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Rezensionen zu
Maud Martha

Gwendolyn Brooks

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Die TV-Serie #godfatherofharlem hat mich zu „Maud Martha“ von Gwendolyn Brooks geführt. Manch einer wird sich fragen: Was hat die Mafia und der Drogenhandel mit „Maud Martha“ zu tun? Neben den steigen Machtkämpfen zwischen den einzelnen Gruppierungen steht die Diskriminierung der dunkelhäutigen Bevölkerung im Mittelpunkt der Serie. Der afro-amerikanische Gangster Bumpy Johnson – brillant von Forest Whitaker gespielt – wurde nach zehn Jahren aus dem Gefängnis entlassen und versucht nicht nur, Harlem gegen den wachsenden Einfluss der italienischen Mafia zu verteidigen. Er betätigt sich auch als Wohltäter und pflegt seine Freundschaft zu Malcom X, dem Wortführer der „Nation of Islam“ und kämpferischer Bürgerrechtler. Maud Martha Brown hätte hier wunderbar eine Rolle spielen können. Denn der Roman thematisiert sehr deutlich die Ausgrenzung und Benachteiligung der farbigen Bevölkerung, wenngleich auf ganz eigene Art. Der Roman über die schwarze Frau spielt Mitte der Vierziger Jahre. Dass ihre Schöpferin zu den bedeutendsten Dichterinnen zählte, spüre ich gleich zu Beginn, es ist wohl einer der schönsten Anfänge, die ich je gelesen habe. Das Zitat findet ihr bei @readiculous.me in ihrer Rezi. Ich falle sanft in diese Geschichte, die uns #gwendolinebrooks mit ruhiger Feder erzählt. Er sind Ausschnitte aus dem Leben einer Frau, die ihre Träume hat. So zoomt sie sich oft von Chicago nach New York. Oder die kleine Wohnung, die sie mit ihrem Mann bezieht, möchte #maudmartha derart schön einrichten, dass der „Defender“ kommt, und sie fotografiert. Doch der Eigentümer der „Kitchenette“ - so nannte man die kleinen Apartements der Schwarzen - setzt sie auf den Boden der Tatsachen: Es soll alles so bleiben, wie es in der möblierten Wohnung ist. Maud Martha findet ihren eigenen Weg, dem ich mit leuchtenden Augen gefolgt bin. Ein sprachschönes, wichtiges wie berührendes Buch, das Bumpy Johnson sicherlich gefallen hätte. Ebenso die Tatsache, dass Gwendolyn Brooks als erste Schwarze Autorin den Pulitzer Preis erhalten hat. Aus dem Englischen übersetzt von Andrea Ott. Mit einem Nachwort von Daniel Schreiber.

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Ein autofiktionales Portrait

Von: oneveganbooknerd

19.08.2023

Maud Martha wächst in den 1940ern in Chicago auf und träumt von einem angenehmen Leben in New York. Sie überlegt, wie sie ihre erste eigene Wohnung einrichtet. Sie verliebt sich und denkt an ein gemeinsames Leben mit ihrem zukünftigen Mann. Sie richtet ihre erste eigene Wohnung ein. Aber nicht so wie in ihren Träumen. Die Wohnung ist klein und möbliert. In der Küche klebt eine grüne Tapete, auf der ein Schwarm kleiner roter Fische abgebildet ist. Maud Martha möchte sich ihr neues Zuhause gemütlich herrichten und eine eigene Note hineinbringen. Der Vermieter erlaubt es nicht. Maud Martha besucht mit ihrem Mann Konzerte und Parties. Sie macht sich viele Gedanken über ihre Nachbarschaft und kennt jede*n Bewohner*in des Hauses mit Namen. Maud Martha denkt aber auch oft über ihre Schwester nach. Denn diese empfindet Maud Martha viel schöner als sich selbst. Die Haut ihrer Schwester Helen ist heller als ihre. Maud Martha ist Schwarz. Der autofiktionale Roman hat mich direkt von der ersten Seite an berührt. Die Leserschaft hat gar keine andere Wahl und muss sich einfach in Maud Martha verlieben. Wie könnten sie auch nicht. "Sie mochte Schokolinsen und Bücher und gemalte Musik (tiefblau oder zartsilbern) und den sich wandelnden Abendhimmel, von den Stufen der hinteren Veranda aus betrachtet. Und Löwenzahn. [...] Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofes verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte." ("Maud Martha" – Gwendoly Brooks, S. 1, Manesse Verlag) Gwendolyn Brooks zeigt in ihrem Roman, dass sie über eine ganz besondere Feinfühligkeit und Beobachtungsgabe verfügt. So gleichen die Passagen über die Chicagoer Nachbarschaft einer feinsinnigen Sozialraumanalyse. Diese Art von Empathie ist jedoch nicht nur den Menschen vorbehalten. In dem Kapitel "Maud Martha verschont die Maus", schildert Brooks in einem treffend zusammenfassenden Text darüber, welche Gedankengänge die Protagonistin dazu bringen, eine Maus zu verschonen, welche sie zuvor noch erschlagen wollte. "Maud Martha" von Gwendolyn Brooks erschien in den USA bereits im Jahre 1953 und kann nun erstmals in deutsche Sprache gelesen werden. Übersetzt wurde das Buch von Andrea Ott. "Maud Martha" ist Gwendolyn Brooks einziger Roman. Die Autorin und Dichterin starb im Jahr 2000.

