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Rezensionen zu
Morgengrauen

Selahattin Demirtaş

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Vom Schicksal der Frauen in der Türkei

Von: Japan Connect (Fabienne)

09.10.2023

Nachdem ich Demirtas neuestes Werk "Kaltfront" gelesen hatte, war ich auf "Morgengrauen sehr gespannt, weil der Klappentext andeutet, dass hier aktuelle Probleme der Türkei anhand des Schicksals von Frauen aufgezeigt wird. Ich kann nur sagen, ich wurde nicht enttäuscht. Demirtas berichtet vom Schicksal von Mädchen und erwachsenen Frauen, von Frauen aus der Türkei und Flüchtenden aus Syrien. Geschichten, die unter die Haut gehen. Zudem versucht sich der Autor hier in verschiedenen literarischen Stilen. Wüsste ich es nicht besser, hätte ich gedacht, dass dies nicht sein Debüt, sondern ein reiferes Werk ist. Eine grosse Leseempfehlung.

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Ich finde sehr interessant, dass Demirtas aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Edirne geschrieben hat und seine Geschichten sind alles andere als frei erfunden. In den 12 kurzen und doch sehr intensiven Geschichten erfährt man mehr, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Die Botschaft, die dabei vermittelt wird, erschüttert einen bis auf die Knochen. Erster Satz: „Unser Gefängnishof ist so gross wie ein rechteckiger Betonbrunnen.“ Jede Geschichte verbirgt auf ihre Art eine Botschaft, dessen Grausamkeit einem nur allzu exakt beschrieben wird.

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In Morgen Grauen steckt viel mehr, als man auf den ersten Blick meinen sollte. Worum geht es? Demirtas ist kein Autor, wie man ihn sich vielleicht vorstellt. Er schreibt nicht gemütlich bei sich zu Hause auf seinem Laptop. Er schreibt aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Edirne und seine Geschichten sind alles andere als frei erfunden. In den 12 kurzen und doch sehr intensiven Geschichten erfährt man mehr, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Und die Botschaft, die dabei vermittelt wird, erschüttert einen bis auf die Knochen. Erster Satz: „Unser Gefängnishof ist so gross wie ein rechteckiger Betonbrunnen.“ Meine Meinung Nach dem Lesen dieses dünnen aber doch heftigen Buches musste ich mich eine Weile sammeln, bevor ich es rezensieren konnte. Jede Geschichte verbirgt auf ihre Art eine Botschaft, dessen Grausamkeit einem nur allzu exakt beschrieben wird. So erfährt man von einer jungen Frau, die auf grausame Art vergewaltigt und danach aus Schande von der eigenen Familie ermordet wurde. „Drei Männer hatten am Abend Sehers Träume gestohlen. Drei Männer stahlen in der Nacht ihr Leben.“ S. 30 Als ich diese Geschichte in Morgen Grauen lass wurde mir anders. Ich dachte lange über ihr Schicksal nach und konnte dies einfach nicht nachvollziehen. Ich spielte sogar kurz mit dem Gedanken, das Buch abzubrechen. Doch nur weil ich es nicht las, hiess das nicht, dass dies nicht auch tatsächlich geschah. Ebenso aufwühlend fand ich auch die Geschichte über die kleine Mina. Ein syrisches Mädchen, das sich mit ihrer Mutter auf die Flucht begab. Doch sie kamen nicht weit. Das Boot kenterte und die fünf jährige Mina ist nun eine Meerjungfrau… „Ich heisse Mina und bin fünf Jahre alt. Vor zwei Monaten haben wir uns in Hama auf den Weg gemacht. Mein ganzes Leben habe ich das Meer nie von aussen gesehen. Seit einer Woche bin ich nun am Grund des Meeres. Ich bin eine Meerjungfrau, und das Meer ist jetzt meine Mutter.“ S. 77 Ihr seht; Morgen Grauen ist alles andere als leichte Kost. Die Geschichten wühlen einen auf, lassen einen nicht los und auch nicht mehr vergessen. Tatsache ist; auch wenn einige Geschichten etwas abstrakt dargestellt wurden, diese Dinge geschehen wirklich. Und es ist wichtig darüber zu sprechen und es nicht Totzuschweigen. Schreibstil & Cover Der Schreibstil ist abstrakt und lässt viel Raum für eigene Vorstellungskraft, die oft grausamer, als das Geschriebene Wort sein kann. Nichtsdestotrotz findet der Autor richtige Worte und bringt seine Botschaft so sehr stark rüber. Das Cover ist passend und weckt auf jeden Fall das nötige Interesse. Fazit Morgen Grauen ist nichts für diejenigen, die sich von solchen Themen nur schwer lösen können. Es ist grausam was auf der Welt geschieht, es sollte aber nicht einfach ignoriert werden. Auch wenn man das Gefühl hat machtlos dem gegenüber zu sein, ist es wichtig auch aufgeklärt und offen zu sein. Vielleicht ergibt sich irgend ein kleiner Moment und man kann doch mehr tun. Bewertung Buchlänge ♥♥♥♥ (4/5) Schreibstil ♥♥♥♥ (4/5) Botschaft ♥♥♥ (3/5) Lesevergnügen ♥♥♥♥ (4/5)

