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Rezensionen zu
All das zu verlieren

Leïla Slimani

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€ 22,00 [D] inkl. MwSt. | € 22,70 [A] | CHF 30,50* (* empf. VK-Preis)

Dieses Cover werde ich mir merken, denn es zählt bis jetzt zu meinen Favoriten des Jahres 2019. Aber vor allem auch der Text von Leïla Slimani verdient es, in Jahresrückblicken ganz oben genannt zu werden. Adèle, eine junge, unabhängige Journalistin, lebt mit Mann und Kleinkind in einem coolen Viertel in Paris, nicht unweit von Montmartre. Das hört sich jetzt mal ziemlich einfach an, doch Adèle hat ein großes Problem und nur ihre beste Freundin weiß anfangs darüber Bescheid. Adèles Ehe ist eher langweilig, zweckmäßig, ihr Mann möchte aufs Land in ein Haus ziehen. Die junge Frau liebt aber die Stadt, die Anonymität, die Männer – und hat sogar ein Zweithandy, von dem ihr Mann keine Ahnung hat. Das Kind wird geliebt, aber auch öfter abgegeben, damit die junge Frau ihre Zeit für sich hat. Natürlich kommt es auch dann zu einer Katastrophe, die für die Jungfamilie nicht folgenlos bleibt. Nicht die Auflösung der Geschichte ist es, die beim Lesen so fesselt und nicht loslässt, sondern die Art und Weise, wie Slimani erzählt. Die Tiefgründigkeit zwischen den Zeilen, die melancholische Stimmung, die erzeugt wird und die schonungslose Beschreibung halten die Spannung aufrecht und trotz der heiklen Thematik – Fremdgehen, Lügen, Betrügen, Alkohol, … – kann man mit der Protagonistin mitfühlen und ist gefangen von der aufwühlenden Geschichte, die aber mit so sanften Worten daherkommt, dass man während der Lektüre in eine andere Sphäre eintauchen kann. Ein Buch, das berührt, einen nicht so schnell loslässt und tiefer geht, als man es vielleicht möchte.

