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Rezension zu
Ich fühle was, was du nicht fühlst

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Einfühlsames Familienportrait

Von: Lesendes Federvieh
29.11.2016

Die hochbegabte 13-jährige India wächst mit ihrem Bruder und den Eltern in einer kleinbürgerlichen schwäbischen Kleinstadt auf. Was nach behüteter Kindheit klingt ist genau das Gegenteil, denn mit Hippieeltern, die sich eigentlich lieber um sich selbst kümmern, kommt man als Teenager nicht sehr weit. Die öffentlichen Aktionen ihrer Eltern sind ihr peinlich, ihr Bruder bewegt sich am rechten Rand der Gesellschaft und bei Gleichaltrigen kommt sie nicht gut an, da sie eben nicht so unbekümmert wie die anderen Mädchen ist. Sie rettet sich in ihre Zahlenwelt und ergreift die Chance Klavierspielen zu erlernen, als der Vater ihrer einzigen Freundin anbietet, sie zu unterrichten. Doch eines Tages kommt es während einer Übungsstunde zu einem unverzeihlichen Zwischenfall. Soll India schweigen oder ihr Geheimnis für immer vergraben? "Ich fühle was, was du nicht siehst" ist ein vielschichtiges Familienporträt, aber auch ein Stück Zeitgeschichte und die Autorin traut sich an sensible Themenbereiche heran. Klasse. Das Buch spielt in den Seventies, es sind immer noch die Nachwirkungen der braunen Vergangenheit spürbar, die auch vor Indias Familienleben nicht halt machen. Demgegenüber stehen ihre modernen, antiautoritären Eltern, die sich der Kunst bzw. allem Spirituellen verschrieben haben. Freie Entfaltung ist das Motto. Doch ist das wirklich das geeignete Umfeld um Kindern Halt zu geben und sie vor negativen Einflüssen zu schützen? Amelie Fried beschreibt auf sehr eindrucksvolle Weise, dass Kinder und Jugendliche ernstgenommen werden möchten und auch den Rückhalt ihrer Eltern dringend brauchen. Ich fand es sehr traurig zu lesen, welche Anstrengungen und Irrwege (Wiking Jugend) Che ausgesetzt war, nur weil er Halt suchte. Auch seinem eigenen Kind keinen Glauben zu schenken, wenn es in einer Notlage ist, ließ mich beim Lesen schon oft schlucken. Die Geschichte spielt zwar in den Siebzigerjahren, die Problematik ist aber heute noch genauso aktuell wie damals. Dieser anspruchsvolle Roman liest sich locker und leicht, das liegt meiner Meinung nach zum einen am hervorragenden Schreibstil der Autorin, welche die 13-jährige India in der Ich-Form erzählen lässt. Man kann sich so viel leichter in Indias Gedankenwelt hineinversetzen. Zum anderen hat Amelie Fried den Spirit der damaligen Zeit hervorragend in Szene gesetzt. Zum Beispiel war die Sinnfindung mit dem Guru Baghwan total in. Überall sah man seine orange gekleideten Jünger. Das alles zu lesen war wie ein Spaziergang in die Vergangenheit. Ein tolles Buch, das hoffentlich noch viele Leser finden wird!

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