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Rezensionen zu
Dann schlaf auch du

Leïla Slimani

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€ 20,00 [D] inkl. MwSt. | € 20,60 [A] | CHF 27,90* (* empf. VK-Preis)

Leila Slimanis zweiter Roman kommt hoch dekoriert in den deutschen Buchläden an, von der französischen Kritik gefeiert und mit dem Prix Goncourt, was hierzulande wohl dem deutschen Buchpreis entspricht, ausgezeichnet. Und ich als Leserin und spätere Rezensentin stehe gleich vor zwei unüberwindbar scheinenden Hürden, die mich von diesem Buch und seiner Geschichte zu entfremden drohen. Mit der ersten Hürde werde ich noch vor der eigentlichen Lektüre konfrontiert und diese Hürde heißt Erwartungen. Diese gilt es nämlich zu zügeln bevor mir all die Vorschusslorbeeren, die der Roman eingeheimst hat, bevor ich ihn in Händen hielt, die Sicht auf den eigentlichen Text versperren. Die zweite Hürde stellt sich mir nun, da ich diesen Roman rezensiere in den Weg, sie besteht aus den Lobeshymnen Dritter, denen ich mich anzuschließen gedrängt fühle, damit mir am Ende niemand unterstellen kann, ich hätte den Roman als einzige nicht verstanden und seine Größe verkannt. Mir stellt sich an dieser Stelle also eine besonders aufdringliche Frage: Ist die Kaiserin nackt? Oder ist ihre Gewand einfach nur nicht so kunstvoll wie man es mir von jenseits der Grenze versichert hat? „Dann schlaf auch du“ beginnt antiklimaktisch am Ende der Geschichte, die Kinder sind tot, ermordet von ihrer Nounou, dem französischen Equivalent einer Tagesmutter, die das Messer mit dem sie das Mädchen im Kindergartenalter auf brutalste Weise erstach, anschließend gegen sich selbst richtete, dabei aber weniger erfolgreich war. Leila Slimani beschreibt das Verbrechen in all seinen blutigen Details, beschreibt sogar den markerschütternden Schrei der Mutter, die die Leichen ihrer Kinder in deren Zimmer vorfindet, mit einer Dringlichkeit, die mich meinen lässt ihn aus großer Ferne, einem vornehmeren Teil der Millionenstadt Paris, selbst zu hören, wenn auch nur ganz leise. Gleichzeitig nimmt sie mit dieser Herangehensweise ihrer Geschichte jegliche Spannung, die ähnlich schnell verklingt wie der Schrei der Mutter, am schwärzesten Tag ihres Lebens. Ich kann nicht umhin zu überlegen, ob mir dahingehend nicht meine eigenen literarischen Ambitionen den Genuss des Romans erschweren. Denn die Schriftstellerin in mir räuspert sich diskret und sagt, fast beiläufig, das hätte ich ganz anders geschrieben. Ich hätte das dicke Ende dort verortet, wo es dem Namen nach hingehört, und will einfach nicht davon lassen. So dass sich meine innere Leserin etwas pikiert zu ihr umwendet und ihr zuraunt – wer hat hier denn bitte den Literaturpreis gewonnen, du oder Frau Slimani (und danach herrscht erst einmal wieder Ruhe.) Und auch über den plumpen Anfang der Erzählung komme ich irgendwann hinweg, rufe ich mir doch Kapitel für Kapitel ins Bewusstsein, dass es sich bei „Dann schlaf auch du“ eben nicht um einen klassischen Spannungsroman handelt – entscheidend für das Leseerlebnis ist also nicht das Ziel, sondern der Weg dahin. Dieser stößt diese Leserin wiederum darauf, was passiert, wenn man, wie das junge Ehepaar, welches die mörderische Nounou Louise einstellt, unwissender