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Rezensionen zu
Der große Wunsch

Sherko Fatah

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Sherko Fatahs Roman handelt von einer Vater-Tochter Beziehung, er handelt auch von Wurzeln und Heimat , von einer lebensfeindlichen Landschaft, vom Leben der Kurden, eines Volks ohne eigenen Staat. Er handelt vom IS, auch Daesh genannt zu dem die Tochter des Protagonisten gereist ist um sich mit einem „Bruder“, einem Kämpfer des Daesh zu verheiraten. Der Protagonist Murad, dessen Name „der sehnliche Wunsch“ bedeutet, sucht nach seiner Tochter Naima, bzw lässt er von einheimischen Profis suchen, er ist kein Abenteurertyp. Er bezahlt viel für Informationen und streift inzwischen selbst im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien herum, im Kurdengebiet, der Heimat seines Vaters. Während der Protagonist in dieser sehr eindrucksvoll beschriebenen Landschaft unterwegs ist, denkt er über seine Vaterrolle nach, in der er sich gescheitert fühlt. Er bedauert, seine Tochter im Grunde so wenig zu kennen und ihr auch zu wenig von den Wurzeln ihres Großvaters erzählt zu haben. „Murad dachte an Deutschland zurück und kam zu dem Schluss, dass dieses Heimatgefühl für die meisten Leute dort etwas Selbstverständliches war; sie waren wo sie hingehörten.. Für mich wird es das nicht geben, dachte Murad, ich bin nie dort, wo ich hingehöre (…) War das vielleicht auch der Grund für Naima, hatte sie sich vielleicht auf den Weg zu ihrem Ort gemacht? (…) es wollte in Murads Augen nicht so recht zu Naima passen. Es schien ihm einfach zu sentimental. Im Grunde aber entsprach es nicht dem Bild, das er sich von ihrer Generation machte. Passte ein solches Gefühl überhaupt zu diesen jungen Leuten mit ihren im Licht der Handydisplays bleichen Gesichtern? “ S.76 Ebenso wie schon Murad selbst ist seine Tochter in Deutschland geboren und aufgewachsen ohne Verbindung zu den kulturellen und religiösen Traditionen des kurdischen Volks. Ihre Mutter ist Deutsche, der Vater vermutet aber, dass es Naima nicht gelungen ist, ihre Wurzeln zu definieren und ihren Platz in der Welt zu finden. Und eines Tages beginnt sie sich für den Islam zu interessieren bzw für einen jungen Mann, der die Absicht hat, zum Daesh nach Syrien zu reisen. Das Buch ist ebenso wie drei Vorgänger-Romane von Sherko Fatah im von mir hochgeschätzen Luchterhand-Verlag erschienen. Sherko Fatah, geboren 1964 in Ostberlin, ist ein deutscher Schriftsteller mit irakisch-kurdischen Wurzeln. Er hat in der DDR, in Wien und in Westberlin gelebt, wobei die Familie oft in den Irak gereist ist. Er hat Philosophie und Kunstgeschichte studiert. In allen seinen Büchern thematisiert er die gewalttätigen Auseinandersetzungen im kurdischen Grenzgebiet zwischen Iran, Irak und der Türkei sowie deren Auswirkungen bis nach Europa. Seine Figuren erleben Entwurzelung, Krieg, Gewalt, Folter, Flucht und Exil in verschiedenen Facetten. Man kann also vermuten, dass der Protagonist dieses Buchs einiges mit dem Autor gemeinsam hat. Die Schmuggler, die sich professionell mit dem Auffinden von Personen im Gebiet des Daesh befassen, haben eine junge Frau gefunden, von der sie vermuten, dass es sich um Naima handelt. In Mardin überreichen sie ihm ein Foto, aber Murad ist sich nicht sicher, ob es sich bei der auf dem Foto dargestellten verschleierten Frau tatsächlich um seine Tochter handelt. Es gibt aber einen weiteren Hinweis: eine Art Audiotagebuch, das auf nicht ganz durchschaubare Art und Weise Stück für Stück in den Besitz der Schmuggler kommt. Dieses Tagebuch, von dem man bis zuletzt nicht weiß, ob es tatsächlich von Murads Tochter stammt, ist ein wichtiges Element des Romanaufbaus. Abgesehen von kleineren Begegnungen mit Bewohnern der Region und den Leuten bei denen Murad wohnt, ist es das einzige Element, das die Handlung vorantreibt. Aus diesem Tagebuch erfährt man einiges aus dem Alltagsleben im Kalifat und über die Ideologie, die dort herrscht. Ansonsten ist der Islam und seine Auswüchse in diesem Roman kein sehr wichtiges Thema. Durch seinen Fahrer und die Streifzüge durch die Gegend lernt Murad auch eine kurdische Kämpferin gegen den Daesh kennen. Das Kalifat ist fast am Ende, Rakka, die Stadt, in der sich die vermutete Naima befindet, kann jeden Moment fallen. Die Schmuggler drängen darauf schnell zu handeln und Naima aus dem Kriegsgebiet herauszuholen, doch Murad zögert, will zuerst mitkommen, dann doch wieder nicht. Hier tritt nun eine Person auf, von der schon öfter die Rede war nämlich Murads Freund Aziz. Von Aziz erfährt man, dass er zu Murad kommen will, dass er irgendwo in der Gegend ist und schließlich, dass er selbst in Rakka war dass es im gelungen ist, Naima in Sicherheit zu bringen. „Vielleicht war es eine Schnapsidee, aber ich war da, als sie mich brauchte. Und ich habe ihr geholfen. Das habe ich auch für dich getan“ S373 Die Kurden haben bereits die Macht übernommen. Aziz, Murad und Naima treffen zusammen und die ganze Problematik der Vater-Tochter-Beziehung wird klar. „Naima erhob sich sofort und drängte sich an Murad vorbei, stieß ihn ein wenig von sich. Er fiel rückwärts, saß am Boden und blickte ihr nach, wie sie aus dem Raum huschte (…) Schwerfällig erhob er sich und ging ihr nach. Bereits vom Gang aus sah er Naima mit wehender Abaya auf Aziz zulaufen und ihm um den Hals fallen. Da blieb Murad stehen. Kurz zweifelte er an dem, was er sah, dann sickerte die Erkenntnis in ihn ein. Aziz hielt seine Tochter fest in den Armen.“ S 377 Tja, über dieses „seine Tochter“ kann man nachdenken, erfährt aber nichts weiter, ebenso wenig wie darüber, ob das Audiotagebuch nun von Naima stammte oder doch nicht. Obwohl ein alles andere als geruhsames Thema im Zentrum dieses Romans steht, plätschert er doch recht gemütlich dahin. Er erinnert mich etwas an einen Thesenroman: „als Vater mit kurdischen Wurzeln sollte man seiner Tochter … “ Alles in allem hat mir der Text gut gefallen. Die Sprache liest sich sehr flüssig, die Beschreibungen der Region haben mich interessiert, ebenso das Audiotagebuch über das Leben im „Kalifat“, und auch die etwas langatmigen Überlegungen, die Murad über Heimat und Wurzeln anstellt. Jemandem auf der Suche nach Spannung, kann ich diesen Roman nicht empfehlen, wohl aber Leser*innen, die sich für die Thematik interessieren.

