Sie haben sich erfolgreich zum "Mein Buchentdecker"-Bereich angemeldet, aber Ihre Anmeldung noch nicht bestätigt. Bitte beachten Sie, dass der E-Mail-Versand bis zu 10 Minuten in Anspruch nehmen kann. Trotzdem keine E-Mail von uns erhalten? Klicken Sie hier, um sich erneut eine E-Mail zusenden zu lassen.

Rezensionen zu
Ein ganzes Leben

Robert Seethaler

(6)
(6)
(2)
(0)
(0)
€ 12,00 [D] inkl. MwSt. | € 12,40 [A] | CHF 17,50* (* empf. VK-Preis)

Mir fällt es gar nicht leicht, über dieses Buch zu schreiben, weil es so anders ist als das, was ich sonst gern lese. Es hat mich in seiner unaufgeregten, ja fast sachlich geschilderten Erzählform sehr beeindruckt und es war mit seinen 192 Seiten in 3-4 Happen aufgelesen. Der Hauptdarsteller beeindruckt durch seine Demut. Eine schwere Kindheit ohne Zuneigung, dafür umso mehr körperliche Misshandlung, harte körperliche Arbeit, Krieg, langjährige Gefangenschaft, der frühe Verlust seiner Frau, niemals das, was wir Wohlstand oder Luxus nennen, nimmt er scheinbar klaglos hin und hadert nicht mit seinem Schicksal. Was braucht´s zum Glücklichsein? Fazit: Lesen!

Lesen Sie weiter

Österreich im frühen 20. Jahrhundert. Andreas Egger kommt als Vierjähriger in das Tal, in dem er fast sein ganzes Leben verbringen wird. Es ist kein großes Leben, er erreicht nicht viel, außer dem, was wohl wirklich wichtig ist: zu überleben und ein zufriedenes Leben zu führen. Ich liebe Bücher, die den “kleinen Mann” ins Zentrum des Geschehens rücken. Wie viele Helden gibt es denn wirklich da draußen? Muss jeder große Taten vollbringen, eine großartige Karriere hinlegen? Sind nur solche, denen dies gelingt, wert, dass man Bücher über sie schreibt? Für mich nicht, denn mich hat von jeher das Leben “normaler” Menschen mehr interessiert. Andreas Egger ist ein solcher Mensch, das Schicksal hält einiges für ihn bereit, an dem ein anderer, ambitionierterer Mann womöglich verzweifelt wäre, doch nicht Andreas Egger. Er sieht an allem die positive Seite, gibt sich mit dem zufrieden, was ihm beschieden wird. Das heißt nicht, dass er keine Ideen hat oder Möglichkeiten erkennt, keine Ziele hat, im Gegenteil, das, was er gerne erreichen möchte, verfolgt er auch. Aber es sind kleine, realistische Ziele, und wenn etwas dazwischen kommt, macht er das beste daraus. Robert Seethalers wunderbarer Roman kann gar nicht genug Leser finden in einer Gesellschaft, in der jeder eine tolle Karriere wollen muss, in der nur eine stetige Leistungssteigerung und Veränderungswillen zählen, niemand, der etwas auf sich hält, mit einer einfachen Arbeit und dem ganz privaten Streben nach Glück zufrieden sein darf. Zeigt nicht die Anzahl der Burnout- und Depressionskranken, was zu hohe Erwartungen seitens der Gesellschaft und an sich selbst bewirken? Geschrieben ist das Buch genau mit jener wunderbaren Leichtigkeit, die mich bereits durch den “Trafikanten” fliegen ließ und die die Lektüre zu einem puren Genuss werden lässt. Dabei stößt man auf so fabelhafte Sätze wie den folgenden: “Die Vergangenheit schien sich in alle Richtungen zu krümmen und in der Erinnerung gerieten die Abläufe durcheinander beziehungsweise formten und gewichteten sich auf eigentümliche Weise immer wieder neu.” “Ein ganzes Leben” ist eines dieser Bücher, die im Gedächtnis bleiben, die mehr als eine Geschichte sind und uns zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Der Roman, der auf der Longlist des diesjährigen Man Booker Prize International steht, hätte eine Aufnahme in die Shortlist verdient, drücken wir die Daumen!