Weise und mit einer großen Portion priviligierter Naivität, mit bloßer Hand in die Schere zwischen arm und reich greift. Mutter Myriam ist erschöpft und desillusioniert von ihrem Leben, das sich trotz Jurastudium, nur noch zwischen Küche und Kinderpo abzuspielen scheint, während ihr Mann Paul langsam aber stetig die Karriereleiter erklimmt – ja, meine liebe Leserin, das gibt es selbst in Frankreich, dem Kinderkrippenparadies. Insofern kann ich gut nachvollziehen, was sie in der zierlichen Louise sieht, ein Rettungsboot nämlich aus der vergifteten See der Hausfrau und Mutter. Glücklich darüber endlich wieder am Alltag teilnehmen zu dürfen, übersieht sie jegliche Warnsignale im Bezug auf Louises Person, die mit Fortschreiten der Handlung jedoch immer deutlicher werden. Ein Kontrastprogramm zu dem gutbürgerlichen, wenn auch bescheidenen, Leben der Familie, die sie betreut, sind die Passagen des Romans, die Louise nach Hause folgen, in ihre modrige, aber trotzdem völlig überteuerte Einzimmerwohnung in einem Pariser Außenbezirk. Früh verwittwet und von der einzigen Tochter alleine gelassen, verliert Louise hier immer mehr den Bezug zur Realität. Sie ignoriert Rechnunngen und den teils baufälligen Zustand ihrer Wohnung ebenso wie die Umzugskartons, die seit Monaten die Wände säumen. Der desolate Zustand von Louises Lebensraum steht in krassem Kontrast zu ihrer gepflegten Erscheinung und lässt diese Leserin immer wieder hinter die Fassade blicken, auf das Seelenleben einer Frau am Abgrund. „Dann schlaf auch du“ ist kein getriebener Roman, gemächlich trottet die Handlung ihrem so unvermeidlichen, wie blutigen, Ende zu. Doch ist dieses Ende wirklich nicht zu verhindern gewesen? Die mir im Vorfeld der Lektüre bekannten Rezensionen sprachen durchweg von dem Konflikt zwischen denen, die man als Globalisierungsgewinner bezeichnen mag und dem Präkariat. Ganz abwegig ist diese Erklärung für den Kindermord zwar nicht, aber sie unterstellt der Figur der Nounou doch Neid auf eine scheinbare Dekadenz ihrer Arbeitgeber, die ich persönlich zwischen den Seiten so nicht vergefunden habe. Mir scheint vielmehr Louises Angst vor dem endgültigen, unwiderufbaren sozialen Abstieg und ihr zeitgleicher psychischer Verfall, den Zündstoff für die mörderische Flamme zu liefern. Ausschlaggebend für meine Annahme sind viele kleine Szenen, in der Handlung verstreut wie vergiftete Brotkrumen. Diese führen die geneigt Leserin Schritt für Schritt zum Haus in dem die böse Hexe gerade dabei ist das Geschwisterpaar zu töten und mich im besonderen zu der Erkenntnis mit welcher Hintersinnigkeit Leila Slimani diese Tragödie, welche sich so oder so ähnlich in den Vereinigten Staaten zugetragen hat, auf die gesellschaftlichen Verhältnisse im heutigen Frankreich umgemünzt hat. Und das wiederum, lässt mich denken, dass der Prix Goncourt doch um einiges verdienter war, als es zunächst den Anschein nahm. Denn aus der Perspektive des Laien heraus ist „Dann schlaf auch du“ zunächst ein untertriebener, ja fast schon spannungsarmer Roman, der seine volle Genialität nur langsam offenbart, und zwar nur denjenigen Leserinnen, die bereit sind sich auch über die Lektüre hinaus mit dem Text und der ihm zugrunde liegenden gesellschaftlichen Dynamik zu beschäfftigen.