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Murad heißt übersetzt der große Wunsch und das ist es auch was ihn durch den Roman trägt. Denn der Protagonist Murad reist in die unwirtliche Landschaft in das Grenzgebiet Türkei und Syrien. Er ist auf der Suche nach seiner Tochter Naima und möchte sie sehnlichst finden. Diese hat sich in seiner Abwesenheit, denn er ist getrennt lebend von seiner Ex-Frau Dorothee in Berlin, radikalisiert. Die junge 20jährige Tochter ist ihrem Mann in den Glaubenskrieg gefolgt in das Kalifat Syrien. Nun fragt sich Murad wie es dazu kommen konnte. Wir erleben den suchenden Vater, den wartenden Vater, den zur Reflektion seiner selbst gezwungenen Vater und das alles vor diesem massiven öden Bergpanorama, dass dem ganzen eine unerträgliche Bedrohung hinzufügt. Diese Natur ist omnipräsent im Roman und bestimmt die Szenerie. Diese Geschichte handelt von einem Kind, dass eine unglaubliche Richtung einschlug. Aber im gleichen Maße geht es um die Wurzeln des Vaters und wie er dieses kurdische Grenzgebiet erlebt aus dem einst sein Vater kam. Ein Roman der erst gegen Ende inhaltlich Fahrt aufnimmt, aber vorher die großen Themen des Lebens behandelt und das in einer überzeugenden Prosa. Im Kern geht es um Heimat, Wurzeln und wie auch die Fremdheit in der Heimat überbordend sein kann. Was mitschwingt ist auch die Frage der Zugehörigkeit. Dieser Roman steht auf der Longlist des deutschen Buchpreises 2023. Aus meiner Sicht zu Recht, denn Sherko Fatah ist mit seiner Sprache dicht an dem was viele Menschen innerlich erleben. Ein Grübeln und Durchdenken was ist Fremd, was ist ein Zuhause, wo ist die Heimat, wer bin ich. Ich habe es gern gelesen, denn es hat mich bereichert.

