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Rezension zu
Im freien Fall

Wie lange es dauert, ein eigenes Leben zu führen

Von: Andreas
25.06.2023

Zunächst einmal ist es die Geschichte von Max und dessen Vater, dem übergroßen, gefühllosen Vater, der aus seinem Sohn etwas machen wollte, was der nicht war. Der Vater, Unternehmer, sein ganzes Leben nur auf Erfolg und Gewinn ausgerichtet. Das lebt er in jeder Sekunde seines Lebens und das ist auch das einzige, was zählt und was er seinem Sohn eintrichtern will. Die Mutter, die sanfte und warmherzige, die sich mit Max ans Klavier setzte, ihm das Spiel beizubringen und die mit ihrem Sohn die Leidenschaft für die Literatur und Kunst teilt. Wie sind Vater und Mutter überhaupt zusammengekommen, wie konnte es geschehen, dass Max entstand, so grundsätzlich unterschiedlich wie die Eltern sind. Im Laufe der Erinnerungen wird klarer, was die Eltern, trotz dieser so großen Unterschiede im Blick auf die Welt, im Grunde doch vereint. Nun steht Max hier, alles das hat ihn an die Öffnung dieses mehr als tausend Meter tiefen Schachtes der aufgelassenen Goldmine in Südafrika gebracht. Nur noch die Abdeckung entfernen, das ist schwer genug, und dann einfach hinunterfliegen und selbst erfahren, wie viel in diesen letzten Sekunden eines Menschendaseins geschieht. In seinen Erinnerungen ist der Vater immer der, der Max Lebensweg verplant, einer muss ja die Firma übernehmen, daran es gar keine Diskussion geben. Für Max war der Vater trotz aller Unterschiede ein Vorbild, obwohl er es ihm nie – fast nie – rechtlichen konnte, obwohl der ihn immer wieder als zu schwach, zu antriebslos, zu wenig auf das Ziel ausgerichtet bezeichnete. Alles nicht verwunderlich, denn Vater nahm für sich selbstverständlich in Anspruch, die Ziele und Lebensplanung des Sohnes zu bestimmen. Dann ein vorübergehendes Rebellieren des jungen Mannes, der Max geworden war. Aber auch das ein vergeblicher Versuch, dem übergroßen Schatten des Vaters zu entrinnen. Als Max seine eigenen Erfolge vorweisen kann, wird er vom Vater als gleichberechtigt anerkannt. Doch es geht nicht so weit, dass Max in den Hintergrund des Gerüchtes eingeweiht wird, das in der Stadt kursiert. Ein Gerücht darüber, wie der Vater sein Unternehmen überhaupt erst aufbauen konnte, dass damals, kurz nach dem Ende des Krieges, etwas unaussprechliches geschehen sein musste. Es wird die Geschichte von Max, der sich sein eigenes Leben aufbauen konnte, zufrieden und mit sich im Reinen. Alles, bevor die Vergangenheit alles in der Gegenwart umkrempelt. Keines der Details dieser Erzählung ist einmalig, von allem hat man schon in vielen Romanen, wenn natürlich nicht gerade in dieser Zusammenstellung, in der einen oder anderen Form gelesen. Doch wegen DIESER Zusammenstellung und wegen DIESER Art, alles zu beschreiben, finde ich „Im freien Fall“ schlichtweg faszinierend. Denn alles steht hier ganz ohne Pathos, ein Leben, ein Schicksal, eine Biografie, die so auch stattgefunden haben kann – wenn zu Beginn steht „nach einer wahren Begebenheit“, dann mag das so stimmen, ist aber auch gar nicht wichtig. Lange weiß man nicht, ob das, was man liest, ob diese Erinnerungen es sind, die Max nach Südafrika trieben, oder ob das alles durch seinen Kopf geht, während er schon im Schacht fällt. In den letzten Momenten des Lebens soll ja alles vor einem vorbeiziehen. Aber: Ist er überhaupt gesprungen? Mit etwas mehr als 200 Seiten ist der Roman nicht zu lang, um ihn in einem Zug durchzulesen. Diese im Grunde so vertraut wirkende Geschichte fesselt derart, dass es vielen so gehen wird, wie mir: Nämlich das Buch erst beiseitelegen, wenn mit dem Ende alles klar wird.

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