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Nachdem Leila Slimani uns mit ihrem Gänsehaut-Thriller "Dann schlaf auch du" das Fürchten lehrte, ist nun ein weiteres ihrer Werke in deutscher Sprache erschienen, das in einem gänzlich anderen Genre angesiedelt ist und die literarische Wandelbarkeit der französisch-marokkanischen Autorin eindrucksvoll unter Beweis stellt. In "All das zu verlieren", dessen Protagonistin die französische Zeitung Libération zu Recht als „moderne Madame Bovary“ bezeichnete, entwirft Slimani das Psychogramm einer Frau, die ihrem Lebens- und Selbstüberdruss mit aller Macht entfliehen möchte und dabei in eine selbstzerstörerische Abwärtsspirale gerät, deren Irreversibilität ihr nur selten bewusst wird. Obwohl die weibliche Hauptfigur in keiner Weise eine Sympathieträgerin ist, geschweige denn eine Identifikationsfigur, gelingt Slimani ein gewagter Drahtseilakt: Auch wenn man als Leser weder Mitgefühl für die destruktive Protagonistin aufbringen noch ihre Ansichten nachvollziehen kann, offenbart der Blick hinter die Fassade eine zutiefst freud- und beziehungsunfähige Frau, deren große Einsamkeit zutiefst berührt. Und es ist genau diese Erkenntnis, die uns auf menschlicher Ebene zu ihr durchdringen lässt – wenn auch nur in kurzen Augenblicken. Der Inbegriff des Spießertums Oberflächlich betrachtet fehlt Adèle nichts zu ihrem Glück: Sie lebt mit ihrem Mann Richard, einem angesehenen Arzt, und ihrem kleinen Sohn Lucien in einem exklusiven Pariser Stadtviertel und arbeitet als unabhängige Journalistin für eine Tageszeitung. Doch ihre Unzufriedenheit frisst sie auf: Sie hasst es zu arbeiten – lieber würde sie den ganzen Tag chillen und shoppen. Ihr Leben ist für sie der Inbegriff des Spießertums. Und so hat sie denn auch für die Ambitionen ihres Mannes, der von morgens bis abends arbeitet, um ihr ein angemessenes Leben zu ermöglichen, keinerlei Verständnis. Seine Strebsamkeit findet sie verachtenswert. Auch in dem Haus auf dem Land, das ihr Mann kaufen möchte und das ihr gut gefällt, sieht sie sich in ihrer Zukunft nicht. Doch wo liegt ihre Zukunft? Süchtig Adèle fühlt sich vernachlässigt und flüchtet sich in zahlreiche Affären mit den unterschiedlichsten Männern. Dabei ist sie nicht wählerisch und nimmt jeden, der in ihre Reichweite kommt. Doch schon bald werden ihre One-Night-Stands zur Sucht so wie ihr permanenter Wunsch nach Aufmerksamkeit zur Manie wird. Immer öfter, immer schneller, immer brutaler holt sie sich das, was sie braucht. An ihre kleine Familie denkt sie dabei selten. Solange sie im Fokus steht, ist sie glücklich – wenn man dies angesichts ihrer emotionalen Verfassung überhaupt so nennen kann. Doch das trügerische Hochgefühl hält nie lange an. Sobald sie aus dem Bett eines fremden Mannes steigt, ist sie angewidert – von ihrem Lover und von sich. Ihre beginnende Magersucht, die aus ihrem wachsenden Selbstekel resultiert, lässt sich schon bald nicht mehr verheimlichen, doch noch kann sie beruflichen Stress als Ursache dafür angeben. Getrieben Als Adèle eine Affäre mit einem guten Bekannten ihres Mannes beginnt, ist sie sich des Risikos voll bewusst. Sie wird immer paranoider und ist ständig von der Angst getrieben, dass Richard hinter ihr Doppelleben kommt. Wie ein gehetztes Tier ist sie permanent auf der Hut – vor sich selbst und den anderen – und will nicht wahrhaben, dass ihr Leben ihr jeden Tag ein Stück mehr entgleitet. Richard kann sich ihr bizarres Verhalten nicht erklären und verliert immer häufiger die Geduld. Auch ihre gute Freundin Lauren beobachtet Adèles zunehmende Rastlosigkeit und ihren körperlichen Verfall mit großer Sorge. Doch Adèle will von alledem nichts hören – bis schließlich die größtmögliche Katastrophe ihr Leben in Scherben legt… Verstörendes Psychogramm einer Hedonistin In ihrem Roman "All das zu verlieren" zeichnet Leila Slimani das verstörende Porträt einer Frau, deren Sucht ihr Leben dominiert. Sehenden Auges geht sie dabei ihrer Selbstzerstörung entgegen, ohne dabei auch nur im geringsten an die Konsequenzen für sich und ihre Familie zu denken. Die permanente Unzufriedenheit, die ständige Frustration und der tagtägliche Missmut der Antiheldin sind eine Herausforderung für den Leser, denn so sehr man sich auch bemüht, die Beweggründe für ihr irritierendes Verhalten zu eruieren, umso weniger erschließt sich ihre widersprüchliche Natur, da sie schlicht nicht greifbar ist. Slimanis Adèle ist nicht nur, wie bereits oben aufgeführt, eine moderne Madame Bovary. Sie hat auch die tragische Ausstrahlung einer "Belle de Jour", deren Leben zwischen Tagträumen und unkontrolliertem Ausleben ihrer Bedürfnisse zum Scheitern verurteilt ist. Doch man kann Slimanis Roman, der brillant geschrieben ist, auch als Allegorie verstehen: Adèle als Symptom, als Grenzgängerin unserer schnelllebigen Zeit, die sich auf der ständigen Suche nach Beachtung im launenhaften Feelgood-Modus selbst verliert. Als Vergnügungssüchtige, die angeödet von ihrer Zweckehe mit einem Mann, den sie allein des Ansehens wegen geheiratet hat, nur im schnellen Rausch existieren kann. Und nicht zuletzt als leichtfertige, oberflächliche Hasardeurin, die alle Limits überschreitet, um Selbstreflexion zu vermeiden. Es ist kein leicht verdauliches Thema, dem sich Slimani widmet – doch es ist sicherlich eines, das nachdenklich stimmt und aufwühlt. Eines, das die unschönen Auswüchse einer Zeit illuminiert, in der man Alltagsflucht als sinngebend definiert und jeder seine eigene Moral bestimmt. Wohin das führt, lässt sich nicht absehen. Welche Tragödien es hervorbringen kann, zeigt uns die Autorin auf schonungslos reale Weise – jedoch ohne mahnenden Zeigefinger. Die gesellschaftliche Wirklichkeit ist Mahnung genug. Mein Fazit: Ein erstklassig geschriebener Roman – unbedingt lesenswert!

