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Rezensionen zu
Kann man da noch was machen?

Laura Gehlhaar

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Mich stört es, dass Behinderungen auch in intersektionalen Diskursen oft eher stiefmütterlich behandelt wird. Umso wichtiger ist es, ebensolche Bücher zu lesen. Besonders viel haben wir über die Kapitel „Blicke“, „Julian“ und „Sitzt dein Freund auch im Rollstuhl“ geredet. Gehlhaar schildert eine Gratwanderung zwischen Unsichtbarkeit und Angestarrt-Werden. Oft wird die einzelne Person auf ihre Behinderung reduziert. Außerdem müssen Menschen mit Behinderungen sich erklären, letztlich für ihre Existenz rechtfertigen. Dies zeigt eine Anspruchshaltung von Menschen ohne Behinderung. Meistens beruht der Umgang mit Menschen mB auf Berührungsängsten, die nur durch direkten Kontakt, passende Erziehung und Repräsentation in den Medien abgebaut werden können. Was auffällt: Um ihre Situation zu verbessern, müssen Menschen mB zumeist selbst kämpfen; das kostet Zeit und Energie. Eine wirkliche Lobby, geschweige denn, dass der Staat sich einsetzt, gibt es nur selten. Gerade beim Thema Behinderung kommt es oft auf den Blickwinkel an. Während Gehlhaar von vielen wegen ihres Rollstuhls bedauert wird, bedeutet er für sie Freiheit. Der Umgang innerhalb der Familie, für die das Leben mit zwei Menschen mB Alltag, ja Routine ist, ist für sie Normalität. Das zeigt, dass wir generell unseren Begriff von „normal/Normalität“ überdenken müssen - denn diese sieht für jede*n anders aus. Was ich besonders schlimm finde, ist, dass wir alle in einer ableistischen Gesellschaft sozialisiert werden. Das trifft auch auf Menschen mB zu, was es umso schwerer macht, sich selbst zu akzeptieren. Gehlhaars Buch eröffnet viele Perspektiven zur Diskussion. Was mir etwas gefehlt hat, sind weiterführende Literaturhinweise, zum Beispiel zum Thema Werkstätten. Des Weiteren fehlt der intersektionale Blickwinkel weitestgehend, Probleme von beispielsweise Klasse in Zusammenhang mit Behinderung werden nicht thematisiert. Das ist letztlich aber auch nicht Gehlhaars Aufgabe, denn sie schildert schließlich ihr Leben, ihre Perspektive. Die Autorin selbst liest mittlerweile nicht mehr aus dem Buch, weil sie einige Stellen anders schreiben würde. Mit diesem Blick muss man stellenweise auch an die Lektüre rangehen. Das Buch ist eine Momentaufnahme, das nicht alle Themen in Bezug auf Behinderung abdeckt oder intersektionalen Feminismus in den Fokus nimmt. Und das ist okay. Hauptsache ist, dass wir am Leben der Autorin teilhaben können und so vielleicht alle unser eigenes Verhalten hinterfragen können. Ich hoffe, dass alle, die sich dieser Lektüre widmen, einen Schritt in Richtung einer Gesellschaft machen, die nicht mehr ableistisch geprägt ist und mit einem wacheren Blick für die Probleme marginalisierter Menschen durchs Leben gehen.

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