Lesen Sie weiter

Das erste Wort, das mir zu Robert Seethalers Geschichte einfiel, war Nüchternheit. Am Anfang der Lektüre war ich verwundert, wie nüchtern und direkt der Autor über schlimme Ereignisse in Eggers Leben schreibt. Nach Beendigung des Buches wurde mir jedoch klar, dass es sich hier eigentlich nicht um Nüchternheit, sondern vielmehr um Einfachheit handelt. Seethaler dramatisiert nicht, er bleibt jedoch auch bei Weitem nicht oberflächlich. Spektakuläres wird unspektakulär beschrieben; Trauriges wird nüchtern erzählt - so scheint es. Ihm gelingt es jedoch, in einfache Beschreibungen so viel Bedeutung zu legen, dass der Leser zum einen in die Geschichte hineingezogen wird, zum anderen beim Leser unglaubliche Gefühlsregungen während der Lektüre entstehen, weil der Autor genügend Raum dazu lässt. Ich hatte am Ende das Gefühl, den Protagonisten unheimlich gut zu kennen, weil ich sein ganzes Leben emotional begleitet habe und dennoch würde es mir schwer fallen, eine detaillierte Charakterbeschreibung über ihn abzugeben. Dies macht das Buch so außergewöhnlich. Robert Seethaler findet die richtige Balance zwischen Leichtigkeit und Tiefgang und liefert mit seiner Erzählung eine glaubwürdige und authentische Version des alltäglichen Lebens im 20. Jahrhundert. Die Nebencharaktere sind mir hingegen bis zum Schluss eher fremd geblieben, vielleicht auch weil sie nicht wirklich viel zum Fortgang der Geschichte beitragen und meist nur kurze Zeit in Eggers Leben verweilen. Wer kurze aber eindringliche Geschichten über das Leben, den Tod, Hoffnung und Akzeptanz lesen möchte und sich dabei noch gerne ins 20. Jahrhundert zurückversetzen lässt, sollte sich dieses Buch unbedingt näher anschauen - ich bin jedenfalls schon sehr neugierig auf seine anderen Werke.

Lesen Sie weiter

Andreas Egger kommt noch als ganz kleiner Bub zu seinem Onkel in die Berge. Dieser ist allerdings nicht begeistert darüber, behandelt den Jungen sehr schlecht, lässt ihn hart arbeiten und drangsaliert ihn wo es nur kann. Während eines erneuten unkontrollierten Wutausbruches bricht ihn der Onkels das Bein, welches anschließend nicht mehr richtig zusammenwächst. So muss sich Andreas nun hinkend fortbewegen, was sein Leben nicht gerade leichter macht. Glücklicherweise ist er irgendwann stärker als sein Verwandter und ist nicht mehr seiner Gewalt schutzlos ausgeliefert. Sobald es geht verlässt der Herangewachsene den Hof und verdient seinen Unterhalt mit Gelegenheitsarbeiten. Da Andreas sowohl recht kräftig und hartgesotten ist, die ihm übertragenen Tätigkeiten ohne großes Murren zuverlässig erledigt, ist er ein gern gesehener Arbeiter. Zu dieser Zeit verliebt er sich in Marie, die neue Kellnerin des Dorfgasthauses. Andreas ist schnell klar die junge Frau heiraten zu wollen. Doch damit er überhaupt seine zukünftige Familie ernähren kann, braucht er ein geregeltes Einkommen. Da kommen ihm die Bauarbeiten für die erste Bergbahn gerade Recht. Trotz seiner Gehbehinderung bekommt der Einheimische eine Stelle in der Baufirma und wird durch seine Arbeitsweise bald zu einem unentbehrlichen Mitarbeiter. Eine gute Gelegenheit endlich Marie zur Frau zu nehmen und mit ihr das selbsterwirtschaftete kleine Anwesen am Berg zu bewohnen. Doch die Freude ist nicht von langer Dauer. Auf Grund der zahlreichen Baumrodungen für die Bergbahn sind die Hänge abschüssig geworden. Eine Schneelawine löst sich, rollt ungebremst auf Eggers Haus zu und begräbt nicht nur den Besitz sondern auch seine schwangere Frau unter sich. Erneut verliert der Mann alles was ihm lieb ist. Nach einer Zeit des Trauerns aber, kämpft sich Andreas zurück ins Leben und beginnt von neuem. Leider nehmen damit die schwierigen, traurigen und lebensbedrohlichen Ereignisse in seinem Leben kein Ende. So muss er u.a. noch den zweiten Weltkrieg, den finanziellen Untergang seines Arbeitgebers oder den neuen technischen Fortschritt überstehen, bis er sein "Ziel" erreicht. Die anfänglichen Kindheitserinnerungen, die von brutaler Gewalt gekennzeichnet sind, haben mich beinahe dazu gebracht das Buch wegzulegen. Als dann auch noch Marie stirbt, ist mir klar, ich höre mit dem Lesen auf. Obwohl der junge Mann so eine gute "Seele" ist, immer jedem hilft, so leiden muss und sich dennoch stets bemüht, verliert er seine große Liebe und steht wieder vor dem nichts. Robert Seethaler schaffte es mit seiner Erzählweise, dass Andreas mir so leid tat, dass ich gar nicht mehr wissen wollte, wie die Geschichte endet. Daher war mein Plan das Buch nach der nächsten Seite wegzulegen und mit der nächsten Handlung zu beginnen. Und genau an dieser Stelle erhält Andreas Egger in seinem verletzten Zustand Hilfe von den Dorfbewohnern indem der Wirt ihm kurzzeitig eine Unterkunft zur Verfügung stellt. Auch an seinen früheren Arbeitsplatz kann er nach der Genesung wieder zurückkehren. Obwohl ihn die Vergangenheit nicht los lässt, gibt er nicht auf und macht unverdrossen weiter. Das hat mir sehr imponiert. Gefallen hat mir ebenso Seethalers nüchterne Erzählweise gefallen. Er heischt kein Mitleid oder rührt seine Leser künstlich zu Tränen. Genau das hat mich in den Bann der Geschichte und auf die Seite der Hauptfigur gezogen. Wie ihr euch also denken könnt, habe ich das Buch nicht weggelegt sondern bis zum Ende gelesen. Dabei bleibt jedoch eines gleich. Andreas muss nach wie vor schwierige Situationen in seinem Leben meistern, doch bleibt er stets stoisch dabei seinen Weg fortzusetzen und sein Leben weiter zu leben. Fazit: Das Leben einer gewaltigen Persönlichkeit, die den gewaltigen Bergen im Hintergrund, in nichts nachsteht.