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Murad sucht seine Tochter, und dafür ist er bis ins syrisch-türkische Grenzland gereist, denn Naima hat überraschend einen religiösen Fanatiker geheiratet und ist mit ihm nach Syrien aufgebrochen, um sich dem IS anzuschließen. Da es für Murad zu gefährlich ist, sich auf eigene Faust auf den Weg über die Grenze zu machen, kontaktiert er Schlepper und andere Mittelsmänner, um an Informationen über seine Tochter zu gelangen. Nach einer Weile erhält er Fotos einer verschleierten Frau sowie Audioaufnahmen, die angeblich von Naima stammen. Doch ist sie es wirklich oder will er sie nur erkennen, um überhaupt einen Anhaltspunkt zu haben? Sherko Fatah bleibt in seinem Roman ganz dicht bei Murad, wir sehen die Welt aus seiner Perspektive, wir warten mit ihm auf Neuigkeiten, auf irgendeine Art von Entwicklung. Das ist oft zäh, die Tage sind lang und in dem kleinen Ort, in dem sich Murad einquartiert hat, gibt es nicht viel zu tun. In Rückblenden erfahren wir von Murads Leben in Deutschland, von seinem Aufwachsen mit Eltern, die aus dem Irak eingewandert waren und immer versuchten, unauffällig zu bleiben. Murad selbst hält sich für aufgeklärt, er wollte seine Tochter als freien Menschen erziehen. Trotzdem haben sie sich voneinander entfernt, vor allem seit seiner Trennung von ihrer Mutter Dorothee war der Kontakt zwischen Vater und Tochter nicht mehr so intensiv. Allerdings wurde auch Dorothee von Naimas plötzlicher Radikalisierung überrascht. Und Murad, eigentlich ein Sozialarbeiter und nicht für seine Abenteuerlust bekannt, bricht zu einer monatelangen Reise auf, um seine Tochter zu befreien und zurück nach Berlin zu holen. Vielleicht verständlich aus der Vaterperspektive, ist es für ihn völlig klar, dass Naima verführt wurde, dass sie inzwischen sicherlich bereut, sich einer terroristischen Gruppe angeschlossen zu haben. Doch Murat, im kargen Grenzgebiet gefangen, dessen Regeln er nicht versteht und dem er sich aufgrund der Familiengeschichte zugehörig fühlen sollte, ohne es zu tun, muss sich nicht nur vor Ort mit willkürlich gezogenen Grenzen auseinandersetzen, sondern zunehmend auch mit den Grenzen im eigenen Kopf sowie mit den verschwimmenden Grenzen zwischen realer und digitaler Welt. Da wir als Leser:innen nur seine Perspektive sehen, bleiben die Menschen um ihn herum schablonenhaft, denn ihm wie uns sind die lokalen Codes und Gepflogenheiten fremd. Selbst Murads bester Freund Aziz bleibt undurchsichtig, obwohl er ihm verspricht, zu ihm zu kommen und ihm zu helfen. Letztendlich ist auch Murad verblendet, er will seine Tochter so sehen, wie sie in sein Weltbild passt. Andere Möglichkeiten verdrängt er, auch die Tatsache, dass sie als Terroristin vermutlich nicht so einfach zurück in ihr altes Leben könnte, will er nicht wahrhaben. Sherko Fatah schreibt über das Leben im Dazwischen, über die willkürlichen Grenzen, die uns oft daran hindern, die größeren Zusammenhänge zu erkennen und die andere Seite zu verstehen. Es geht um Familie und Verantwortung, um migrantisches Leben in der zweiten und dritten Generation sowie die Schwierigkeit, sich für andere Perspektiven zu öffnen. Bei diesem Roman lohnt sich das Durchhalten, denn auch wenn manchmal nicht viel zu passieren scheint, hat die Handlung einen dunklen Unterton, der für Spannung sorgt. Und das Ende ist fulminant und vermittelt sehr gekonnt das Gefühl, einer Situation komplett ausgeliefert zu sein.

