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Rezension zu
Romy. Mädchen, die pfeifen

Was für eine Geschichte!

Von: Edith N.
08.08.2023

Vom ersten Band an wissen wir, dass Romy Lindemann, Jahrgang 1960, die uneheliche Tochter von Hanne Volkening ist und dass Hannes Mutter Minna damals mit dem Kindsvater eine Vereinbarung getroffen hat, die in den Augen ihres Bruders Karl schlichtweg kriminell war. Ich bin bestimmt nicht die einzige Leserin, die sich seit Band 1 fragt, was die da wohl gemauschelt haben! Romy weiß nicht, dass Otto, der Mann ihrer Mutter, nicht ihr leiblicher Vater ist. Stimmt: Sie ist anders als ihre wortkarge und etwas verdruckste Familie: temperamentvoll, offen, extrovertiert, schlagfertig und ein bisschen wild. Romy und ihre Eltern scheinen von verschiedenen Planeten zu stammen und das Verhältnis ist auch nicht so besonders. Mit 17 zieht sie von zuhause aus und wohnt im Personalhaus des Hotels, in dem sie arbeitet. Ihre Eltern haben das so gleichgültig zur Kenntnis genommen wie alles im Leben. Dieses Desinteresse an allem und jedem ist einer der Gründe, warum Romy mit ihren Eltern nicht klarkommt. Jetzt macht sie ihr eigenes Ding. Die flippige Romy, weit entfernt von der erlernten Hilflosigkeit ihrer Mutter, hat ein Faible für charismatische Männer, die deutlich älter sind als sie. Diese Kerle haben was erlebt und erreicht, besitzen Erfahrung, können interessant erzählen und ihr etwas bieten. Aber sie sind auch verantwortungslose Hallodris, die sich mit krummen Geschäften in Schulden stürzen und Romy mit in den Abgrund reißen. Hätte sie sich all das bieten lassen, wenn sie eine andere familiäre Vorgeschichte gehabt hätte? Oder hätten da beizeiten die Alarmglocken geschrillt? 1984 kündigt sie ihrer Familie an, den D.J. und Gastronomen Falco Landau heiraten zu wollen. Der passt genau in ihr oben geschildertes Beuteschema. Hanne ist klar, dass Romy für die Heirat ihre Geburtsurkunde braucht. Jetzt kommt ans Licht, dass Otto Lindemann nicht ihr Vater ist. Statt endlich mit ihrer Tochter über die Vergangenheit zu reden, macht Hanne das, was sie von klein auf mit Problemen macht: Sie sitzt sie aus und hofft, dass sich alles von selbst regelt. Als ob das jemals funktioniert hätte! Romy fällt aus allen Wolken, als sie das Dokument in Händen hält und liest, was da bei „Vater“ steht. Dem Leser geht’s ähnlich und man beginnt zu ahnen, was damals Gegenstand der Vereinbarung zwischen Oma Minna und Romys Erzeuger war. Ja, das ist wirklich nicht ohne! Onkel Karl hatte recht. Die Sprachlosigkeit in der Familie Lindemann bleibt jedoch bestehen. Romy sagt zunächst kein Wort über ihre Geburtsurkunde, und ihre Mutter freut sich schon, dass sie davongekommen ist. Als die Tochter sie irgendwann doch mit ihrem Wissen konfrontiert, reagiert Hanne abweisend und einsilbig. Romys eigene Nachforschungen sind auch nicht sehr ergiebig. Und irgendwann rückt dieses Thema in den Hintergrund. Das Leben kommt dazwischen. Romy macht Karriere in der Hotelbranche, während ihr Mann beruflich auf keinen grünen Zweig kommt. Er ist es dann, der die zwei gemeinsamen Söhne versorgt, während sie arbeitet. Ein unkonventionelles Arrangement zur damaligen Zeit, doch es scheint zu funktionieren. Und Romy würde alles tun, um ihren beiden Jungs den Vater zu erhalten. Die sollen nicht so aufwachsen wie sie. Auch wenn das bedeutet, dass sie vor manchen Aktivitäten ihres Mannes die Augen verschließen muss. Wie lange das wohl gut geht Die Söhne sind längst aus dem Haus, als Romy die Nachforschungen nach ihrem leiblichen Vater wieder aufnimmt. Er ist inzwischen verstorben, aber mit seiner Verwandtschaft könnte man ja Kontakt pflegen. Vielleicht kann ihr jemand ein Foto von ihm geben. Ihre Mutter hatte keins. Cousin Marian erweist sich als recht zugänglich und fragt in seiner Familie herum. Cousin Josef lässt schließlich die Bombe platzen … Erster Impuls beim Lesen: „Also, mit dieser Familie würde ich nie wieder ein Wort reden!“ Aber die Wut auf die Romanfiguren hält nicht lange an. Wir kennen ja ihre Vorgeschichte und Romy kennt sie nun auch. Wenn die Menschen hier noch so unvernünftig handeln, ist das aus deren Sicht stets folgerichtig und nachvollziehbar. Jeder hat hier etwas, das er um jeden Preis (be)schützen möchte und geht dabei sehr, sehr weit. Selbst die unangenehmsten Gestalten haben einen einleuchtenden Grund für ihr Tun. Die Mütter-Trilogie basiert auf der Familiengeschichte der Autorin. Wiewohl romanhaft verfremdet, sind die Menschen für „Insider“ sicher gut zu erkennen. Hut ab, dass alle das mitgemacht haben! Es kommt nicht jeder sehr gut weg dabei. Laut Autorin hatten alle Beteiligten die Chance, das Manuskript vorab zu lesen und Änderungswünsche anzumelden. Wenn diese Darstellung für sie okay war, ist es das für mich auch.

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