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Rezension Leila Slimani - Dann schlaf auch du (Hörbuch) Klappentext: Myriam, Rechtsanwältin und Mutter zweier kleiner Kinder, beschließt, wieder arbeiten zu gehen. Gemeinsam mit ihrem Mann sucht sie nach der perfekten Kinderfrau. Nach langer Suche entscheiden sie sich für Louise, eine zierliche Frau Anfang fünfzig, deren Tochter bereits erwachsen und deren Mann verstorben ist. Louise erobert auf Anhieb die Herzen der Kinder und macht sich schnell unentbehrlich: Sie ist Köchin, Haushaltshilfe, guter Geist. Was sie verheimlicht: ihre Einsamkeit, ihre Geldnot, ihre Verzweiflung. Die gegenseitige Abhängigkeit wird immer größer, bis irgendwann eine Tragödie über die Familie hereinbricht. Meinung: Will man als Mutter von zwei Kindern ein Buch lesen oder hören, in dem es um Kindermord geht? Eigentlich nicht, trotzdem hat mich Dann schlaf auch du irgendwie angesprochen. Ich wollte wissen, was die Kinderfrau zu ihrer Tat bewogen hat, welche Hintergründe sich mir hier eröffneten. Der Ausgang der Geschichte ist von Anfang an klar. Die Kinder sind Tod, die Nanny die Mörderin. Das Leben der Eltern fühlt sich auch irgendwie vertraut an. Beide sind berufstätig und die Mutter Myriam geht eigentlich nur arbeiten, um das Gehalt der Nanny zu bezahlen. Myriam und ihr Mann Paul finden sich in der Gesellschaft des Mittelstandes wieder, ihre Nanny Louise dagegen hatte immer im Leben zu kämpfen, am Rande des Existenzminimums und den Umständen ihres Lebens. Und so ist dieser Roman weniger ein Thriller, der hier Spannung und Dramaturgie zum Tathergang aufbaut, als vielmehr auch eine Milieu-Studie, die die Gesellschaftschichten analysiert, die Hilflosigkeit gegenüber dem Leben wiederspiegelt und wie sehr der Mensch durch seine Erziehung und seine Herkunft geprägt wird. Die Sprecherin Constanze Becker trifft für dieses Buch genau den richtigen Ton, erzählt einfühlsam aber doch irgendwie sachlich, wie sich die Geschichte zuspitzt. Sprachlich ist das Buch ansprechend, wenn auch nicht überragend. Muss es aber auch nicht unbedingt sein, denn hier stehen die Protagonisten mit ihren Problemen im Vordergrund, in denen man sich wiederfinden kann, mit ihren Ängsten, Nöten und Sorgen. Ein wenig abrupt kam da das Ende der Geschichte, aber vielleicht war das auch gut so. Denn betroffen hat mich das Buch schon gemacht. Und auch ein bisschen wütend über die Engstirnigkeit und den fehlenden Weitblick, der uns Menschen manchmal zu sehr zu eigen ist. Fazit: Dann schlaf auch du fesselt den Zuhörer, fordert ihm Einiges ab und geht zu Herzen. Man findet sich in so vielen Punkten manchmal wieder, nicht nur in der Mutter, auch in der Nanny. Von mir gibt es 4 von 5 Punkten. Vielen Dank an den Hörverlag für das Rezensionsexemplar.

