selbigen wenig Freude machen. Eine Freude, dass mir ein perfektes Match gelungen ist, obwohl am Ende alles ganz anderes war als gedacht. Corona-Pandemie und kein Ende, Krieg in der Ukraine und ein ausklingender Winter – da braucht es ein gutes Buch, das auf andere Gedanken bringt, unterhält, inspiriert, gute Laune macht. Nichts, was zusätzlich belastet oder allzu schwer ist, sollte es sein. Mit dieser Vorgabe kann man immer gut bei DIANA Verlag fündig werden. Das wunderschöne und wirklich außergewöhnliche Cover fiel sofort ins Auge. Der Aufkleber mit Leseempfehlung der „Brigitte“ bestärkte mich darin, dass es sich hier um geläufige Unterhaltungsliteratur handeln müsse. Erst auf den zweiten Blick stellte ich fest, dass es sich bei der Autorin um Ayesha Harruna Attah handelt, die man bereits von den „Frauen von Salaga“ kennt. Und so begann ich mit Tiefe Wasser zwischen uns Zur Story: Ghana im Jahr 1892, einer Zeit, in der Sklaverei in Afrika eigentlich bereits verboten war: Wir werden mitgenommen in das Leben zweiter Mädchen, Zwillinge, die im Alter von 10 Jahren voneinander getrennt werden und dabei auch den Vater und eine ältere Schwester verlieren. Sie leben unterschiedliche Leben, ohne zu wissen, ob die Zwillingsschwester noch lebt und wenn ja wo, wie es ihr geht und was sie macht, haben sehr unterschiedliche Möglichkeiten, sich zu entwickeln. Einer der Schwestern gelingt die Flucht aus ihrem Sklavendasein in die Basler Mission. Die andere Zwillingsschwester kommt bei Nachfahren brasilianischer Sklaven unter. Die Mädchen leben in unterschiedlichen Ländern, Kulturen und Religionen. Verbunden sind sie jedoch in ihren Träumen. Meinung: Die Autorin lässt Hassana ihre Geschichte selbst erzählen, von Husseina wird erzählt. Mit dieser Erzähltechnik entsteht eine unterschiedliche Distanz zwischen Husseina und der Leserin und Hassana und der Leserin. Die Leserin hat zu jedem Zwilling eine andere Zugangsmöglichkeit, erfährt in unterschiedlicher Dichte und Tiefe vom Leben, Fühlen und Denken. Die Unterschiedlichkeit der Lebensumstände wird buchstäblich abgedruckt. Aber auch die tiefen Wasser zwischen den Zwillingen, die geografische und gefühlte Entfernung zwischen ihnen, wird so klar transportiert wie das lange erträumte Wasser. (ein so bezauberndes Bild, dass der Roman zeichnet!) Eigentlich sind Themen wie Kindersklaven und Familientrennungen nicht geeignet zur unkomplizierten Unterhaltung. Dieses Buch hat mich dennoch gepackt! Es erzählt genau so viel wie unbedingt nötig, ist an keiner einzigen Stelle ausschweifend und verliert sich gar in Details. Die besondere Erzähltechnik, einfache Sätze und die doch teils recht komplexen Figuren und Skizzen der Umgebung machen die unfassbar dramatische Situation überraschend leicht zugänglich. Als Leserin bleibt immer eine Distanz zum Geschehen, es erfolgt kein Mitfühlen, was zumindest für mich genau das war, was mir gut tat. Die Beziehungen der Charaktere sind häufig erhellend und nehmen der eigentlichen Dramatik an Gewicht. Besonders gefällt, dass die Basler Mission eine tragende Rolle spielt. Die Basler Mission, deren wohl bekanntester Missionar Ferdinand Kittel ist, hatte bis zum 1. Weltkrieg seine Anfänge in Ghana. Ob die Autorin bei Richard ein historisches Vorbild hatte, bleibt im Unklaren. Auch hier wird wieder die Unterschiedlichkeit deutlich: auf der einen Seite grundsätzlich historisch belegte, europäische Missionsbemühung, Schriftsprache (großes Thema bei den Basler Missionaren) und weiße Menschen, auf der anderen Seite Erfahrung mit Mystik, Verbundenheit mit Brasilien und Frauen, die ihr Leben selbstbewusst gestalten. Der Roman verbindet drei Kontinente, jedoch ist reichlich tiefes Wasser dazwischen. Man muss sich schon sehr bemühen, um Verbindung zueinander zu bekommen. Und man muss sich bemühen, Verbindung zur Geschichte zu bekommen. Diese wird uns Lesenden nicht aufgezwungen – eine Wohltat bei dem dem Grunde nach schweren Thema. Das Wassermotiv wird bis zum Ende bemüht: Wasser verbindet und trennt Menschen. Die eingeschobenen Traumsequenzen sind durch kursiv-Schrift kenntlich gemacht und zeigen deutlich: Fantasie ist wichtig – insbesondere in Krisen Mein Tipp: Unbedingt lesen!

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