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„Maud Martha“ ist der einzige Roman von Gwendolyn Brooks (1917 – 2000), die vor allem als Lyrikerin bekannt war. Maud Martha erfährt schon als kleines siebenjähriges Mädchen, wie es sich anfühlt, wenn Menschen nach ihrem Aussehen beurteilt werden. Ihre Haut hat die Farbe von dunklem Kakao, ganz ohne Milch, und ihre Haare sind unbezähmbar. Sie weiß, dass sie in den Augen der anderen nicht hübsch ist und beschließt doch, jemand ganz besonderes zu sein, ein einzigartiges Maud-Martha-Kunstwerk. Sie weiß, dass sie dem alltäglichen Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft nicht entkommen kann, aber sie wird ihm nicht erlauben, ihr Leben zu bestimmen. Gwendolyn Brooks‘ Roman erzählt in chronologisch aufeinanderfolgenden Momentaufnahmen vom Leben dieser jungen Frau im Chicago der 20er bis 40er Jahre. Ich begleite die kleine Maud Martha auf dem Weg zu Schule und stehe mit ihr am Bett der sterbenden Großmutter. Ich lese von der Enttäuschung darüber, dass die Schwester mit der hellen Haut ihr sogar in der Familie vorgezogen wird. Von der Enttäuschung, abgewiesen zu werden und von ersten Verehrern. Ich lese von Paul, neben dem ihr Körper „anfängt zu singen“ (S. 45), und der sie heiratet, weil er sie süß findet und sich selbst nicht für gutaussehend hält. Der Traum von der schicken Wohnung und Dinnerpartys zerschellt an einer Kitchenette, wo sie in zwei kleinen Zimmern leben, deren Mobiliar man nicht ändern darf und wo man sich das Bad mit anderen Bewohnern teilt. Gwendolyn Brooks gelingt es, mit wenigen wohlformulierten Sätzen – die meisten Kapitel umfassen zwei bis drei Seiten - das Lebensgefühl in ihrem Umfeld einzufangen. Ganz gleich, ob es um rassistische Entgleisungen einer weißen Kosmetikvertreterin geht oder um Pauls begehrliche Blicke nach anderen Frauen mit hellerer Haut, – der abwertende Blick der Gesellschaft durchzieht alle Lebensbereiche. Maud Marthas wird nicht müde, ihre Würde zu verteidigen und zu bewahren. Am Ende des Buches ist sie etwa 30 Jahre alt, Mutter einer Tochter und noch immer voller Hoffnung. Gwendolyn Brooks wiederum hat 1950 mit 33 Jahren als erste Schwarze den Pulitzerpreis für ihren Lyrikband „Annie Allen“ erhalten. Die Interviews mit Journalisten führte sie in einer Kitchenette-Wohnung. Sie wusste, wovon sie schrieb, wenn sie auch in ihren Gedichten den Rassismus in seinen vielen Formen thematisierte. Nach dem Pulitzerpreis erhielt sie noch viele Ehrungen, Schulen und andere Einrichtungen wurden nach ihr benannt, sie wurde aber vom weißen Literaturbetrieb mehr oder weniger übersehen. Es ist bezeichnend, dass ihr Roman aus dem Jahr 1953 erst 70 Jahre später und 23 Jahre nach ihrem Tod 2000 ins Deutsche übertragen und hier veröffentlicht wurde. Das hat keiner ihrer Gedichtbände bisher geschafft. Ich finde, es ist an der Zeit.

