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Rezension zu
Schmutziger Schnee

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Leo Junker ermittelt im rechts- und linksradikalen Milieu – eine solide konstruierte Fortsetzung mit hoher aktueller Brisanz

Von: Büchermonster
05.02.2016

Mit gerade mal Anfang 30 zählt Leo Junker eigentlich fast noch zum Nachwuchs der schwedischen Polizei, hat aber bereits eine äußerst turbulente Karriere vorzuweisen: aufgewachsen im sozialen Brennpunkt Stockholms legte Leo zunächst einen steilen beruflichen Aufstieg bis zum internen Ermittler hin, bis dieser von einem grandios gescheiterten Undercover-Einsatz jäh gestoppt wurde und der junge Polizist nach einer Suspendierung schon vor den Scherben seines Lebens stand. Nun scheint Junker aber wieder auf dem aufsteigenden Ast zu sein und darf nach einem fast im Alleingang gelösten Mordfall wieder auf vollständige Rückkehr in den Dienst hoffen, vor der aber noch eine ernstzunehmende Bewährungsprobe auf den Ermittler wartet: So muss er nicht nur den Mord an einem Soziologen aufklären, sondern auch seinen Medikamentenkonsum in den Griff bekommen, um wieder für voll diensttauglich erklärt werden zu können. Es spricht also vieles dafür, dass Christoffer Carlssons Protagonist nach „Der Turm der toten Seelen“ auch in der Fortsetzung „Schmutziger Schnee“ alles andere als leichtes Spiel hat. Bei diesem zweiten Band handelt es sich zwar um einen eigenständigen Fall, allerdings empfiehlt sich durchaus die vorherige Lektüre des Auftaktromans der Reihe, da im Verlauf der Geschichte doch immer wieder auf die bewegte Vergangenheit von Leo Junker eingegangen wird und der Autor dabei auf ausführlichere Erklärungen bzw. Zusammenfassungen meist verzichtet. Seinem Stil bleibt Christoffer Carlsson aber treu und schildert die zweite Mordermittlung seines Schützlings in gewohnt schnörkelloser, grundsätzlich aber etwas eigenwilliger Manier. So springt die Handlung auch in diesem Band wieder ohne große Ankündigung in der Zeit vor und zurück, was die Orientierung gerade in der ersten Romanhälfte nicht immer ganz einfach macht – neben dem erneut eher gemächlichen Erzähltempo einer der Hauptgründe dafür, dass die Geschichte zunächst recht schleppend in die Gänge kommt. Zudem erscheint der Fall anfangs eher unspektakulär und es benötigt schon das Eingreifen des nationalen Nachrichtendienstes Säpo – ein in schwedischen Krimis immer gerne genommenes Element zum Aufziehen einer politischen Verschwörung – um ein erstes Mal an der Spannungsschraube zu drehen. Mit dieser Entwicklung wird dann auch erstmals ersichtlich, warum Christoffer Carlsson von Presse und Verlag der Vergleich mit Schwedens Schriftsteller-Legende Stieg Larsson „aufgezwungen“ wird, denn gerade in der zweiten Buchhälfte erinnert die Story aufgrund der gesellschaftspolitischen Verwicklungen schon ein wenig an die Bände 2 und 3 der Millennium-Reihe – ohne jedoch über den Trumpf von so vielschichtigen Charakteren wie Lisbeth Salander oder Mikael Blomkvist zu verfügen. Denn im Vergleich zum ersten Leo-Junker-Band „Der Turm der toten Seelen“, wo gerade die Vergangenheit des Protagonisten einen bedeutenden Teil der Handlung einnahm, bleibt der trotz seines noch recht jungen Alters bereits arg gebeutelte Ermittler in der Fortsetzung ein wenig blass – zwar wird hin und wieder sein Privatleben sowie das ein oder andere Detail aus dem Vorgänger angerissen, wirklich handlungsrelevant sind diese Passagen aber nicht. Auch wenn „Schmutziger Schnee“ für mich in der Charakterzeichnung hinter dem ersten Band zurückbleibt so konnte mich auch Leo Junkers zweiter Fall insgesamt wieder packen, weil Carlsson an eine große Stärke des Vorgängers anknüpfen kann: das starke Setting. Während in „Der Turm der toten Seelen“ noch Junkers Heimat Salem, sozialer Brennpunkt Stockholms und Schauplatz von Drogenmissbrauch, Mobbing, Gewalt und Depression, im Mittelpunkt stand, nimmt sich der Autor nun die gesellschaftspolitische Situation Schwedens vor und geht vor allem auf die radikalen Gruppierungen des Landes ein und erneut zeichnet Carlsson ein erschütterndes Bild der schwedischen Gesellschaft, das immer mehr von Fremdenhass und einer erschreckend hohen Gewaltbereitschaft geprägt wird – gerade in Zeiten der Flüchtlingsdebatte ein Thema mit hoher Brisanz und Aktualität. Diese sehr kritische Sozialstudie in Verbindung mit einem solide konstruierten Kriminalfall macht auch den zweiten Leo-Junker-Krimi lesenswert, auch wenn „Schmutziger Schnee“ für mein Empfinden letztlich nicht ganz an den Auftaktband anknüpfen kann.

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