Phrasen, Plattitüden oder Tiraden sind ständige Begleiter im öffentlichen Diskurs geworden. Sie sind mediale Alltagsrhetorik und ein Stilmittel politischer Oberflächenargumentation. Die inflationäre Umwertung von Wörtern und Deutungen zu scheinbar gehaltvollen und schlüssigen Inhalten wird längst nicht mehr ernsthaft hinterfragt, sondern als gegeben einvernehmlich akzeptiert. Alexander Kissler hat fünfzehn der bekanntesten Phrasen aus dem politisch-kulturellen Bereich genauer unter die Lupe genommen. Von "Heimat gibt es auch im Plural" über "Religion ist Privatsache" bis zu "Wir müssen zur Sacharbeit zurückkehren" seziert Kissler, zugegeben genüsslich bis schwelgerisch, die Semantik dieser vorgeblich endgültigen und nicht zu hinterfragenden Wahrheiten. Das ist über Strecken kurzweilig und amüsant, wird aber durch eine inflationäre Zitatwut und den selbstverliebten Drang zum pädagogischen Zeigefinger des Bildungsbürgers gegen Ende ermüdend. Hinzu kommt eine kaum maskierte neo-liberale und wertkonservative Sichtweise, die insbesondere in Kapitel 3 "Wir schaffen das" (der Merkel´sche Halbsatz als politisches Vermächtnis) unverhältnismäßig ihren Ausdruck findet. Da die Phrasen-Mania beständig erweitert und kultiviert wird , ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Nachfolgebände Widerworte 2 bis zur liegenden Ziffer Acht erscheinen. Das spricht natürlich nicht unbedingt für eine Zukunft der politischen Kultur in diesem Land. Keine Hoffnung auf Umkehr nirgends.