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Viele von Euch wissen, dass wir begeisterte Leser der Manesse Bücher sind. All die unentdeckten Klassiker sprechen uns sehr an. Im Zentrum dabei stehen bei unseren Funden starke Frauen. Deswegen haben wir uns auch über das Rezensionsexemplar „Maud Martha“ der Pulitzer Preis Gewinnerin Gwendolyn Brooks gefreut. Vielen Dank @bloggerportal und @manesseverlag für diesen erstmaligen literarische wertvollen Einblick in das Leben der schwarzen Frau des 20igsten Jahrhundert. Maud Martha Browns Kindheit in der Southside Chicagos der 40er Jahre ist geprägt von Träumereien über ein besseres großartiges Leben und einer wahrhaften großen Liebe. Doch es kommt anders. Statt in das verheißungsvolle New York zu gehen, bleibt sie im tiefsten Sumpf in Chicago hängen, heiratet und bekommt ein Kind und zieht mit ihrer kleinen Familie in eine Kitchenette (ein Zimmer Wohnung mit Küchenzeile). Sowohl ihr Mann als auch Sie träumen von einem besseren Leben, das dem dunkelhäutigen Paar aufgrund des Alltagsrassismus dieser Zeit nicht vergönnt ist. Auf 140 Seiten und 34 Kapiteln taucht man tief und authentisch (mit biografischen Zügen Brooks) in das alltägliche melancholische Leben Maud Marthas ein. Man begleite sie von der Kindheit bis Erwachsenen sein als Mutter, Ehe – und Karrierefrau. Zwischen Resignation und Würde ist ein schmaler Grat. In den 34 teils desillusionierten Anekdoten leidet und hofft man mit Maud mit, die versucht sich ihrer Zeit zu widersetzen. Hierbei steht sie stellvertretend für alle schwarzen Frauen. Brooks beschreibt die verschiedenen Aspekte Mauds „grauen“ Lebens knapp, aber doch sehr poetisch bildhaft und ordnet dies zeitgeschichtlich mit einer herausragenden Beobachtungsgabe ein. Themen wie Armut, Ausgrenzung, Geschlechterrollen und Rassismus stehen hierbei im Zentrum jeder Momentaufnahme. In seinem sehr informativen Nachwort erläutert Daniel Schreiber noch einmal die Tragweite, die dieses Buch schon zu seiner Zeit hatte und zelebriert die erstmalige deutsche Übersetzung (70 Jahre später) des modernen Klassikers von Andrea Ott ins Deutsche. Gwendolyn Brooks war die erste schwarze Pulitzerpreis Trägern. Diese Auszeichnung hat sie für ihren Lyrik Band „Annie Allen“ bekommen und nicht ihren einzigen berührenden Roman „Maud Martha“. Vielleicht sollte ich mir die Gedichte mal zu Gemüte führen.

