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Rezension zu
Die alte Garde

Tafelrunde trifft auf Klimawandel

Von: Drachenbuecherhort
08.03.2024

In einer Welt, in der die Grenzen zwischen Mythos und Realität verschwimmen, erweckt Thomas D. Lee mit seinem zeitgenössischen Fantasy-Roman „Die alte Garde“ eine faszinierende und zugleich erschreckende Vision einer nahen Zukunft zum Leben. Der Autor, der für sein Werk mit dem Peters Fraser + Dunlop Prize for Best Fiction ausgezeichnet wurde, entführt uns in eine Version Großbritanniens, die uns zugleich vertraut und unheimlich fremd erscheint. Wir folgen Sir Kay, einem der unsterblichen Ritter der Tafelrunde, der in einem modernen Großbritannien erwacht, das er kaum wiedererkennt. Der Meeresspiegel ist gestiegen, die Armee privatisiert. Alles steht am Abgrund, nicht zuletzt wegen einer jahrhundertealten Verschwörung, die alles zu zerstören droht. Der Schreibstil des Buches ist flüssig und das Lesen angenehm. An einigen Stellen klingt es allerdings abgehackt, was aber auch an der Übersetzung liegen kann. Die Handlung ist mit viel trockenem Humor gespickt, der mich das eine oder andere Mal wirklich zum Lachen gebracht hat. Im Kontrast dazu steht die Zukunft Großbritanniens, die in diesem Szenario sehr düster dargestellt wird, denn nicht nur der Meeresspiegel ist merklich gestiegen, viele Ländereien wurden an die Chinesen verkauft und an allen Ecken und Enden regieren die Reichen und Mächtigen, während ein Großteil der Bevölkerung in Armut und in Lagern lebt. Vor diesem Hintergrund ist es schwer zu sagen, was oder wen man eigentlich retten soll. Thomas D. Lee verbindet in „Die alte Garde“ gekonnt die Artussage mit der modernen Welt. Dabei orientiert er sich stark an den verschiedenen Versionen des Mythos und interpretiert ihn auf interessante Weise. So hat Sir Kay beispielsweise digitale Wurzeln, während Lancelot schwul und in seinen Jugendfreund Galehaut verliebt ist. Das mag auf den ersten Blick erzwungen inklusiv wirken, ist aber schlüssig umgesetzt, so dass auch ein mittelalterlicher Ritter mit dunkler Hautfarbe durchaus Sinn macht. Die Charaktere sind tiefgründig und vielschichtig dargestellt, so dass man sie alle sehr gut nachvollziehen und verstehen kann, warum sie so handeln, wie sie es tun. Vor allem Sir Kay, der Bruder von König Artus, steht hier im Mittelpunkt und muss sich nicht nur mit einem durch Fracking wiedererweckten Drachen auseinandersetzen, sondern auch mit einer ihm fremd gewordenen Welt, was ihm mehr oder weniger gut gelingt, schließlich kennt er die moderne Welt nicht. Obwohl er und auch die anderen Ritter der Tafelrunde sehr alt sind, schaffen sie es, sich einigermaßen an die neue Zeit anzupassen und sich im Laufe des Buches immer besser mit ihr zu arrangieren. Meine Probleme hatte ich allerdings mit Sir Kays Sidekick Mariam, die ein wenig so wirkt, als sei sie nur da, um etwas für die Frauenquote zu tun. Sie gehört zu einer feministischen Aktivistengruppe, die sich dem Klimaschutz verschrieben hat. Das volle Programm also. Vom Charakter her ist sie sehr unausgeglichen, mal ist sie die toughe Frau, dann wieder das naive Mädchen, was so gar nicht zusammenpassen will. Wenn es eines bei ihr nicht gibt, dann ist es, dass sie überhaupt irgendwie konstant ist. Wirklich greifbar wird Mariam als Figur dadurch leider nicht. Alles in allem bietet „Die alte Garde“ eine faszinierende Mischung aus historischer Sage und moderner Fantasy. Thomas D. Lee gelingt es, die Artussage auf innovative Weise in die Handlung einzubinden und den Leser in eine Welt voller Geheimnisse und Unsterblichkeit zu entführen, die zum Nachdenken anregt, da sie auch Themen behandelt, die in der heutigen Zeit durchaus relevant sind. Diese Mischung ist absolut einzigartig und ich kann das Buch vor allem Fantasy-Fans, die Bücher mit einem ähnlichen Erzählstil wie die Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett mögen, wärmstens empfehlen.

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