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Rezension zu
Das Tal der Blumen

Leben und Sterben in Grönland

Von: Marina Büttner
01.12.2023

Die 1990 geborene Niviaq Korneliussen erhielt als erste Grönländerin den Nordischen Literaturpreis. Das Tal der Blumen erzählt vom Leben in Grönland und vom Sterben in Grönland, denn die Insel hoch im Norden hat eine hohe Suizidquote, was Korneliussen in ihrem Roman ungeschönt benennt und beschreibt. Die junge Heldin, die noch bei ihrer Familie in der westgrönländischen Stadt Nuuk lebt, ist frisch verliebt in Maliina. Doch das Studium in Dänemark steht an und sie hadert damit, ihre Freundin zurückzulassen. Diese hat einen Job und eine eigene Wohnung. Sie selbst will auch unbedingt aus dem Elternhaus weg. Tatsächlich fühlt sie sich aber in Aarhus im Studentenwohnheim und an der Uni nicht richtig wohl. Sie fühlt sich wie eine Außenseiterin, zwischen den dänischen Kommilitonen, was diese mitunter, ohne es zu bemerken, mit verursachen. Sie tritt von Lerngruppen zurück, geht nur noch zu Vorlesungen und stellt schließlich auch das ein. Menschen, die ihr helfen wollen, lügt sie an. Und auch Maliina sagt sie nicht immer die Wahrheit, hat sogar eine Affäre. Die beiden wollen sich über die Weihnachtstage in Nuuk wiedersehen, doch als die Cousine von Maliina Suizid begeht, reist die Hauptfigur zu ihr in die ostgrönländische Stadt Tasiilaq, aus der Maliina stammt, um ihr beizustehen. Sie wird in der Familie herzlich aufgenommen. Der Ort mit seinen Bergen fasziniert sie und es zieht sie zum Friedhof, auf dem auch Gudrun begraben ist, das Tal der Blumen. Erschüttert darüber, dass dort nur namenlose Kreuze ohne Geburts- oder Sterbedatum, sondern mit Nummern stehen, beginnt sie zu recherchieren, wie viele Selbsttötungen es im Land gibt und welche Möglichkeiten die Kommunen zur Prävention anbieten. So erfährt sie auch, dass es bereits zwei Suizidversuche Gudruns vorab gab. „Grönland ist todgeweiht, und wir sind rechtzeitig abgehauen, du hast überlebt, wir haben überlebt“, sagt sie. „Es ist der Lauf der Natur, ein Volk aussterben zu lassen, das auf dieser Erde nicht zurechtkommt, survival of the fittest, wie es so schön heißt, und du hast überlebt. Du bist eine Überlebenskämpferin, du bist stark, nicht du bist es, mit der etwas nicht stimmt, bei den anderen stimmt etwas nicht.“ Sehr gut klingt durch, wie wenig Hilfe es gerade auch für junge Leute dort gibt. Beratungsstellen und Therapieplätze sind rar und mit langen Wartezeiten verbunden. Alkohol ist ebenso ein Thema, wie Missbrauch und Gewalt. Die lange Dunkelheit abwechselnd mit der Zeit der ständigen Helligkeit scheint zu Depressionen und psychischen Problemen beizutragen. Es wird geschildert, wie hoffnungslos Jugendliche ihre Zukunft empfinden und wie wenige es schaffen ein zufriedenes Leben zu führen. Auch die Hauptfigur schwankt und strauchelt, zweifelt an der Partnerin, an ihrer Liebe und vor allem an sich selbst. Auch in ihrer eigenen Familiengeschichte gab es Verluste, die sie prägten. Weil sie sich nicht gut genug fühlt, trennt sie sich von ihrer Partnerin von heute auf morgen und fliegt zurück nach Dänemark. Doch dort gibt es gar keinen Halt, sie wird zur Obdachlosen und stürzt immer tiefer ab. Gut, dass die Autorin das Ende offen lässt … Sprachlich empfinde ich den Roman wenig spektakulär. Im Gegenteil war mir manches eher zu derb und zu grob, besonders was die Körperlichkeit anging. Und doch gab es auch kurze Sequenzen, die poetisch und feinsinnig waren. Es war dann aber eindeutig die inhaltliche Thematik und die ferne Welt im Norden (die Landkarte lag immer neben mir), die mich vom Buch überzeugt hat. Ich habe einiges mehr über Grönland erfahren.

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