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Rezension zu
Fay

Die Rezension bezieht sich auf eine nicht mehr lieferbare Ausgabe.

Keine Wohlfühllektüre

Von: Elke Heid-Paulus
20.06.2017

Larry Brown war bisher hierzulande ein unbeschriebenes Blatt. Geboren 1951 im US-Bundestaat Mississipi, verdiente er seinen Lebensunterhalt als Feuerwehrmann und begann in den langen Nächten zu schreiben. Zuerst Kurzgeschichten, danach Romane – insgesamt sechs an der Zahl, bis er 2004 an den Folgen eines Herzinfarktes viel zu früh verstarb. In deutscher Übersetzung lag keines seiner Bücher vor, bis nun im Mai diesen Jahres bei Heyne Hardcore „Fay“ (sein 4. Roman, im Original aus dem Jahr 2000) in der gelungenen Übersetzung von Thomas Gunkel erschien. Ein großes Glück für die Leser von Daniel Woodrell, Brian Panowich, Donald Ray Pollock (der einen ähnlichen Werdegang als Autor hat), natürlich Cormac McCarthy oder dem ebenfalls noch nicht übersetzten David Joy. Fay macht sich auf in Richtung Küste, nach Biloxi möchte sie, denn dort ist das Leben leichter und schöner als im Hinterland von Mississippi. Zwei Dollar in der Tasche und eine angerissene Schachtel Zigaretten sind ihr ganzer Besitz. Wie sollte es auch anders sein, kommt sie doch aus einer Familie von Wanderarbeitern, die von der Hand in den Mund lebt. Weg, nur weg von dem Vater, der den kargen Lohn vertrinkt. Und der Mutter, die längst aufgegeben hat und sich um nichts kümmert. White trash. Aber mit leeren Taschen ist sie unterwegs immer wieder auf die Hilfe von Fremden angewiesen, und nicht jeder gibt, ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen. So gerät Fay, naiv wie sie ist, zwar immer wieder in brenzlige Situationen, kann denen aber mit viel Glück entkommen. Die Männer, denen sie begegnet, stehen allesamt auf der Verliererseite. Einer geregelten Arbeit geht kaum einer nach, sie handeln mit Drogen, sind alkoholabhängig und gewalttätig, auch gegenüber den Frauen, die sich mit ihnen einlassen. Von denen sie erwarten, immer und jederzeit zur Befriedigung ihrer körperlichen Bedürfnisse zur Verfügung zu stehen. Die einzige Währung, die ihnen zur Verfügung steht. Und das sind die Situationen, aus denen man Fay sofort und ohne weitere Erklärungen herausholen möchte. Natürlich kreuzt auch der eine oder andere „gute“ Mensch ihren Weg, aber diese sind wahrlich dünn gesät. Browns Roman ist keine Wohlfühllektüre. Es ist ein Roman vom Bodensatz der amerikanischen Gesellschaft. Von Menschen, die schon bei ihrer Geburt als Loser stigmatisiert sind. Die keine Perspektive haben. Für die sich selten etwas zum Besseren wenden wird. Und die, wenn sie das lang ersehnte Paradies endlich erreicht haben, feststellen müssen, dass ihre Vorstellungen davon der Realität nicht standhalten Damit korrespondiert auch Browns Stil und Sprache. Einfach und auf das Wesentliche reduziert, schnörkellos und lakonisch, gradlinig und ungeschönt. Sehr gerne mehr davon!

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