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Nach dem zuletzt erschienen Roman "Dann schlaf auch Du", wurde nun Leïla Slimanis 2014 erschienener Debütroman "All das zu verlieren" aufgelegt, der sich sofort als spannender Text entpuppt, den man gar nicht beiseite legen möchte... Klar ist mittlerweile: Leïla Slimani ist derzeit wohl eine der interessantesten Stimmen und Autorinnen Frankreichs, lang nicht so sensationsheischend wie der mit seinen platten Ergüssen absolut überbewertete Michel Houellbecq, dessen neuestes Werk ich gar nicht mehr zur Hand nehmen wollte. Umso toller liest sich nach "Dann schlaf auch Du" nun auch ihr - endlich auf deutsch erschienenes - Erstlingswerk über die ausschweifende Sexsucht einer vom Leben gelangweilten Frau, unklar ob pathologisch oder nicht. Das ist auch eher nebensächlich. Viel faszinierender die gesellschaftliche Relevanz dieses Romans, dass eine Frau sich die Männer nimmt, wie sie es will. Das ist beeindruckend und stark und nachvollziehbar, dass vor allem chauvinistische Gesellschaften damit ein Problem haben. Die unverblümt klaren und deutlich ausgelebten sexuellen Wünsche der Protagonistin, die eher masochistisch veranlagt ist, werden relativ unemotional, fast schon mechanisch beschrieben, das degradiert die Männer zu Maschinen, zu reinen Objekten. Bisher kannte man derartige Obsessionen nur aus der Schreibe von männlichen Autoren. Gut so, legt Leïla Slimani nach. Offen bleibt, woher diese Sexsucht, diese Besessenheit kommt, offen bleibt in gewisser Art und Weise auch, wie es am Ende damit weitergeht. Das ist auch gut so. Denn es geht nicht nur darum, die Geschichte dieser Frau zu erzählen, sondern um die gesellschaftliche Relevanz des Themas. Was bei Männern offensichtlich ganz ok ist, ist es eben auch heutzutage bei Frauen immer noch nicht. Das hallt lange nach. Und auch diese tiefempfundene Einsamkeit, in der sich diese Frau trotz vermeintlich harmonischer Ehe und (unbefriedigendem) Kinderglück  befindet. Nur Sex gibt Adèle (so heisst die Hauptfigur) - die vom biederen Alltag als Arztgattin eher gelangweilt ist - einen kurzfristigen Kick, mit sexueller Befreiung und/oder Emanzipation hat das aber nichts zu tun. Vielmehr verliert sie sich darin, verliert sich selbst, verliert sich in der Sucht. Keine Rettung in Sicht. Sehr zu empfehlen!