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Eigentlich hatte ich gar nicht geplant, hier eine Serie zu zeitgenössischer türkischer Literatur zu beginnen. Was ich dazu weiß, stammt aus eigener Lektüre, und als Experte würde ich mich nicht bezeichnen. Aber dank interessanter Rezensionsexemplare hat es sich nun scheinbar doch so ergeben. Das hier zumindest ist die vierte Kolumne zum Thema. Auffällig, wie viele Texte dabei aus dem Gefängnis kommen oder vom Gefängnis handeln. Das spiegelt sicherlich einerseits die Situation in der Türkei heute wieder, ebenso wie die an Willkürherrschaften nicht arme Geschichte. Es mag aber auch den deutschen Leseerwartungen geschuldet sein, dass gerade solche Texte übersetzt werden und andere eher nicht. Von politischem Interesse – aber auch gut? [vll kleinere Spoiler] Morgengrauen (Oder: Morgen Grauen?) ist ein schmaler Band mit Erzählungen von Selahattin Demirtaş, der bis Februar 2018 Co-Vorsitzender HDP war und die Zeit im Hochsicherheitsgefängnis von Edirne mit Schreiben totschlägt. Zu den wie in jüngerer Vergangenheit meist fragwürdig wirkenden Hintergründen der Verhaftung informiert kusorisch Wikipedia. Nun macht allerdings politisches Engagement noch keinen guten Schriftsteller und wenn jemand Belletristik veröffentlicht, der anderweitig bekannt geworden ist, bin ich erst mal skeptisch: Hat hier einfach ein Verlag eine Chance gewittert? Hat der Autor sich das Handwerkszeug erarbeiten können, dass man meist nur durch viele Jahre des (oft erfolglosen) Schreibens erlangt? Demirtaş scheint zumindest aus einer ordentlichen Grundlage schöpfen zu können. Seine Texte sind einfach, gradlinig, auch sprachlich leicht gehalten, dabei aber in den besseren Momenten wie eine Reihe schmerzhafter Punchlines. Manche Erzählungen, etwa die in der Çukurova spielende „Seher“, die dem Band auch den Titel verleiht (Seher heißt Morgengrauen bzw. Zwielicht) sind sogar wirklich gelungen. Eine junge Liebe, heimlich ausgetauschte Bicke und eine gemeinsame Ausfahrt. Dann plötzlich das Umschlagen der Stimmung: Eine Vergewaltigung. Und als die traumatisierte Seher endlich zu Fuß zu Hause ankommt, eine weitere schockierende Wendung: Unter glaubhaftem Bedauern bis hin zur Agonie bereitet der Vater den Mord an der Tochter vor, um die Ehre reinzuwaschen, was der Bruder ausführen soll. Worauf die Tochter in schmerzhaftem Einverständnis sogar noch anbietet, sich selbst zu töten, damit wenigstens der Bruder nicht ins Gefängnis muss. Texte von wechselnder Qualität Andere Erzählungen, wie etwa die der Sperlingsfamilie, deren Nest geräumt wird („Der Mann in uns“), sind all zu offensichtliche Parabeln, aber immerhin noch pfiffig erzählt. Immer spielen das Gefängnis und die innerfamiliäre Gewalt herausragende Rollen. Selbst in einer kleinen Liebesträumerei wie „Schönen Gruß an die schwarzen Augen“, in der ausnahmsweise einmal keine schreckliche Wendung lauert, droht der Zorn der Familien, während die späte Enthüllung, dass unser Träumer ausgerechnet das Gefängnis mit erbaut, in dem der Autor derzeit sitzt, uns aus dem „was wäre wenn“ herausreißt. Einige weitere Texte sind offenkundig nicht mehr als Gedächtnisprotokolle, man kann sie kaum Erzählungen nennen. Allerdings dürften die Verhältnisse in einem Hochsicherheitsgefängnis auch nicht geradezu dazu einladen, immer bis ins Letzte an den eigenen Texten zu feilen. Dennoch liefert Morgengrauen genügend literarisch genießbare Texte, als dass man den schmalen Band aus diesem Grund lesen kann und sich nicht von dem spektakulären biografischen Hintergrund ködern lassen muss. Demirtaş widmet seinen belletristischen Erstling „allen misshandelten und ermordeten Frauen“, was sich in den zahlreichen starken Frauenfiguren in den Texten widerspiegelt. Das ist angesichts der Tatsache, die die Rolle der Frau im Kampf um die Ausrichtung der modernen türkischen Gesellschaft spielt, durchaus konsequent. Manchmal kommt es allerdings all zu plakativ herüber.

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