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Myriam, erfolgreich promovierte Anwältin, leidet zunehmend unter ihrer alleinigen Rolle als Mutter und sie fühlt sich immer elender. Ihr Selbstwertgefühl ist auf einem ziemlichen Nullpunkt angelangt, und so ergreift sie kurzentschlossen die Gelegenheit in der Anwaltskanzlei eines ehemaligen Kommilitonen wieder ins Berufsleben einzusteigen. Ihr Ehemann Paul steht diesem Wunsch zunächst skeptisch gegenüber. Doch als sie Louise, eine, als Perle geschilderte Nanny kennenlernen, glauben sie die perfekte Lösung gefunden zu haben um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Paul und Myriam verlassen sich mehr und mehr auf die ihnen eigentlich unbekannte Frau. Obwohl sie Louise teilweise sogar an ihrem Leben teilhaben lassen, wissen sie im Grunde genommen nichts über sie und so sind sie weit davon entfernt zu ahnen auf welche Katastrophe sie unaufhaltsam zusteuern. Fazit Eine ungewöhnliche Geschichte, die sich absehbar ihrem vorweggenommenen Ende nähert, bevor es zum dramatischen Showdown kommt. Ein Buch das zum Nachdenken anregt und einen noch lange beschäftigt.

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Myriam und Paul Massé sind verheiratet und haben zwei kleine Kinder. Myriam fühlt sich zu Hause unterfordert und als die studierte Juristin nur noch müde und gelangweilt ist, beschließt das Paar, sich eine Nanny zu leisten, damit auch Myriam wieder arbeiten gehen kann. Mit Louise haben sie die perfekte Kinderfrau gefunden. Die Kinder mögen sie auf Anhieb und wie eine Perle kümmert sich Louise bald nicht nur um die Kinder, sondern erledigt auch ungefragt viele Tätigkeiten im Haushalt, geht einkaufen und kocht für Familie und Freunde. Myriam und Paul können sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren und werden von Bekannten, um ihre zuverlässige "Nounou" beneidet. Je mehr sich Louise in der Pariser Altbauwohnung unentbehrlich macht, desto unangenehmer wird ihnen diese für sie eigentlich fremde Frau. Sie wissen nichts über ihre Herkunft, dass ihr Mann Jacques vor Kurzem verstorben ist und einen Berg Schulden hinterlassen hat, dass sie in einem schäbigen Einzimmerappartement haust und ihre eigene Tochter Stéphanie nicht im Griff hatte. Immer häufiger kommt es zu unangenehmen Situationen, wenn Myriam oder Paul mit Louise nicht einer Meinung sind. Diese gibt zwar kaum Widerworte, der unterschwellige Zorn und der Neid auf das Leben der Besserverdiener ist jedoch spürbar. Das Buch beginnt mit dem Ende der Tragödie und in einer chronologischen Rückblende erfährt der Leser, wie es dazu kommen konnte und ob es Anzeichen gegeben hätte, das Drama zu verhindern. Der Roman stellt die Unterschiede der Pariser Gesellschaft sehr eindringlich dar. Auf der einen Seite hat man das bürgerliche Paar, das genügend verdient, um in einer schicken Altbauwohnung im 10. Arrondissement zu wohnen und sich als Doppelverdiener, die sich in ihrem Beruf verwirklichen wollen, eine Nanny leisten können. Auf der anderen Seite ist die soziale Unterschicht, die in den Banlieues wohnt, die sich mit schlecht bezahlten Jobs über Wasser hält. Menschen wie Louise, die vom eigenen Ehemann oder gierigen Vermietern unterdrückt werden und die anderen Nannys aus dem Maghreb oder Asien, die für einen geringen Lohn für gut situierte Paare arbeiten. Ob der soziale Neid oder der Druck, der auf Louise lastete Auslöser für die dramatischen Ereignisse war oder ob das Kindermädchen psychisch krank war, bleibt am Ende offen, was ich etwas schade fand. Ich hätte gern mehr über die Motive von Louise und ihre Verhaltensveränderung gegenüber den Kindern erfahren. Auch wenn das Ende schon zu Beginn vorweg genommen wird, bleibt der Roman durchgehend spannend geschrieben. Louise verursacht durch ihre biedere, verbissene Art bereits sehr früh ein unbehagliches Gefühl und löst Gänsehaut aus. Man spürt die Spannung in der Familie und fragt sich, warum es sich Myriam und Paul so einfach gemacht haben, die Anzeichen der Gefahr für ihre Kinder nicht erkennen konnten oder wollten und sich nicht mehr mit ihrem Kindermädchen auseinandergesetzt haben. Obwohl sie im Kontakt mit Louise zunehmend ein ungutes Gefühl hatten, war es ihnen wichtiger, ihre Kinder versorgt zu wissen, als sich nach einem harten Arbeitstag auch noch Gedanken um eine andere Lösung zu machen. "Dann schlaf auch du" ist ein schockierender Psychothriller, der zeigt, wie hoch der Preis für das bisschen Glück eines perfekten Familienlebens ist und der die Schere zwischen Arm und Reich sehr realitätsnah und aus dem Leben gegriffen schildert. Für meinen Geschmack hätte der kurze Roman noch etwas ausführlicher sein können, insbesondere um das Handeln von Louise besser verstehen zu können oder um mehr Raum für eine detailliertere Aufklärung des Mords durch die Kommissarin Nina zu haben.

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