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Murad ist im im Grenzgebiet der Türkei zu Syrien. Er streift umher, oft ohne Ziel, schlägt Nächte und Tage tot, nur um auf weitere Informationen zu warten. Er begab sich von Deutschland aus in das Land seiner Väter. Ein Land, mit dem er abgeschlossen hatte und sich in Deutschland angekommen fühlte. Sein Leben war dennoch nicht erfüllt. Die Ehe zerbrochen, seine Tochter Naima von ihm entfernt. Die Distanz war groß, geographisch wie emotional. Naima hatte sich einem „Bruder“, einem Glaubenskrieger, angeschlossen, wahrscheinlich aus Liebe, und ging nach Syrien. Der Kontakt nach Hause riss komplett ab, und so machte sich Murad auf die Suche nach ihr. Mit Hilfe von Schleusern, die ihn nur spärlich mit Informationen (gegen viel Geld) versorgten, lässt er sich im kurdischen Grenzgebiet nieder. Das Warten wurde zur Qual, die aufgezwungene Untätigkeit zur Nervenprobe. Auf sich allein gestellt reflektierte Murad viel über sich selbst nach. Als die ersten Voice-Mails mit der Stimme einer Frau, welche anscheinend seine Tochter ist, ihn erreichten, begannen Zweifel und Hoffnung einen Kampf in ihm, welcher sprachlich sehr gekonnt den Leser:Innen dargeboten wird. In diesen Audiofiles erfuhr Murad viel über das Leben dieser Frau in der Syrischen Stadt Rakka, über ihren Alltag, die Kämpfe, Grausamkeiten, den Krieg und den drohenden Angriff auf die Stadt. Weiterhin wurde Murad nur spärlich mit Informationen gefüttert, seine Ungeduld nahezu greifbar, und die Vergangenheit aus der neuen Heimat Deutschland holte ihn ein … besonders als sich sein Freund Aziz meldete … Es ist ein sehr vielschichtiger Roman, trotz der oftmals sehr überzeichneten Tristesse, den Ausflügen durch das trockene Land, stecken viele Botschaften und Wahrheiten im Text, welche sich manchmal wirklich mühsam erlesen werden müssen. Fatah scheint mit der Ungeduld von Murad zu spielen, verwebt diese derart im Text, dass dieses Gefühlt aus den Zeilen heraus lebendig zu werden scheint. Es war für mich keine leichte Lektüre, gegen Mitte des Buches war ich dem aufgeben nahe, und nun froh, durchgehalten zu haben. Der Roman hallt nach – und erst Tage nach Beendigung scheint sich vieles zu setzen und der ganze Nebel des Erzählten sich zu lichten und Klarheit zu schaffen. Insofern ist dies eine ganz große Erzählkunst – mensch muss sich nur darüber trauen. Und so bin ich der Meinung, dass dieses Buch sehr wohl seine Berechtigung auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis hat. Gerne gebe ich (trotz allem) eine Leseempfehlung ab, vor allem für jene, die sich aus der Komfortzone des Lesens herauswagen und mutig und neugierig sind.