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Adèle lebt mit ihrem Ehemann Richard, einem erfolgreichen Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn Lucien in Paris. Sie arbeitet für eine Pariser Tageszeitung und hat, wie es scheint, ein sorgenfreies Leben. Dennoch ist sie nicht zufrieden. Sie trifft sich mit fremden Männern, hat Sex mit ihnen, kann nicht anders. Nur so kann sie sich spüren, fühlt, dass sie noch am Leben ist. Sie weiß, dass die Gefahr groß ist alles zu verlieren, doch sie geht jedes Risiko ein, um die Leere in sich zu füllen … Slimani hat mit ihrem Roman wieder einmal einen wunden Punkt unserer Gesellschaft getroffen. Sie beschreibt die Zerrissenheit dieser Frau, die in ihrer Kindheit nicht besonders viel Liebe erfahren durfte, und nun mit ihrem vielbeschäftigten Mann und ihrem kleinen Sohn nicht die totale Zufriedenheit erleben kann. Sie sucht den Kick, indem sie sich anderen Männern hingibt. Sie wirft sich ihnen regelrecht an den Hals. Für uns Leser wirkt die Art von Adèle eher abstoßend. Aber man leidet mit ihr, kann teilweise ihr Handeln verstehen und spürt die Zerrissenheit in ihr. Sie hat Angst vor dem Spießbürgerleben. Sie will nicht nur dafür da sein die Kinder zur Schule zu fahren, zum Gitarrenunterricht, zu überlegen was die Kinder essen wollen … Sie ist genervt, auf dem Spielplatz, genervt von der Spießigkeit ihres Mannes, der nichts dem Zufall überlässt. Doch es wird von ihr erwartet zu funktionieren. Sie sollte tun, was von ihr verlangt wird. In ihrem anderen Leben macht sie Männer verrückt. Sie spürt die Lust und das Begehren. Als Richard ihr auf die Schliche kommt, zieht die Familie fort. Er will sie wieder ganz für sich. Eingesperrt, unselbständig, still. „Sie hat keine Arbeit mehr, keine Freunde, kein Geld. Nichts, nur dieses Haus, wo der Winter sie gefangen hält und der Sommer ihr etwas vorgaukelt… wie ein verstörter Vogel, der mit seinem Schnabel gegen die Scheiben stößt, …“ Doch letztendlich wird Richard alleine dastehen, denn keiner lässt sich einsperren, wie ein Vogel im Käfig. Ein Buch, das man nicht mehr weglegen mag. Wie ein Sog hat mich die Autorin durch die Geschichte gezogen. Sehr detailliert beschreibt sie Gefühle und Handeln. Absolute Leseempfehlung. 5 Sterne

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"Sie ist euphorisch, wie Betrüger es sind, die man noch nicht entlarvt hat. Voller Dankbarkeit, geliebt zu werden, und starr vor Angst bei der Vorstellung, all das zu verlieren." (Track 22) Adèle lebt mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn im 18. Arrondissement in Paris, arbeitet in einer Redaktion, hat anscheinend alles, was man sich wünschen kann. Doch Adèle fühlt nichts als Leere, und sie versucht, diese Leere durch wahllosen Sex mit unzähligen Männern zu füllen. Sie führt ein Doppelleben zwischen ihrem gesellschaftlich akzeptiertem Leben als Ehefrau, Mutter und Journalistin und dem Leben, in dem sie immer wieder (sexuelle) Grenzen überschreiten muss. Sie ist getrieben, die Suche nach etwas, das die Leere füllt, hat Suchtcharakter und bringt sie dazu, alles zu riskieren und alles in Frage zu stellen. ‚All das zu verlieren‘ ist das Debüt der französisch-marokkanischen Schriftstellerin Leïla Slimani und meine erste Begegnung mit ihr. Ich empfand das (ungekürzte) Hörbuch als sehr überzeugend und authentisch, so dass ich sicherlich mehr von Slimani lesen oder hören werde. Das Hörbuch wird von Nora Waldstätten anspruchsvoll gelesen, und die Sprecherin trifft die Stimmung des Buches meiner Meinung nach perfekt, liest unaufgeregt, aber dennoch gefühlvoll und alles andere als eintönig. Die Geschichte um Adèle wird eindringlich und in schnörkelloser Sprache erzählt. Die Charakterisierung Adèles als eine Frau, die anscheinend alles erreicht hat, was man erreichen möchte, aber dennoch ausbrechen möchte bzw. muss, als jemand, der an seinem routinierten Leben fast erstickt und der verzweifelt versucht, diese unerträgliche Leere zu füllen, hat mich so sehr bewegt und berührt, wie wenige Bücher in den letzten Monaten. Dabei empfand ich das Buch lange Zeit wenig schockierend, zumal es nie obszön, billig oder pornografisch wird, obwohl Slimani detailliert von Adèles sexuellen Erlebnissen berichtet. Recht spät im Hörbuch kam aber dennoch ein Schockmoment, als Slimani von einem Ausmaß an Brutalität erzählt, der nur schwer zu ertragen war. Nichtsdestotrotz empfand ich genau diese Schilderung von Gewalt notwendig und angebracht, um Adèles Leiden und ihr übermächtiges Getriebensein verstehen zu können, und unentbehrlich, um Adéles Geschichte vollkommen authentisch zu erzählen. ‚All das zu verlieren‘ ist keine leichte Kost und kein (Hör-) Buch für zwischendurch, sondern das Psychogramm einer Frau auf der Suche nach sich selbst, die sich dadurch immer mehr verliert. Leïla Slimani: All das zu verlieren. Aus dem Französischen von Amelie Thoma. Ungekürzte Lesung mit Nora Waldstätten. der Hörverlag, 2019; 22 Euro.

