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Rezension zu
Von Geistern und Schatten

Von Geistern und Schatten

Von: Manuela Hahn
11.01.2024

Kurzgeschichten erzählen auf ganz kleinem Raum ganze Welten, anders kann ich es kaum ausdrücken und deshalb liebe ich sie. Die haitianisch stämmige US-Amerikanerin Roxane Gay beherrscht diese Kunst wie kaum eine zweite. Schon die erste Geschichte in dieser Sammlung fesselte mich ans Buch und dann ließ es mich nicht mehr los. Ich habe dieses schmale Büchlein, leider umfasst es nur 192 Seiten, in einer Nacht durchgelesen. Mit extrem leichter Hand bringt die Autorin ihren Leserinnen und Lesern ein unbekanntes Land nah, von Haiti wusste ich bisher nur, dass es sich um ein Nachbarland der Dominikanischen Republik handelt, das politisch instabil und von Armut geprägt ist. Dies thematisiert natürlich auch die Autorin. Sie bringt ihren Leserinnen und Leser aber auch die Liebe der Haitianer zu ihrem Land nahe, denen oftmals nichts anderes übrig bleibt als ihre geliebte Heimat zu verlassen, um der Armut und der Gefahr die an vielen Orten und in vielen Situationen lauert, zu entkommen. Roxane Gay schafft es mit wenigen Worten, die komplette Leidensgeschichte des 14-jährigen Gerald zu erzählen. Der Junge muss in einem fremden Land mit Vorurteilen und Rassismus kämpfen, »Motherfucker« ist der Einstieg in die Anthologie. Für andere Storys wieder lässt sie sich mehr Zeit, es bedarf mehr Worte und mehr Zeit um die Geschichte ihrer Protagonistin Theresa, die in »Zucker« ein traumatisches, lebenzerstörendes Erlebnis verarbeiten muss zu erzählen. Weil die Geschichte, die sie erzählt, auch von ihrer Protagonistin verarbeitet werden muss und Gay ermöglicht es den Lesern, diese Geschichte ebenso intensiv zu erleben. Aber natürlich sind nicht alle Storys geprägt von Leid und Verzweiflung, manche sind auch hoffnungsvoll und sogar heiter. »Was man über haitianische Frauen wissen muss.« ist eine Story, die nicht einmal eine Seite füllt. Und doch erzählt sie die Geschichte aller Mütter dieser Welt, die ihre Kinder lieben und sie hat mich zum Lachen gebracht. »Wir fressen keinen Dreck« Ich sprach schon von Vorurteilen und dass ich nichts über Haiti weiß, es scheint aber auch Exil-Haitianern so zu gehen, die das Land nur noch aus den Nachrichten kennen, die nur Bilder von Not und Elend sehen, wie man aus dem Briefwechsel zwischen Elsa und Sara, die in den USA entnehmen kann. Diese Anthologie hat meine Erwartungen voll erfüllt und in großen Teil sogar übertroffen. Roxane Gay versteht es meisterhaft, mit ihren Geschichten die Vielschichtigkeit von Haiti und seiner Menschen zu präsentieren, und dabei verschiedene Emotionen der Leserschaft zu wecken.

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