Lesen Sie weiter

Robert Seethaler, in Wien geboren, ist Schriftsteller, Schauspieler und Drehbuchautor, und feierte sein Debüt als Romanautor mit “Die Biene und der Kurt“, für den er 2007 ausgezeichnet wurde. Es folgten mehrere Romane, sowie das Drehbuch für den auf zahlreichen internationalen Filmfesten gezeigten Film “Die zweite Frau“. “Ein ganzes Leben” ist sein fünfter Roman und erschien 2014. Kann man ein ganzes Leben auf nicht einmal 200 Seiten bannen? Robert Seethaler beweist in seinem Roman “Ein ganzes Leben“, das dies durchaus möglich ist, und rafft mehrere Jahrzehnte zu einigen einschneidenden und bedeutsamen Szenen zusammen. Seethaler erzählt die Geschichte von Andreas Egger, der als Kind zum Hof seines Onkels in ein kleines Bergdorf geschickt wurde, den niemanden wollte, und der letztendlich sogar vom Hofherrn zum Krüppel geprügelt wird. Doch trotz seines Hinkens entwickelt sich Egger zu einem starken Mann, stärker als andere im Dorf. Gerade dies bringt ihm letztendlich auch die Chance, sich als Tagelöhner durchzuschlagen – anders hätte er in einer Zeit, in der schon bei der Geburt entschieden wird ob man das Recht hat etwas aus seinem Leben zu machen oder nicht, auch gar nicht überleben können. Egger ist ruhig, schweigsam, ja fast schon eigenbrötlerisch, der sich in sein Schicksal zu fügen scheint, aber auch versucht, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Sei es eine Arbeit bei Bittermann & Söhne, eine Firma, die den Seilbahnbau ins Dorf bringt – und damit den Tourismus – oder die Liebe selbst. Eine Liebe, die so einfach und doch so besonders ist, dass sie wahrlich zu Egger passt. Egger ist ein einfacher Mann, mit der Natur verbunden, mit einem Ohr für den Wind und die Berge, voll Ehrfurcht für die Kraft von Mutter Natur. Der Bau der Seilbahnen fungiert als Symbol – so ist Egger doch gezwungen, sich auf den Fortschritt einzulassen, doch all die Veränderungen in der Welt, all die Hektik, haben auch ihre Schattenseiten. Menschen sterben, Menschen die Egger ans Herz gewachsen sind, Menschen die ihm die Welt bedeuten – und auch er selbst sieht sich letztendlich gezwungen, in den Krieg zu ziehen; er, den die Armee mit seinem Hinkebein zu Beginn noch gar nicht wollte. “Ein ganzes Leben” ist unglaublich schlicht gehalten, sowohl in der Sprache als auch im Inhalt. Nichts scheint überflüssig, und doch ist jedes Wort am richtigen Ort, hat jede Szene ihre Bedeutung und hinterlässt eine Spur in Eggers Leben – und im Kopf des Lesers selbst. Demütig akzeptiert Egger den Fortschritt und die Probleme, die dieser mit sich bringt, lässt die Moderne aber nie ganz in sein Leben einziehen – deutlich in der Art und Weise zu sehen, wie er mit dem damals aufkommenden Phänomen des Fernsehens umgeht. Ein einfaches Leben, ein Dorf in dem die Zeit stillzustehen scheint, ein Einzelgänger der versucht mit den Veränderungen klarzukommen, die das Leben für ihn bereithält, und ein Autor der es schafft, sogar Töne und Geräusche – oder deren Abwesenheit – in Worte zu fassen. “Ein ganzes Leben” überzeugt mit einem einfachen, jedoch perfekt zur Geschichte passenden Schreibstil und erzählt von Höhen und Tiefen, von Stillstand und Veränderung, von gewinnen und verlieren. Ein melancholischer Roman der genau wie sein Hauptcharakter Andreas Egger in seiner Einfachheit besonders ist. Wenn man sich denn darauf einlässt.