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All das zu verlieren ist ein Roman der französisch-marokkanischen Schriftstellerin Leïla Slimani, der im Frühjahr 2019 im Luchterhand Verlag, welcher dem Hause Randomhouse zugehörig ist, erschien. Slimani schildert in der Geschichte die nagende Unzufriedenheit ihrer Protagonistin, die trotz Familienleben, erfolgreichem Job und schönem Heim nicht glücklich ist. Adéle führt ein idyllisches Leben mit ihrem Mann Richard und ihrem gemeinsamen Sohn. Richard ist wohlhabender Chirurg und Adéle arbeitet als Journalistin. Mitten in Paris bewohnt die kleine Familie eine schicke Wohnung, sodass man glauben könnte, Adéle hätte alles, was eine Mutter und Ehefrau glücklich machen sollte. Die junge Frau aber bricht immer wieder aus dem schönen Leben aus und gibt sich wildfremden Männern hin, die sie in Bars und Kneipen trifft. Auch vor Kollegen ihres Ehemannes schreckt sie nicht zurück. Ihr Doppelleben kann sie lange Zeit geheim halten und sogar ihre beste Freundin Lauren deckt Adéles Affären. Irgendwann jedoch bröckelt die Fassade und ein schwerer Verkehrsunfall ihres Mannes ändert alles. Leïla Slimani beschreibt das Verhalten ihrer Protagonistin Adéle schonungslos offen und bringt so deren Zerrissenheit auf den Punkt. Die junge Frau provoziert und polarisiert durch ihre sexuellen Ausschweifungen und wirkt dennoch sehr menschlich. Die Frage, wie eine Frau ihrem Mann und ihrem Sohn das antun kann, schwingt beim Lesen immer mit und dennoch will möchte man Adéle mögen. Das macht die Einzigartigkeit von Slimanis Büchern aus: sie gibt immer Raum zum Nachdenken, lässt Interpretationen zu und ringt ihren Lesern Verständnis und Akzeptanz für ihre Figuren ab. Die kurzen Kapitel spiegeln den fragwürdigen Lebenswandel von Adéle hinreichend wieder. Neben den gegenwärtigen Geschehnissen sind es zudem Rückblenden, durch welche die Geschichte lebt. Als Leser erfährt man vieles über die Kindheit von Adéle und lernt die Familien beider Ehepartner kennen, sodass sich manches Puzzleteil zusammenzufügen scheint. Der Erzählstil ist griffig und derb, die Beschreibungen und Handlungen Adéles haben mich manches Mal schockiert zurück gelassen. Mich konnte Leïla Slimani wieder einmal vollends überzeugen. Sie schafft ein beschauliches Setting, ein nach außen hin perfektes Familienleben und zeigt auch dieses Mal menschliche Abgründe auf. Ich mag ihre direkte, ungeschönte Ausdrucksweise und den tiefen Blick in die Seele ihrer Figuren. Auch All das zu verlieren bleibt im Gedächtnis und wirkt noch lange nach.