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Ein sehr begrüßenswerter Trend geht weiter: in Deutschland ungehörte, übergangene, vorwiegend weibliche, oft Schwarze Stimmen werden endlich – oft nach Jahrzehnten – übersetzt. In der Verlagsbranche und bei den Leser:innen ist in den letzten Jahren das Interesse an solchen Texten enorm gewachsen, weshalb es viele spannende Neu- und Wiederveröffentlichungen zu entdecken gibt. Ein Beispiel dafür ist der bei Manesse erschienene Roman Maud Martha von Gwendolyn Brooks in der sehr gelungenen Übersetzung von Andrea Ott. Die 1917 geborene Autorin lebte zeitlebens in Chicago und verfasste schon früh Gedichte. 1950 erhielt sie für ihren Lyrikband Annie Allen als erste Schwarze Autorin den Pulitzer Prize. 1953 entstand dann ihr einziger, stark autobiografisch gefärbter Roman Maud Martha. Darin erzählt sie in kleinen, zarten Episoden vom Leben und Aufwachsen einer Schwarzen Frau in der South Side von Chicago. Mit der „Beschreibung von Maud Martha“ fängt es an: „Sie mochte Schokolinsen und Bücher und gemalte Musik (tiefblau und zartsilbern) und den sich wandelnden Abendhimmel, von den Stufen der hinteren Veranda aus betrachtet. Und Löwenzahn. (…) Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, was gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte.“ DAS LEBEN VON MAUD MARTHA Leise, poetisch und verdichtet, dabei aber auch lakonisch und das Unschöne eines Lebens nicht aussparend erzählt Gwendolyn Brooks von dem Mädchen Maud Martha, dessen Schwester Helen in ihren und leider auch den Augen ihrer Eltern und der meisten Außenstehenden- so viel hübscher und begabter ist als sie, deren Hautfarbe auch die eigene Community als viel zu dunkel empfindet. Maud Martha verfällt nicht in Selbstmitleid, auch wenn sich der spätere Ehemann Paul Phillips als ein weniger guter Fang entpuppt und sie betrügt, als sie schwanger ist, und die erträumte eigene Wohnung sich nur als eine mit Kakerlaken verseuchte, viel zu enge Kitchenette erweist. Ihren lebensklugen Humor lässt sie sich nicht nehmen. „Insgesamt, fand sie, war das Leben eher eine Komödie als eine Tragödie. Fast alle Geschehnisse hatten auch etwas Komisches an sich, und es war gar nicht mal so sehr versteckt. Früher oder später gab es in fast jeder Situation etwas zu lachen. Letzten Endes bewahrte das die Menschen davor, wahnsinnig zu werden.“ Und Gründe für das Wahnsinnigwerden gibt es genug für eine Schwarze Frau in den 1930er und 1940er Jahren in den USA. Armut und kaum Aufstiegschancen, wenig verhüllter oder gedankenloser Rassismus, Sexismus und fehlende Gleichberechtigung in der Ehe und eine katastrophale Wohnsituation infolge der Great Migration, als Millionen Schwarze aus den ländlichen Gebieten der Südstaaten der USA in die Industriestädte des Nordens abwanderten. Maud Marthas Wut auf die Umstände ist eher subtil, auch wenn sie spürbar ist. Ihre Autorin wurde in den 1960er Jahren radikaler, schloss sich der Bürgerrechtsbewegung und dem Black Art Movement an, entzog sich dem Literaturestablishment. Eine Entwicklung, die ihr die (weiße) Literaturszene übelnahm, wie Daniel Schreiber in seinem klugen und aufschlussreichen Nachwort bemerkt. Obwohl dem Pulitzer Prize zahlreiche Auszeichnungen folgten, geriet Gwendolyn Brooks zunehmend in Vergessenheit. Prominente Fürsprecher wie Barack Obama und Bernadine Evaristo haben sie in jüngerer Zeit daraus befreit. Vielleicht auch deswegen können wir nun diesen schönen, leisen Roman auch auf Deutsch genießen.

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„Maud Martha“ von Gwendolyn Brooks Gwendolyn Brooks, die erste Schwarze, die für ihre Lyrik den Pulitzerpreis 1950 erhielt, hat einen einzigen Roman geschrieben: Maud Martha. Und darin gelingt ihr das Kunstwerk, die Poesie des Alltags sprachmächtig, die beengten Lebensverhältnisse ihrer Figuren dagegen recht lakonisch zu beschreiben. In kurzen Kapitel wirft sie chronologisch autofiktionale Schlaglichter auf das Leben dieser Frau, die in den Vierziger und Fünfziger Jahren in Chicago lebt, als Schülerin, Teenager, junge Verheiratete in dürftigen Wohnverhältnissen, konfrontiert mit Rassismus und Colorismus und den zahlreichen Ansprüchen, die zu dieser Zeit an ein Schwarze Frau gestellt wurden. Dabei liest sich diese schmale Buch hochliterarisch. Es bleibt niemals an Larmoyanz oder Empörung kleben, sondern schildert streng subjektiv, doch mit spielerischem Spaß an der Formulierung das ungeschönte Leben dieser starken Protagonistin, die trotz allem den Lebensmut nicht verliert. „Unterdessen würden die Menschen, solange sie lebten, großartig sein, herrlich und heldenhaft, hätten rührige Herzen, die schlugen und schlugen. Sie würden sogar Quatsch machen, trotz Krieg, trotz Scheidung, trotz Zwangsräumung und Verlassenwerden und Steuern. Und in der Zwischenzeit würde sie wieder ein Kind gekommen. Das Wetter wünschte ihr gute Reise.“ Diese Autorin ist eine wirklich erstaunliche, wunderbare Entdeckung für mich und ich kann dieses, nun erstmals auf deutsch erschienene Buch nur jedem ans literarische Herz legen! Aus dem amerikanischen Englisch von Andrea Ott, mit einem Nachwort von Daniel Schreiber, Manesse, 2023

