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Rezension zu
Ich war zu jung, um zu hassen. Meine Kindheit in Auschwitz

Ein bewegender Zeitzeug*innen-Bericht, der bis ins Mark erschüttert

Von: Wandern zwischen Büchern
24.02.2024

„Der Fehler vor der Einrichtung der Lager? Worten ein Bürgerrecht zu verleihen, die eine jede Logik entbehrende Feindseligkeit transportierten, aber urplötzlich legitim schienen. Und heute wieder! Wieder dulden wir Worte, die nach Hass, nach Spaltung, nach Abrechnung schmecken. Wenn ich sie aus dem Mund von Politikern höre, nimmt es mir den Atem. Hier, in meinem Europa, in meinem Zuhause, wieder jene schrecklichen Worte. Und gerade jetzt, in Zeiten wie diesen, kann die Dunkelheit jederzeit erneut über uns hereinbrechen. Vergessen wir das nie.“ (S. 23f.) Das sind die klaren und in ihrer Deutlichkeit beeindruckenden Worte von Lidia Maksymowicz, die gemeinsam mit dem italienischen Schriftsteller Paolo Rodari ihre Lebensgeschichte in „Ich war zu jung, um zu hassen“ (übersetzt von Victoria Lorini) niedergeschrieben hat. Als Tochter einer belarussischen Partisanin wurde Lidia im Alter von drei Jahren nach Auschwitz deportiert und überlebte das Vernichtungslager nur (so paradox das klingt), weil sie von Josef Mengele für seine Experimente ausgewählt wurde. Anderthalb Jahre pures Grauen, die Trennung von ihrer Mutter, Hunger, Krankheit, allgegenwärtiger Tod – Lidia hatte die schlimmste Kindheit, die sich vorzustellen man eigentlich gar nicht im Stande ist. Und entgegen aller Vorhersagen, sie werde das Erlebte sicher vergessen, weil sie noch so jung war, erinnert sie sich erschreckend genau. Sie schildert das Erlebte zwar nicht chronologisch, sondern eher in Erinnerungsfetzen und einzelnen Episoden – das macht ihre Geschichte aber nicht weniger eindringlich, im Gegenteil. Gerade die kindliche Sicht auf die unmenschlichen Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz lassen einem beim Lesen den Atem stocken. Es ist eine unermesslich schlimme Geschichte und dabei ist es gerade heute so wichtig, dass sie erzählt wird. Lidia erzählt darüber hinaus auch, wie ihr Leben nach dem Lager für sie weiterging. Auch diese Abschnitte haben mich sehr betroffen gemacht, denn sie erzählen von einem kleinen Mädchen, das verlernt hat zu leben und darauf geeicht ist, zu überleben. Sie erzählen auch von der Suche nach der eigenen Identität und nach ihrer leiblichen Mutter, die Auschwitz in einem der letzten Todesmärsche verlassen musste. Lidias Geschichte sollte unbedingt gelesen werden – gerade jetzt, gerade heute. Als eine der letzten lebenden Zeitzeug*innen kann sie uns daran erinnern, was war und was niemals wieder sein darf. Meine einzige kleine Kritik an der deutschen Ausgabe ist ihr Titel: Aus „La bambina che non sapeva odiare“ (sinngemäß: Das Mädchen, das nicht hassen konnte) wird „Ich war zu jung, um zu hassen“. Und dieser Titel trifft es eigentlich nicht, denn Lidia betont wiederholt, dass sie bis heute keinen Hass empfindet, weil Hass für sie eine destruktive Emotion ist, die nichts als Leid bringt – vielmehr konzentriert sie sich darauf, zu mahnen und zu erinnern. Und das macht sie zu einer unglaublich starken Frau und einer beeindruckenden Persönlichkeit.

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