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Rezensionen zu
Der große Wunsch

Sherko Fatah

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Murad heißt übersetzt der große Wunsch und das ist es auch was ihn durch den Roman trägt. Denn der Protagonist Murad reist in die unwirtliche Landschaft in das Grenzgebiet Türkei und Syrien. Er ist auf der Suche nach seiner Tochter Naima und möchte sie sehnlichst finden. Diese hat sich in seiner Abwesenheit, denn er ist getrennt lebend von seiner Ex-Frau Dorothee in Berlin, radikalisiert. Die junge 20jährige Tochter ist ihrem Mann in den Glaubenskrieg gefolgt in das Kalifat Syrien. Nun fragt sich Murad wie es dazu kommen konnte. Wir erleben den suchenden Vater, den wartenden Vater, den zur Reflektion seiner selbst gezwungenen Vater und das alles vor diesem massiven öden Bergpanorama, dass dem ganzen eine unerträgliche Bedrohung hinzufügt. Diese Natur ist omnipräsent im Roman und bestimmt die Szenerie. Diese Geschichte handelt von einem Kind, dass eine unglaubliche Richtung einschlug. Aber im gleichen Maße geht es um die Wurzeln des Vaters und wie er dieses kurdische Grenzgebiet erlebt aus dem einst sein Vater kam. Ein Roman der erst gegen Ende inhaltlich Fahrt aufnimmt, aber vorher die großen Themen des Lebens behandelt und das in einer überzeugenden Prosa. Im Kern geht es um Heimat, Wurzeln und wie auch die Fremdheit in der Heimat überbordend sein kann. Was mitschwingt ist auch die Frage der Zugehörigkeit. Dieser Roman steht auf der Longlist des deutschen Buchpreises 2023. Aus meiner Sicht zu Recht, denn Sherko Fatah ist mit seiner Sprache dicht an dem was viele Menschen innerlich erleben. Ein Grübeln und Durchdenken was ist Fremd, was ist ein Zuhause, wo ist die Heimat, wer bin ich. Ich habe es gern gelesen, denn es hat mich bereichert.

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DIE GROSSE UNSICHERHEIT

Von: Ingeborg Rosen

26.09.2023

Zugegeben: “Der grosse Wunsch” ist definitiv keine leichte Lektüre”, aber das ‘Dranbleiben’ hat sich unbedingt gelohnt! Den Inhalt muss ich hier nicht referieren und kann gleich zum Wesentlichen: Es ist nicht “nur” Suche des Vaters nach seiner Tochter. Diese Suche umfasst alles: in erster Linie natürlich diese Suche, aber mindestens genauso wichtig ist die Frage nach den WarumS, und das setze ich ganz bewusst in den Plural, da eine sich stellende Frage unweigerlich die nächste nach sich zieht. In erster Linie die offensichtliche, warum seine Tochter diese Entscheidungen (Aufbruch/Heirat) getroffen hat. Daraus erwachsen weitere existentielle Fragen, die nach seiner Schuld (durch Unterlassungen) der Tochter und Ex-Frau gegenüber. “Aber wie rettet man jemanden, auch wenn man ihn noch so sehr liebt, vor dessen eigenen Wünschen?” (S.33) Hat alles seine Ursache in seinen Erwartungen der für ihn neuen Heimat gegenüber? Projeziert er diese - aus eigener Unzulänglichkeit/Unzufriedenheit auf seine Tochter? Liegt der Beginn des Übels bereits vor seiner Geburt mit der Flucht seines Vaters??? “… ob all das überhaupt mit Naima zu tun hatte. Bin ich auf einem Egotrip und nehme das Verschwinden meiner Tochter zum Anlass, den Spuren meiner eigenen Herkunft nachzuforschen und, praktischerweise dabei vor den Problemen in Deutschland davonzulaufen?” (S. 103). Er scheint alles seinem Plan (?) unterzuordnen, bzw. sich ihm zu ergeben:”Und er lud sie [die Niedergeschlagenheit] auch noch dazu ein, indem er sich hier einrichtete und sich dabei einredete, etwas Gutes für sich und seine Suche nach Naima zu tun.” (S.154). Murad und Naima haben sich offensichtlich im Lauf der Jahre entfremdet: “Manchmal glaube ich, ihr wurde alles zuviel und ich, ihr Vater, habe sie im Stich gelassen.” (S. 176) und letztendlich scheint die Flucht die für Naima logische Konsequenz: ”War sie eigentlich enttäuscht von mir, hatte sie das Gefühl, meine Unbeständigkeit und die Tatsache, dass ich sie verlassen hatte, wären Grund genug, sich als Kind eines Verlierers zu verstehen?” (S. 217). Durch seine verschiedenen Quellen, auf die er immer wieder in seiner Abgeschiedenheit des türkisch-syrischen Niemandlandes in einer kargen, rauhen Landschaft wartet, grossartige Landschaftsbeschreibung - für mich ein Spiegel seines Inneren - bekommt er Sprachnachrichten einer Frau zugespielt, die einen Eindruck der Gedankenwelt und der Lebensrealität im Islamischen Staat schildern. Aber ist das wirklich die Stimme seiner Tochter? Und ist die Gestalt später in der weiten schwarzen Abaya wirklich Naima, die ihm gegenübersitzt? Kann er sie in ihr “Mädchenzimmer zurückzerren” (S.221)?

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