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DIE GROSSE UNSICHERHEIT

Von: Ingeborg Rosen

26.09.2023

Zugegeben: “Der grosse Wunsch” ist definitiv keine leichte Lektüre”, aber das ‘Dranbleiben’ hat sich unbedingt gelohnt! Den Inhalt muss ich hier nicht referieren und kann gleich zum Wesentlichen: Es ist nicht “nur” Suche des Vaters nach seiner Tochter. Diese Suche umfasst alles: in erster Linie natürlich diese Suche, aber mindestens genauso wichtig ist die Frage nach den WarumS, und das setze ich ganz bewusst in den Plural, da eine sich stellende Frage unweigerlich die nächste nach sich zieht. In erster Linie die offensichtliche, warum seine Tochter diese Entscheidungen (Aufbruch/Heirat) getroffen hat. Daraus erwachsen weitere existentielle Fragen, die nach seiner Schuld (durch Unterlassungen) der Tochter und Ex-Frau gegenüber. “Aber wie rettet man jemanden, auch wenn man ihn noch so sehr liebt, vor dessen eigenen Wünschen?” (S.33) Hat alles seine Ursache in seinen Erwartungen der für ihn neuen Heimat gegenüber? Projeziert er diese - aus eigener Unzulänglichkeit/Unzufriedenheit auf seine Tochter? Liegt der Beginn des Übels bereits vor seiner Geburt mit der Flucht seines Vaters??? “… ob all das überhaupt mit Naima zu tun hatte. Bin ich auf einem Egotrip und nehme das Verschwinden meiner Tochter zum Anlass, den Spuren meiner eigenen Herkunft nachzuforschen und, praktischerweise dabei vor den Problemen in Deutschland davonzulaufen?” (S. 103). Er scheint alles seinem Plan (?) unterzuordnen, bzw. sich ihm zu ergeben:”Und er lud sie [die Niedergeschlagenheit] auch noch dazu ein, indem er sich hier einrichtete und sich dabei einredete, etwas Gutes für sich und seine Suche nach Naima zu tun.” (S.154). Murad und Naima haben sich offensichtlich im Lauf der Jahre entfremdet: “Manchmal glaube ich, ihr wurde alles zuviel und ich, ihr Vater, habe sie im Stich gelassen.” (S. 176) und letztendlich scheint die Flucht die für Naima logische Konsequenz: ”War sie eigentlich enttäuscht von mir, hatte sie das Gefühl, meine Unbeständigkeit und die Tatsache, dass ich sie verlassen hatte, wären Grund genug, sich als Kind eines Verlierers zu verstehen?” (S. 217). Durch seine verschiedenen Quellen, auf die er immer wieder in seiner Abgeschiedenheit des türkisch-syrischen Niemandlandes in einer kargen, rauhen Landschaft wartet, grossartige Landschaftsbeschreibung - für mich ein Spiegel seines Inneren - bekommt er Sprachnachrichten einer Frau zugespielt, die einen Eindruck der Gedankenwelt und der Lebensrealität im Islamischen Staat schildern. Aber ist das wirklich die Stimme seiner Tochter? Und ist die Gestalt später in der weiten schwarzen Abaya wirklich Naima, die ihm gegenübersitzt? Kann er sie in ihr “Mädchenzimmer zurückzerren” (S.221)?

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