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Rezensionen zu
Fließsand oder Eine todsichere Anleitung zum Scheitern

Steve Toltz

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»Ich weiß, ich gerate ständig in die Bahnen fremder Kometen, und das ist irgendwie meine eigene Schuld, aber wie, Liam? Ernte ich wirklich, was ich gesät habe? Falls ja, was zum Geier säe ich, und wie säe ich es? Das weiß ich wirklich nicht. Manchmal, wenn ich abends ins Bett gehe, rechne ich fast damit, auf meinem Kissen eine Karte mit der Aufschrift "Mit freundlichen Grüßen, Luzifer" zu finden.« (S. 213) So einen richtigen Pechtag habt ihr bestimmt auch schon mal gehabt, oder? Ein Tag, an dem einfach nichts so richtig klappen will oder man von einem Fettnäpfchen ins nächste schlittert. Aber was wäre, wenn euch das Pech nicht nur einen Tag lang verfolgen würde, sondern euer ganzes Leben lang? Wenn ihr immer zur falschen Zeit am falschen Ort seid, mit den falschen Leuten zusammen seid oder das falsche sagt? Genau so geht es Aldo Benjamin aus Steve Toltz' tragikomischem Roman Fließsand oder Eine todsichere Anleitung zum Scheitern. Vor einigen Jahren konnte mich der Autor bereits mit dem genial-irren Buch Vatermord und andere Familienvergnügen begeistern und so musste ich auch hier wieder zugreifen. Und auch wenn das Buch seine zähen Passagen hatte, hat es mir insgesamt doch wieder staunende Lesestunden beschert. Abwechselnd zwischen Vergangenheit und Gegenwart zeigt uns die Geschichte, wie Aldo zu der tragischen Gestalt geworden ist, als die wir ihn am Anfang des Buches kennenlernen - ein körperliches Wrack, an den Rollstuhl gefesselt und permanent auf Hilfe angewiesen. Von Aldos Schickal erfahren wir durch Liam, seinem besten Freund, der eigentlich Schriftsteller statt Polizist werden wollte, dem aber die zündende Idee für sein Buch fehlte. Nun schildert er die unglaubliche Biografie seines Freundes, die wirklich mehrere Bücher füllen könnte. Aldo scheint wirklich zum Scheitern verdammt zu sein. Als Teenager wird er der Vergewaltigung einer Mitschülerin beschuldigt, obwohl er selbst noch Jungfrau ist. Seine Pläne, sich nach der Schule selbstständig zu machen mit teils irren, teils genialen Geschäftsideen, scheitern allesamt und lassen ihn hochverschuldet zurück. Weder in der Liebe noch im Beruf oder der Gesundheit ist ihm Glück vergönnt und vor Gericht landet er auch das ein oder andere Mal. Aber wird ihm am Ende vielleicht doch noch der geniale Coup gelingen? Ich bin echt immer wieder verblüfft von Steve Toltz' schier unendlichem Ideenreichtum, der sich auch in seinem opulent-überladenen und detailreichen Schreibstil wiederfindet. Aldo äußert dutzende interessante Geschäftsideen, und auch seine Einsichten über das Leben oder den Glauben regen zum Nachdenken an und inspirieren. Und auch hinsichtlich Aldos Schicksal konnte Toltz immer noch einen drauf setzen. Ich saß häufig einfach nur noch staunend vor den Seiten - staunend darüber, wie unheimlich viel Pech ein einzelner Mensch nur haben kann. Aber lasst euch nicht täuschen; auch wenn sich das Buch die Waage hält zwischen Komödie und Tragödie, ist es doch keine leichte Kost, denn was Aldo widerfährt, ist zeitweise echt heftig. Bei aller Genialität, die die Geschichte verströmt, hat das Buch doch auch seine zähen Passagen, bei denen ich ganz schönes Durchhaltevermögen gebraucht habe, um bis zum nächsten wieder fesselnderen Abschnitt zu kommen. Unterstützt wird das noch dadurch, dass weder Aldo noch Liam sonderlich großen Sympathieträger sind, mit denen man stark mitfühlen- oder leiden kann. Aber das Durchhalten wird trotzdem definitiv belohnt! Mein Fazit: Toltz' neuestes Werk präsentiert uns die tragisch-lustige Geschichte eines absoluten Versagers und vermag es dabei sowohl zu unterhalten, als auch geistig zu fordern. Es hat zwar seine schwachen Momente, aber allein um diese irre Lebensgeschichte kennenzulernen, sollte man dem Buch eine Chance geben. Steve Toltz, beim nächsten Buch bin ich definitiv wieder mit dabei!

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Jeder Mensch kennt vermutlich jemanden, dessen Leben genügend Stoff für einen Roman liefert. Liam, Protagonist dieser Geschichte von Steve Toltz, hat sogar das Glück, mit solch einer Person seit seiner Jugend befreundet zu sein. Dies bringt Liam, der statt Polizist viel lieber Schriftsteller geworden wäre und noch auf seinen großen Durchbruch wartet, auf die Idee, ein Buch über seinen Freund Aldo Benjamin zu schreiben. Dass Aldo eine ganz einzigartige Person ist, kann der Leser nach den ersten Kapiteln kaum bestreiten. Allein die Geschäftsideen, mit denen der mittellose Unternehmer zwar Investoren gewinnen, aber keine müde Mark verdienen konnte, füllen ein Buch für sich. „Lehrstücke im Versagen“ nennt Liam Aldos endlose Produkteinführungen. Höchst amüsant ist auch, wie sich Aldo ein Netzwerk von nützlichen Berufsvertretern wie Polizisten, Anwälte und Ärzte, allesamt „menschliche Feuerlöscher“ aufbaut, die ihm in jeder Lebenslage aus der Patsche helfen. Dies ist auch vonnöten, denn in der Patsche zu sitzen entwickelt sich für Aldo zu einem Dauerzustand. Er schlittert von einer Katastrophe in die nächste. Meint man, dass es nicht mehr schlimmer kommen kann, wird man eines Besseren belehrt. Verstärkt wird diese Aneinanderreihung von Desastern auch stilistisch. Steve Toltz ist ein Meister der Aufzählungen, sei es von unsinnigen Produkten, die Aldo auf den Markt lancierte, von Dingen, die er hasst oder von Arten, wie ein Mensch nicht begraben werden will. Da kann ein Satz locker über eine Seite hinausgehen. Man wird förmlich in den Gedankenstrom des Erzählers hineingerissen und staunt über den fantastischen Einfallsreichtum und schrägen Humor. Eine explosive Vitalität zieht sich durch den gesamten Roman. Manchmal trägt der Erzähler jedoch zu dick auf und man weiß nicht recht, was er damit bezweckt. Soll man Aldos Hass auf die Welt, auf die Absurditäten und Ungerechtigkeiten im Leben teilen oder ist alles so verrückt und grotesk, dass es gar nicht ernst zu nehmen ist? Der zweite Teil, der aus Aldos Sicht geschildert wird, verliert durch lange Ausschweifungen ein wenig an Schwung. Mit der Zeit nervte mich zunehmend die penetrante Auswalzung menschlicher Leidensfähigkeit. So ist der Roman durch den Wortwitz und die überbordende Fantasie durchaus lesenswert, kommt jedoch an Toltz’ erstes Werk „Vatermord und andere Familienvergnügen“, der mich vollends begeisterte, nicht ganz heran.

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