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Rezension zu
HERKUNFT

Rezension Herkunft

Von: Annika Weiss aus 8340 Hinwil
31.03.2023

Die Frage nach unserer Herkunft begleitet uns durch jegliche Lebenssituation. Ob in der Vergangenheit oder in der Gegenwart, viele von uns streben danach, die Antwort auf diese Frage zu finden. So auch der Schriftsteller der Biografie „Herkunft“ Saša Stanišić. Die Geschichte wird oftmals als Autobiografie betitelt, jedoch beinhaltet diese durchaus Elemente eines Romans. Der Autor schafft es mit dem Werk „Herkunft“ die beiden Gattungen in spielerischer Weise zu verbinden. Zudem erzählt Saša Stanišić seine Geschichte scheinbar ohne chronologische Reihenfolge, wobei er immer wieder in die Fantasie abdriftet. Die Geschichte ist durch ihre alltägliche und gar witzige Sprache gekennzeichnet, was sie sehr leserlich macht. Erwähnenswert ist ausserdem, dass der Autor äusserst freundlich und poetisch schreibt. Er tut dies besonders, um Personen und Figuren zu beschreiben. Für bestimmte Geschehnisse wird er sehr genau und harmonisch. Dadurch, dass der Autor seine Geschichte auf wahren Ereignissen und seinen persönlichen Erfahrungen basiert, lässt man sich als Leser ohne Weiteres darauf ein. Passend dazu wird der Roman in der Ich-Perspektive erzählt. Während Saša Stanišić aus seinem Leben berichtet, spricht er über Migration, Literatur und Sprache. Im Fokus stehen ausserdem seine Heimat, die Flucht seiner Familie nach Deutschland und alles was danach kommt. „Herkunft“ behandelt immer wieder geschichtliche Ereignisse, so zum Beispiel die Grenzöffnungen durch Angela Merkel. Dies nimmt Bezug zu seiner Flucht aus Bosnien in den 90er Jahren. Damit schneidet er den Zerfall Jugoslawiens und die Vertreibung der nicht willkommenen Bürger aus den neuen Nationen an. Zu diesen Bürgern gehören Saša Stanišić und seine Familie. Obwohl Saša Stanišić nicht in seinem Heimatland bleiben konnte, blieb etwas: Die Erinnerungen an seine Familie, welche in seinen Gedanken weiter leben. Für den Autor hat der Begriff „Herkunft“ eine besondere Bedeutung. Dadurch dass sich sein Herkunftsland (ehemals Jugoslawien) in Einzelstaaten auflöste, gehörte der Autor faktisch keinem Land mehr an. Dies trieb den Autor wohl an sich der Frage nach der Herkunft und Identität zu widmen. Während Stanišić diesen Fragen nachgeht, kann man sich als Leser auf eine interessante Reise in seine Vergangenheit einlassen kann. Zentrum seiner Erinnerungen scheint seine geliebte Grossmutter Kristina zu bilden. Zu ihr hat der Autor eine sehr innige Beziehung gepflegt obwohl Kristina an Demenz erkrankt ist. Laut dem Autor lebte seine Grossmutter in der Vergangenheit und verfügte nur über lückenhafte Erinnerungen. Damit macht die Grossmutter etwas deutlich: Erinnerungen müssen nicht chronologisch und vollständig sein. Vielmehr sind es Assoziationen mit bestimmten Orten oder Menschen. Dies widerspiegelt das sprunghafte Wiedergeben von Erinnerungsfetzen, welche dem Leser eine Nähe zum Autor vermittelt. Wo sich der Autor und wir alle nun beheimatet fühlen, darauf gibt es keine universelle Antwort. Sicher ist aber, dass der Text uns zu vielen Gedanken zu unserer Herkunft und Identität anstösst. Aus genau diesem Grund ist „Herkunft" eine äusserst inspirierende und intelligente Geschichte, welche aktueller denn je ist. Schlussendlich ist es dem Autor gelungen, die Architektur der Herkunft zu untersuchen.

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