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Rezension zu
Neanderthal

Gesellschaftskritische Zukunftsvision – Vielschichtig, spannend und informativ

Von: Nisnis Bücherliebe
27.01.2018

Die Inhaltsangabe zu Neanderthal von Jens Lubbadeh verspricht einen rasanten Thriller, doch Neanderthal ist weder rasant, noch ein waschechter Thrill. Ist man als Leser flexibel und lässt die unglückliche Mainstream-Genre-Kategorisierung außer Acht, darf man einen spannenden und interessanten Roman erwarten, wenn man sich für Gentechnologie, Anthropologie, Urmenschen und eine visionäre Zukunftsphilosophie interessiert, die durch kriminelle Machenschaften beeinflusst und vorangetrieben wird. Jens Lubbadeh ist es gelungen, eine komplexe Handlung zu kreieren, die intelligent Authentizität und Dystopie vermischt. Vor allem aber zeichnet er eine Zukunftsidee, die im Jahr 2053 von der Regierung und dem Ministerium für Glück und Gesundheit gesteuert wird und so abwegig gar nicht erscheint. Gen-Architekten sind gefragt wie nie und bieten perfekt optimiertes Editing am ungeboren Kind an. Nimm zwei Edits und erhalte eines umsonst, optimiere deine Fitness, unterziehe dich Schönheits-OPs, erhalte so Bonus-Punkte und zahle niedrigere Krankenkassenbeiträge. Das einzige was zählt und richtig ist, ist die perfekte Gesundheit. Gendefekte sind weitestgehend ausgemerzt und doch kämpft diese Gesellschaft mit „der großen Depression“. Das Ausmaß dieser Gesundheits-Optimierung verstößt jeden Menschen, der körperliche Andersartigkeit aufweist. Ob asymmetrisches Gesicht, körperliche- oder seelische Behinderung, in diesem Roman wird die Andersartigkeit zum Feind. Immer wieder weist die Geschichte unsympathische Parallelen auf, die an die Arisierung und an die grauenvollen Lager der Deutschen Geschichte erinnern. Der Verzicht darauf, wäre eine kluge Entscheidung gewesen. Zum Teil wirkt die Geschichte überstrapaziert, doch sie fasziniert zu gleich. Eine der Hauptfiguren ist einer der Andersartigen. Wissenschaftler Max ist gehörlos und kommuniziert mit seiner Umwelt durch die Gebärdensprache. Diese Figur ist äußerst intensiv gezeichnet und sie spiegelt einen Charakter wieder, der die Ausgrenzung und Diskriminierung als behinderter Mensch nicht akzeptieren will und dagegen ankämpft. Nicht jede Figur genießt in diesem Roman eine Charakterzeichnung mit Tiefe, doch Jens Lubbadeh hat zahlreichen Figuren eine lebendige und interessante Legende zugeschrieben. Insgesamt liegt der Fokus nicht auf den einzelnen Figuren, sondern eher auf dem kompakten Gesamtkonstrukt der fiktiven Geschichte. Überwältigende Spannung und Tempo ist nicht sonderlich präsent und vereinzelt kommt es gar zu Längen, doch die Grundstimmung stimmt, so dass man neugierig der Geschichte folgen will, die in einer angenehm, flüssigen Sprache geschrieben ist. Dieser Roman ist thematisch äußerst vielschichtig und informativ. Er hat sicher zeitintensive Recherchen eingefordert, die stimmig und fundiert glaubwürdig in die Handlung einfließen. Die Kultur der Amische, das Leben eines Gehörlosen, Gentechnologie, internationale wissenschaftliche Erkenntnisse, Medizinisches, politische Strukturen, historische Geschichte und aktuelles Zeitgeschehen sind intelligent in der Handlung verwoben. Eine Perspektive, die vereinzelt die Kapitel der Story durchbricht, erzählt die Geschichte von einem Stamm der Neandertaler. Ich muss leider gestehen, dass ich diese irgendwann überblättert habe, da sie mir uninteressant erschien und ich zu neugierig auf den Fortgang des Haupterzählstrangs war, der von Gesellschaftskritik nur so trotzt. Fazit und Bewertung: Neanderthal von Jens Lubbadeh Die Inhaltsangabe zu Neanderthal von Jens Lubbadeh verspricht einen rasanten Thriller, doch Neanderthal ist weder rasant, noch ein waschechter Thrill. Ist man als Leser flexibel und lässt die unglückliche Mainstream-Genre-Kategorisierung außer Acht, darf man einen spannenden und interessanten Roman erwarten, wenn man sich für Gentechnologie, Anthropologie, Urmenschen und eine visionäre Zukunftsphilosophie interessiert, die durch kriminelle Machenschaften beeinflusst und vorangetrieben wird. Trotz meiner kritischen Anmerkungen war ich spannend unterhalten und würde jederzeit wieder etwas von Jens Lubbadeh lesen. ©nisnis-buecherliebe

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