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„Sie mochte Schokolinsen und Bücher (…) und den sich wandelnden Abendhimmel (…). Und Löwenzahn. Gelbe Alltagsedelsteine mit denen das geflickte grüne Kleid ihres Hinterhofs verziert war. Sie mochte diese nüchterne Schönheit, mehr noch aber ihre Alltäglichkeit, denn darin glaubte sie ein Abbild ihrer selbst zu erkennen, und es war tröstlich, dass etwas, das gewöhnlich war, gleichzeitig eine Blume sein konnte.“ Mit dieser Charakterisierung der Protagonistin Maud Martha beginnt der Roman von Gwendolyn Brooks. Und um die Alltäglichkeit des Lebens einer schwarzen Frau auf der Chicagoer South Side der 1940er geht es. Während Maud Martha Brown neben ihrer begehrten Schwester heranwächst, erlebt der Leser die Nöte der schwarzen Arbeiterklasse. Das eigene Häuschen der Familie Brown? Immer einen Banktermin von der Zwangsversteigerung entfernt. Das Viertel verfallen, die Gärten verwildert. Maud träumt indes von New York & der großen Liebe. Macht sich Gedanken, ob sie „zu dunkel“ für ihren Schwarm Paul ist. Schließlich heiraten die beiden, aber der Traum von einer komfortablen Wohnung „mit Zentralheizung“ zerschlägt sich. Am Ende stranden sie in einer Kitchenette & Maud rückt den Kakerlaken mit Lysol zu Leibe. Sie bekommen eine Tochter & schlagen sich durch. Rassismus ist dabei jederzeit spürbar, er sickert gleichsam durch die Ritzen des Alltags. Da ist die weiße Make-up-Vertreterin, die sich im schwarzen Friseursalon echauffiert, dass sie wie ein „N*“ schufte. Oder die rassistische Hutverkäuferin, die zu ihren schwarzen Kunden nicht einmal mehr pro forma höflich sein will. Maud reagiert hierauf stärker als andere. Dann halt kein Hut. Oder sie kündigt ihren Job. Mit ihrem einzigen Roman ist der ersten schwarzen Pulitzerpreisträgerin auch eine frühe Autofiktion gelungen. Brooks Leben war von Existenzangst geprägt. Als sie vom Pulitzer erfuhr, hatte sie gerade keinen Strom. Ihrem unglaublich klugen, humorvollen, poetischen & berührenden Buch merkt man an, dass sie eine hervorragende Lyrikerin war. Die Verdichtung beherrscht sie meisterhaft. Ich habe den Roman mit großem Vergnügen gelesen und wünsche ihm viele Leser:innen.

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In 34 Kapiteln, die kleine Momentaufnahmen sind, gewährt uns Brooks einen Einblick in das Leben Maud Marthas. Es gibt auf den 140 Seiten keine zusammenhängende Handlung, die einen mitreißen würde, dennoch schafft sie es, diese Fragmente zu einem Gesamtbild werden zu lassen. Maud Martha, geb. 1917, entstammt einfachsten Verhältnissen und wächst in der South Side Chicagos auf. Die liebt Bücher, Schokolinsen und Löwenzahn. »Gelbe Alltagsedelsteine, mit denen das geflickte Kleid ihres Hinterhofs verziert war.« S.7 Sie träumte von New York, denn was sie träumte, ging niemanden etwas an. Doch das Leben als Schwarze Frau in den 20ern bis 40ern war geprägt von Diskriminierung und Ghettoisierung. Sie hadert mit der tiefen dunklen Farbe ihrer Haut. Selbst ihr Mann würde sie nicht hübsch nennen, für ihn wäre »ein kleines cremefarbenes Ding mit krausen Haaren« hübsch. Und obwohl er von einer großartigen Wohnung träumt, reicht es nur für eine Kitchenette – eine winzige, möblierte Einheit mit Küchenzeile. Von all diesen Dingen erzählt uns die Protagonistin, die ihre sie umgebende Welt als grau bezeichnet, sich damit arrangiert, sich nicht desillusionieren lässt und ihre Würde bewahrt. Es geht um Anstand und Selbstbestimmung, auch wenn das von der Gesellschaft für Menschen wie sie nicht vorgesehen ist. Der Alltagsrassismus ist auf jeder Seite gegenwärtig. Es ist ein leises, aber intensives Buch, das eine enorme Kraft entwickelt. Mal humorvoll, dann nachdenklich, poetisch und sehr berührend. Ich freu mich, dass es im Manesse Verlag erstmalige auf Deutsch erschienen ist, und habe es sehr gern gelesen. Brooks hat es 1953 geschrieben, drei Jahre nachdem sie als erste Schwarze Frau den Pulitzer Preis für Lyrik bekommen hat. Und doch blieb ihr zu Lebzeiten die große Anerkennung versagt. Mehr über die Autorin und ihr autofiktionales Werk erfahren wir in einem Nachwort von Daniel Schreiber.

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