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Rezensionen zu
Das Gegenteil von Hasen

Anne Freytag

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Wer ist hier der Hase?

Von: Nita

10.06.2020

Julia ist nicht glücklich. Julia gehört zu den beliebten Schülern. Julia schreibt Tagebuch. Ein verschwundener Laptop setzt eine Reihe von Ereignissen in Gang. Denn Julia hat auf ihrem Laptop Tagebuch geschrieben, in Form eines unveröffentlichten Blogs. Und jetzt werden ihre Einträge von jemandem für alle sichtbar gemacht. Es gibt kein Verstecken und kein Zurück mehr. Das Buch folgt mehreren Figuren. Die Perspektive wechselt daher recht häufig, unterbrochen von Anmerkungen der Mitschüler und Mitschriften von Elterngesprächen. Jeder versucht, die verantwortliche Person zu finden. Durch die abwechslungsreiche Gestaltung und den zumeist flüssigen Schreibstil ließ sich das doch recht lange Buch gut lesen. Das Buch thematisiert sowohl Mobbing als auch Medienkompetenz und Sexualität. Es geht außerdem um Vergebung und um die Macht von Worten. Achtung: expliziter Inhalt. Jetzt zu meiner persönlichen Meinung (VORSICHT SPOILER!): Ich bin verwirrt. Wer ist hier der Hase und wer ist ein Wolf? Was bedeutet es überhaupt, ein Wolf zu sein? Für mich hat die Metapher nicht funktioniert. Auch andere Textstellen haben einen eher schalen Geschmack in meinem Mund hinterlassen. Der allgemeine Schreibstil war angenehm und gut lesbar. Durch das multiperspektivische Erzählen wird auch sehr viel Diversität repräsentiert. Jeder der Hauptfiguren hatte seinen eigenen Charakter, der auch glaubhaft und realistisch wirkt. Dadurch sollen (und werden) Vorurteile kritisch geprüft. Allerdings wird das altbekannte Klischee aufgebracht, dass es für Männer unmöglich sei, Frauen zu verstehen, da diese so unberechenbar seien. An einer anderen Stelle wird ein Hupen als "männlich" bezeichnet (hier musste ich lachen). Ein Gefühl der Erleichterung wird beschrieben als eine monatelang anhaltende Übelkeit, die davon beendet wurde, dass "sie sich nun endlich den Finger in den Hals gesteckt und alles erbrochen" hätte, was sich in ihr angestaut hätte. Das mögen alles noch Kleinigkeiten sein. Sie haben das Lesevergnügen jedoch erheblich gestört. Das Gefühl der Verwirrung erstreckt sich leider auch auf den allgemeinen Inhalt des Buches. Auf der einen Seite ist die Aussage klar: Menschen verletzen einander aus verschiedenen Gründen. Der Schein trügt. Man muss lernen, sich von Verletzungen lösen zu können. So weit, so gut. Was unterschwellig noch vermittelt wurde, war allerdings nicht so gut. An mehreren Stellen im Text wird Julia dafür verantwortlich gemacht, mit ihren Worten andere verletzt zu haben. Ihr Tagebuch war allerdings als private Momentaufnahme ihrer Gefühle gedacht. Jeder hat ein Recht auf seine Gefühle, selbst wenn in diesem Moment jemand anderem damit Unrecht getan werden sollte. Das Verhalten und die Bereitschaft, die eigenen Gefühle zu hinterfragen, definieren einen Menschen. Julia selbst hätte die Einträge nicht veröffentlicht. Sie zu schreiben, hat andere nicht verletzt. Ihr Verhalten hat andere verletzt. Dafür sollte sie die Verantwortung übernehmen. Die implizierte Mitschuld an der Veröffentlichung, die durch sie ja quasi erst möglich wurde, kann ich nicht mit unterschreiben. Durch das Ende wird die Botschaft vermittelt, die Veröffentlichung der Einträge habe insgesamt positive Folgen. Eine erzwungene Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten hatte für einige Figuren durchaus positive Folgen. Eine derartige Verletzung der Privatsphäre sollte jedoch nicht als positiv dargestellt oder verharmlost werden; frei nach dem Motto: Die Wahrheit wird euch frei machen und nichts anderes zählt. Ironischerweise wird es gut geheißen, einen Seitensprung vor dem Partner zu verheimlichen. Die untreue Figur habe die Schuldgefühle verdient, die Partnerin jedoch nicht den Schmerz, betrogen worden zu sein. Vielleicht bin ich mit 21 zu alt für dieses Buch. Insgesamt hat es sich gut lesen lassen, aber ich bin immer noch verwirrt, was es eigentlich aussagen sollte.

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