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So zwiegespalten, wie auf dem Cover stellt sich auch das Leben der 35jährigen Adèle dar. Auf der einen Seite ist sie die Ehefrau eines Arztes, junge Mutter und Journalistin. In dieser Rolle funktioniert sie oberflächlich gesehen optimal. Wäre da nicht dieser Hang, sich mit anderen - zumeist fremden Männern körperlich zu vereinigen. Sie selbst gibt zu, dass es eine Obsession ist und der schönste Moment ist der, wenn das Gegenüber die Weinflasche öffnet. Also ganz kurz vor dem Knall; dem Moment in dem in ihr alles aus den Fugen gerät. Auch im Nachgang fühlt sie sich nicht schlecht. Selbst in Anwesenheit ihres Mannes greift sie unter dem Tisch nach dem Knie eines Fremden. All das zu verlieren, was man geordnete Verhältnisse nennt, beschreibt sie als undenkbar. Mann und Sohn geben ihr das Gleichgewicht und dennoch provoziert sie deren Verlust fast täglich. Fast möchte man mit der Protagonistin Mitleid haben. Ich wünschte ihr lange eine erfüllte Liebesbeziehung mit ihrem Mann Richard, frei von anderen Gelüsten. Doch als eine Situation zu Silvester im Haushalt ihrer Eltern beschrieben wird, erahnte ich schon, dass sich die Instabilität zu Hause in der Kindheit auf die erwachsene Frau übertragen hat. Lange stellte sich die Frage: Wird Richard irgendwann mitbekommen, was vor sich geht und wie werden beide damit umgehen? Für mich war "All das zu verlieren" ein echter Pageturner, so sehr bangte ich um Adèle und wollte wissen, wohin ihre Geschichte final führte. Leïla Sliman beschreibt sehr intensiv die Geschichte zweier Menschen, die in der Klemme stecken. Jeder für sich und auch gemeinsam. Mir hat "All das zu verlieren" außerordentlich gut gefallen! Absolute Leseempfehlung

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Bewegendes Buch

Von: Vera

15.06.2019

Meine Meinung Slimani erzählt in „All das zu verlieren“ die Geschichte von Adèle – diese führt ein nach außen perfektes Leben. Sie hat einen erfolgreichen Mann (er ist Arzt), einen kleinen, süßen Sohn und arbeitet als Journalistin. Doch Adèle will ausbrechen aus diesem Leben, sie sehnt sich nach mehr. Ihr Sohn ist ihr lästig, ihr Mann zu langweilig. Sie hat Sex mit Unbekannten um sich zu spüren, sie ist förmlich süchtig danach. Aber auch das bringt ihr keine wirkliche Befriedigung – ihr Leben fühlt sich für sie immer noch leer an. Immer wieder setzt Adèle alles aufs Spiel. Das macht sie zu einer schwierigen Protagonistin. So richtig sympathisch war sie mir nicht. Slimani hat ihre Geschichte aber so gut erzählt und so intensiv ihre Gefühlswelt geschildert, dass ich immer weiter lesen musste. Der Leser erlebt Adèles Untergang mit und leidet mit ihr, obwohl Slimani ganz sachlich und fast kalt erzählt. Im letzten Drittel des Buches kommt auch Richard, ihr Mann zu Wort und dadurch wird eine weitere Perspektive auf die Geschichte eröffnet. Auch erfahren wir ein bisschen über Adèles Vergangenheit. Erklärungen für ihre große Unzufriedenheit und das ständige Getriebensein finden sich aber nicht. Das Ende ist offen, aber wenig versöhnlich. Die Geschichte hat bei mir viele Fragen hinterlassen, ich denke, genau das wollte Slimani erreichen. Fazit Ein sehr eindringliches Buch über eine tief verzweifelte Frau, die mit ihrem Leben hadert und versucht aus ihrer bürgerlichen Welt auszubrechen. Es ist schwer mehr über das Buch zu schreiben, ohne zuviel zu verraten, deshalb nur soviel: Unbedingt Lesen!

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