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Rezension zu
Heimwärts

Kürze hätte auch hier Würze gebracht

Von: K. König aus Osnabrück
24.06.2023

Nachdem ihre Großmutter Nora gestürzt ist und nun sterbend im Krankenhaus liegt, kehrt die Journalistin Jess Turner-Bridges nach zwanzig Jahren in London in ihre Heimat Australien zurück. Einst wuchs sie bei der einflussreichen Frau auf, schaute zu ihr auf und beide entwickelten eine starke Bindung. Doch die Worte, die Nora im Krankenbett vor sich hin murmelt, machen für ihre Enkelin keinen Sinn und was wollte die alte Dame überhaupt auf dem Dachboden, auf dessen Treppe sie gestürzt ist? Der Dachboden, den sie sonst mied wie die Pest? Vielleicht könnte sie Nora beruhigen, wenn sie wüsste, was diese belastet. Tatsächlich finden sich bald Verbindungslinien zu einem weit zurückliegenden Ereignis, das Noras Leben traumatisch beeinflusst hat. Im Jahr 1959 wurden ihre Schwägerin und deren drei Kinder tot an einem Wasserloch auf ihrem Grundstück in den Adelaide Hills gefunden. Vom vierten Kind, dem Säugling Thea, gab es keine Spuren bis schließlich seine leiblichen Überreste Jahrzehnte später gefunden wurden. War es Mord? Ein erweiterter Selbstmord oder ein tragisches Unglück? Jess weiß, sie will nicht nur für Nora, mehr herausfinden. Als Fan der Autorin musste ich selbstverständlich auch ihr neuestes Werk so schnell wie möglich lesen. Kate Morton enttäuscht nicht, liefert mit Heimwärts die typischen Ingredienzien ihrer Werke: Zwei Haupzeitebenen, auf denen sich ein (oder mehrere) spannende Geheimnisse entfalten und offenbaren, sich Figuren, Orte und Ereignisse aus Vergangenheit und Gegenwart verbinden und zu einemAbschluss gebracht werden. Sie wurde oft kopiert, aber nie erreicht. Ihr Können stellt sie auch hier unter Beweis und hat wieder eine facettenreiche, abwechslungsreich, verschachtelte und spannende Geschichte geschaffen. Es gibt viele Wendungen und Aspekte, die es zu entdecken gilt. Sehr geschickt werden die unterschiedlichen Zeitebenen und die vielen Geschichten der extrem zahlreichen Figuren miteinander verwoben. Besonders gelungen ist die Einbettung der Vergangenheit in Form eines Sachbuchs, das die Tode der Turner-Familie und die folgenden Ermittlungen nachzeichnet. Damit springt sie zudem auf den aktuellen Trend des „True Crime“ auf. In Bezug auf die Konstruktion der Geschichte und der Figurenschar hat sich die Autorin dieses Mal selbst übertroffen. Doch das Vergnügen bleibt nicht ungetrübt. Einerseits neigt Morton zur Schwafelei. Das Personal in Heimwärts ist sehr groß und bringt viele Informationen mit sich, aber auch Figuren, die nur minimale Randerscheinungen sind, bekommen noch eine Hintergrundgeschichte verpasst. Außerdem werden zu viele Mikrohandlungen erwähnt wie die Zubereitung von Tee, Internetrecherche und Natur- oder Ortsbeschreibungen. Umfangreich sind außerdem die Themen, die behandelt werden. Von der Definition von Heimat, über die Bedeutung von Büchern bis zum Einfluss von Familie auf die Charakterentwicklung u.a.. Besonders ausführlich widmet sich Morton der „Mutterschaft“ und überfrachtet das Thema geradezu, was dann stellenweise doch etwas zu viel des Guten ist. Der zweite negative Punkt ist, dass es extrem viele glückliche Zufälle gibt, die zu Entdeckungen führen. Irgendwann ist es einfach lächerlich und unglaubwürdig, wirkt nicht mehr authentisch, sondern konstruiert. Das ist es natürlich auch, sollte aber nicht so scheinen. Leider schafft es die Autorin selten, mich völlig für ihre Figuren einzunehmen. Zwar sind sie mit einer Vergangenheit, Eigenschaften, Marotten, Fehlern und Motivationen ausgestattet, bleiben mir aber trotz ihrer menschlichen Qualitäten unsympathisch oder egal. Vielleicht liegt es an dem Hauch der Überhöhung, der sie alle begleitet. Für mich besteht der Reiz von Mortons Romanen aber ohnehin in dem zu entschlüsselnden Geheimnis. Letztlich ist Heimwärts ein toller Sommerschmöker, in den sich nicht nur Fans versenken und in eine andere Welt und Zeit reisen können.

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