Lesen Sie weiter

„Hinker! Hinker!“. So schallt es Andreas Egger aus Kindermund oft hinterher, wenn er sich zu Fuß auf den Weg in und durch das kleine Dorf am Talgrund macht. Worte, Hänseleien, die ihn kaum berühren, die ihn nicht mehr stören. Auch wenn die Ursache für dieses Hinken, sein eines, kaputtes Bein durchaus eine lebenslange Verbitterung wert gewesen wäre. Aber so einer ist Andreas nicht, der als Kind in das Dorf kam, der nicht mehr weiß, woher er eigentlich kam, der hier und da noch einen „Hauch Wärme“ im Gedanken an irgendeinen anderen Ort empfinden mag, aber andererseits viel zu sehr im hier und jetzt der Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts lebt, als darüber viel nachzusinnen. Der im Wirtshaus auf eine Bedienung trifft, Marie. Der sich erinnert an den Ziehvater, genauso hart im Denken wie mit der Hand oder der Gerte, in diesem Dorf, das damals noch nicht einmal Elektrizität besaß. In dem das Leben hart war, der Alltag keine Zeit für kuschelige Gefühle ließ. Der mit Marie Pläne entfaltet, gemeinsam mit ihr in seinem solide wirkenden Haus sitzt. Der kurz zuvor den alten Johannes Kalischka, ausgemergelt, fast erfroren, versuchte, auf dem Rücken ins Tal zu tragen und wenig Dank dafür erhielt. Außer dem Hinweis auf die „kalte Frau“, die auch auf ihn, Andreas, warten würde. Aber, wie auch am (unprätentiös und dennoch ergreifenden Ende des Buches), als Andreas diese „kalte Frau“ meint, zu sehen, da entpuppt sie sich als jemand ganz anderes, als er dachte. Und sein kräftiges „Noch nicht“ wird für eine Weile noch Bestand haben. Bestand haben in einem einfachen Leben eines „kleinen Mannes“ durch die Jahrzehnte von altem, harten Bergbauernleben hindurch über die Modernisierung des Tals (bei der Andreas als Bauerbeiter an so manchen Orten mitwirkt), über die Kriegsjahre (einer der beiden Momente, an denen Andreas Egger die nähere Umgebung verlassen wird) hin zur Wiederkehr, zum erleben (und studieren) der Menschen, der Touristen, zum Genuss des Alleinseins und zum Fahren, Getrieben werden, wovon auch immer, hin zur „Endstation“. Und das alles, dieses ganze Leben mit wenigen (und nicht unbedingt höchsten) Höhen und wirklich tiefen, dramatischen Niederungen und überaus harten Erlebnissen verfasst Seethaler in einer solch klaren, einfachen und dennoch differenzierten und bildkräftigen Sprache, dass man als Leser gar nicht anders kann, als dieses eine Leben fast „wie von Innen“ zu betreten. Im Anblick von Menschen, denen „der Tod bereits hinter der Stirn hockte“ über ein „sich durchkämpfen“ hin zu einer inneren Rundung eines Lebens, die erst in der Begleitung des Mannes durch all die Jahre verstanden werden kann. Denn im nur äußeren Ergehen verbleibt viel, viel Luft zur Klage und Bitterkeit. Die Seethaler ebenso klar und direkt benennt, die er seiner Hauptfigur und damit auch dem Leser ungefiltert zumutet. Ruhig. Einfach. Mit vielfachen emotional nachvollziehbaren Momenten der Stille und der der Einsamkeit des Menschen. Mit der ebenso Emotionen hervorrufenden Art des Menschen (hier der Touristen) zu plappern und zu plappern ohne jemals etwas auszusagen (eine wundervolle Szene , was diesem jungen Touristen geschieht, der sich vor lauter Begeisterung über die Berge nicht mehr ein bekommt). Eine wundervolle Lektüre. Über ein einfaches Leben am Rande der Zivilisation, was auch für das innere Erleben des Mannes zutrifft. Und, in gewisser Weise, auch ein Liebesroman bis zum Schluss, der eher verdeckt im Menschen Eggert seine Kreise zieht.

Lesen Sie weiter

Wir stellen nicht sicher, dass Rezensent*innen, welche unsere Produkte auf dieser Website bewerten, unsere Produkte auch tatsächlich gekauft/gelesen haben.